16. Oktober 2006 / VN07-1

Unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung:
Blocher will ein Gesetz, mit dem auch die Totalüberwachung des VgT möglich würde

von Dr Erwin Kessler, Chefredaktor VgT-Medien

Die Geheimdienste sollen künftig ohne konkreten Verdacht das Telefon einer Person überwachen oder deren Wohnung verwanzen können: Treibende Kräfte sind die Bundesräte Blocher und Schmid. Die übliche politische Willkürjustiz des Bundesgerichtes würde insbesondere die Überwachung jeder Person ermöglichen, welche wegen unbequemen politischen Äusserungen beim Establishment in Ungnade fällt - wie der Fall des Arboner Rechtsanwaltes Kugler eindrücklich zeigt.

Nichts wäre vor den Staatsschützern mehr sicher: nicht der eigene Computer (heimliches Durchsuchen), nicht die eigene Wohnung (heimliches Verwanzen), nicht das eigene Telefon und die Post ohnehin nicht. Für diese totale Überwachung wäre nicht einmal ein konkreter Verdacht nötig, sondern reine Vermutung: dass einer ein Terrorist sein könnte, ein Spion oder ein illegaler Waffenhändler. So will es der Bundesrat in seiner Revision des Gesetzes «zur Wahrung der inneren Sicherheit» (BWIS) nach Vorschlägen von Justizminister Christoph Blocher.

In einem echt funktionierenden Rechtsstaat wäre ein solches Gesetz vielleicht nicht gefährlich. Angesichts der alltäglichen Verwaltungs- und Justizwillkür bedroht eine solche Vollmacht für Schnüffelbeamten potentiell den Einwohner dieses Landes, ganz besonders solche, welche mal eine Meinung von sich geben, welche den Machthabenden nicht passt. Mit der üblichen Rechtsbeugung kann jedem ein Terror-Verdacht angedichtet werden, wie das VgT-Präsident Erwin Kessler passierte.

Der Arboner Rechtsanwalt Jürg Kugler behauptete öffentlich, Erwin Kessler werde im Staatsschutzbericht 2000 des Bundesamtes für Polizei zu den "Terroristen und Extremisten" gezählt.  Erwin Kessler erhob hierauf Beschwerde gegen diesen Bericht. Das eidgenössische Justizdepartement wies die Beschwerde ab mit der Begründung, das stimme nicht.

Hierauf erhob Erwin Kessler Ehrverletzungsklage gegen Kugler, welche vom Thurgauer Obergericht gutgeheissen wurde. Das Bundesgericht hingegen hob die Verurteilung Kuglers auf mit der Begründung, laut Staatsschutzbericht stelle die Tierschutzaktivitäten von Erwin Kessler eine neue Form von Extremismus dar, also dürfe man ihn zu den "Terroristen und Extremisten" zählen (BGE 6S.310/2005). (Kommentar zu diesem politische Willkürurteil)

Wer laut Bundesgericht zu den "Terroristen und Extremisten" gezählt werden darf, gegen den liegt offensichtlich ein Terrorismus-Verdacht vor, der nach Blochers neuem Gesetz totalüberwacht werden darf.

Die Parteien haben bis Mitte Oktober Zeit, dem Bundesrat ihre Meinung darzulegen. Danach wird dieser dem Parlament einen definitiven Vorschlag präsentieren. Man darf gespannt sein, welche Parlamentarier, die sich sonst lautstark für Freiheit und weniger Staat (wie Blocher), diesem Schnüffelgesetz zustimmen werden.

Was Terroristen mit Bomben nicht erreichen, erledigen westliche Regierungen und Parlamente freiwillig: Sie schaffen die Freiheit der Bürger ab, die sie mit der Terrorbekämpfung zu verteidigen vorgeben.

Allerdings wird Blocher im Parlament Mühe haben. Sogar seine eigene Partei, die SVP,  ist dagegen. Bald jede Einschränkung der persönlichen Freiheit könne mit dem Bemühen um die Wahrung der inneren Sicherheit begründet werden, schreibt die SVP in ihrer Vernehmlassung. Diese Entwicklung sei falsch. Die SP ist auch gegen dieses Schnüffelgesetz und hält die bestehenden Instrumente der Strafverfolgung für ausreichend. Die Grünen sprechen von einer "Zumutung für den Rechtsstaat". Nach Auffassung der Demokratischen Juristen und Juristinnen folgt der Revisionsentwurf der Logik: "Je weniger Verdacht, desto mehr Überwachung." Und auch die Datenschützer sind gegen Blochers Schnüffel-Pläne: Der legitime Kampf gegen den Terrorismus rechtfertige derart einschneidende Massnahmen nicht, hält der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte fest.  Besonders stossend findet er die präventive Überwachung ohne strafrechtlich relevanten Verdacht. FDP und CVP dagegen stimmen der Stossrichtung Blochers zu, melden aber bei den einzelnen Massnahmen Bedenken an.


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