17. Juni 2020

Für Tiere gefährliche Zäune in der Landwirtschaft
müssen verboten werden

Dieses Thema ist dem VgT schon lange ein Anliegen. Frühere Veröffentlichungen dazu: :

 - Stacheldrahtzäune gefährden Wildtiere aber Landwirt Roman Stehrenberger, Wigoltingen, bleibt stur. Subventionsverwöhnte Bauern sind oftmals sackdumm und rücksichtslos, wenn es um Tierschutz oder andere öffentliche Interessen geht.  
- Tod im Zaun
- Ungeeignete Weidezäune für Schafe: Elektroschläge, Durst, qualvoller Tod
- Das Thurgauer Veterinäramt müsste handeln
- Merkblatt Weidezäune

Nun haben ProNatur und der WWF zusammen mit der Jägerschaft verdankenswerterweise im Kanton St Gallen eine Volksinitiative eingereicht für ein Verbot gefährlicher Zäune. Die Initiative  wird von der Bauernlobby - wie jedes Tierschutzanligen - heftig bekämpft.

Im folgenden erklärt ein Jäger und Befürworter der Initiative, worum es geht:


 Foto de Monaco

Kantonale Initiative «Stopp dem Tierleid – gegen Zäune als Todesfallen für Wildtiere»

von Martin Ebner

Am 4. Februar 2019 gaben die drei Organisationen Pro Natura, WWF und Revierjagd St. Gallen den Startschuss zur Initiative «Stopp Tierleid». Mit dieser Gesetzesinitiative wollte man endlich dem grossen Tierleid einen Riegel schieben, das durch unsachgemäss erstellte und unterhaltene Zäune bei Nutz- und Wildtieren verursacht wird. Innert fünf Monaten sammelten die Initianten rund 11‘000 Unterschriften, fast das Doppelte der notwendigen 6‘000 ( www.stopp-tierleid.ch ). Ein Zeichen dafür, wie gross das Verständnis für das Anliegen in der Bevölkerung ist. Anlässlich der Übergabe der Unterschriften an den Kanton sah Christian Meienberger, Geschäftsführer von Pro Natura SG, der kommenden Volksabstimmung noch sehr optimistisch entgegen und meinte: «Wir wurden ausnahmslos aufgefordert, unsere Bemühungen gegen unnötiges Tierleid konsequent durchzusetzen.»


Politiker gegen Bevölkerung
Dieser Optimismus ist nun einer gewissen Ernüchterung gewichen. Denn stimmte der Regierungsrat der Initiative noch zu, lehnte die vorberatende Kommission diese ab und stellte ihr einen Gegenvorschlag gegenüber. Dazu meinte das Initiativkomitee: «Wir erwarten vom neuen Parlament, dass es das Geschäft offen und faktenorientiert angeht und sich nicht, wie die vorberatende Kommission von einer einzelnen Interessengruppe (damit sind die Bauern gemeint) instrumentalisieren lässt.» Das war jedoch eine Fehleinschätzung. An seiner Sitzung vom 2. Juni 2020 erteilte der Kantonsrat mit 78 zu 28 Stimmen der Regierung den Auftrag, einen Gegenvorschlag auszuarbeiten, und zwar gemäss den Eckpunkten der vorberatenden Kommission. Ein Affront gegenüber all jenen Stimmberechtigten, welche die Initiative unterschrieben und auf eine rasche Beseitigung des durch Zäune verursachten Tierleids gehofft hatten. Plötzlich geht der kurz und klar gefasste Initiativtext den einen zu weit, die Vorlage sei zu wenig ausgereift, meinen die anderen und Dritte sind der Ansicht, dass die Initiative Mängel in der Umsetzung habe. Und so fand sie praktisch nur noch Unterstützung bei der SP, den Grünen und den Grünliberalen. Also auch im Tierschutz der bekannte Graben zwischen bürgerlichen Parlamentariern und jenen von Mitte Links bis Links.
Peter Weigelt, Alt-Nationalrat FDP, und Co-Präsident des Initiativkomitees, meint: «Die deutliche Ablehnung der Initiative «Stopp dem Tierleid – gegen Zäune als Todesfallen für Wildtiere» durch den Kantonsrat ist für die Initianten enttäuschend, aber nicht überraschend. Bereits die einseitig zusammengesetzte vorberatende Kommission hat gezeigt, wie stark die Bauernlobby im St. Galler Kantonsrat ist.» Und: «Wir sehen einer Volksabstimmung mit Gelassenheit entgegen, denn die von Eigeninteresse und Selbstmitleid getränkten Voten der Initiativgegner werden vor dem Volk nicht bestehen, da sich das Stimmvolk nicht so leicht instrumentalisieren lässt wie heute die bürgerlichen Fraktionen im Kantonsrat.»



Das Tierleid geht weiter
Mit seinem Entscheid nimmt der St. Galler Kantonsrat in Kauf, dass weiterhin Todesfallen in der Landschaft stehen. Vor allem die mobilen Weidezäune (Flexinet), welche nicht oder schlecht unterhalten werden, die ohne Schafe oder Ziegen weiterhin entlang von Waldrändern stehen und die auch im Winter nicht weggeräumt werden, bilden tödliche Hindernisse. Aber nicht nur Wildtiere sind davon betroffen. Auch Lämmer und Zicklein können sich beim Spielen im Kunststoffnetz verfangen, und an den Stromstössen elendiglich zugrunde gehen. Bis es zu einer Volksabstimmung kommen wird, werden noch mindestens zwei Jahre vergehen, denn der Regierungsrat kann sich ein Jahr lang mit einem Gegenvorschlag Zeit lassen. Dann kommt dieser in den Kantonsrat, kann wieder zerzaust oder gar zurückgewiesen werden, und das Spiel beginnt von vorne. Zeit gewinnen, werden sich vor allem die Bauernvertreter gesagt haben. Denn in nächster Zeit stehen auf eidgenössischer Ebene mit der Gewässer- und Pestizidinitiative zwei weitere Themen an, bei denen sich für die Landwirte wohl keine Lorbeeren holen lassen. Da ist man froh, wenn man nicht auch noch mit dem Thema «Tierleid« konfrontiert wird. Und so werden im Kanton St. Gallen weiterhin jedes Jahr unnötigerweise Dutzende von Wild- und Nutztieren in unsachgemäss aufgestellten Zäunen ihr Leben auf grauenvolle Art und Weise lassen müssen. Wen kümmert‘ s?


Foto Martin Ebner