5. Juni 2001

Menschenrechtsbeschwerde gegen die Zensur von "Im Kanton Luzern leben mehr Schweine als Menschen - warum sehen wir sie nie?"

Der VgT hat heute beim Europ�ischen Gerichtshof f�r Menschenrechte (EGMR) in Strassburg Beschwerde gegen die Schweiz eingereicht. Die Beschwerde richtet sich gegen das letzte nationale Urteil durch das Bundesgericht. Das Bundesgericht hat die Zensur des Textes "Im Kanton Luzern leben mehr Schweine als Menschen - warum sehen wir sie nie?" gutgeheissen mit der Begr�ndung, der Text sei "anst�ssig" und k�nne als Beleidigung empfunden werden.
F�r dieses politische Willk�rurteil sind die folgenden Bundesrichter verantwortlich: Alain Wurzburger, Karl Hartmann, Adrian Hungerb�hler, Robert M�ller, Danielle Yersin.
Die folgenden kantonalen Instanzen haben diese politische Zensur ebenfalls gedeckt:
- Norbert Schmassmann, Direktor der Verkehrsbetriebe der Stadt Luzern
- die Luzerner Stadtr�te, allen voran Paul Baumann
- der Luzerner Regierungsrat Max Pfister, Vorsteher des Baudepartementes des Kantons Luzern
- die Luzerner Verwaltungsrichter Wirthlin, W�est und Zosso

> Hintergrund und Vorgeschichte

 

Beschwerde an den Europ�ischen Gerichtshof f�r Menschenrechte

Sachverhalt:

Die Verkehrsbetriebe der Stadt Luzern betreiben mit einem staatlichen Monopol den �ffentlichen Verkehr in der Stadt Luzern. Einzelne Busse werden als Werbefl�chen f�r Private zur Verf�gung gestellt: Ganze Busse k�nnen zu Werbezwecken bemalt und beschriftet werden (sog Ganzbus-Werbung). Mit Schreiben vom 21. Januar 1999 an den Beschwerdef�hrer (BF) lehnten die Verkehrsbetriebe der Stadt Luzern (VBL) nach R�cksprache mit dem zust�ndigen Stadtrat Baumann, eine Ganzbus-Werbung mit der Begr�ndung ab, der Werbetext "Im Kanton Luzern leben mehr Schweine als Menschen - warum sehen wir sie nie?" k�nnte gewisse Leute st�ren und sei deshalb politisch "heikel". Der Text k�nne als "anst�ssig" oder als "Beleidigung" aufgefasst werden. Dagegen erhob der BF Verwaltungsbeschwerde beim Stadtrat.

Mit Entscheid vom 11. August 1999 wies der Stadtrat die Beschwerde ab, mit der Begr�ndung, die VBL seien der Ansicht, beim Werbetext "Im Kanton Luzern leben mehr Schweine als Menschen - warum sehen wir sie nie?" handle es sich "um eine Anstoss erregende Werbung, welche eine heftige Gegnerschaft aus Landwirtschaftskreisen und Metzgereigewerbe mobilisieren k�nnte"; die Ablehnung sei deshalb "rechtsgleich und nicht willk�rlich" erfolgt.

Am 18. April 2000 wies das Baudepartement des Kantons Luzern, vertreten durch Regierungsrat Max Pfister, die Beschwerde ab mit der Begr�ndung, aus der in der Verfassung und in der Europ�ischen Menschenrechtskonvention garantierten Meinungs�usserungsfreiheit ergebe sich kein "Anspruch auf eine Meinungs�usserung mittels Ganzwerbebussen".

Gegen diesen Entscheid erhob der BF am 28. April 2000 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Luzern mit dem Antrag, die Stadt Luzern sei anzuweisen, die Bus-Werbung mit dem Text "Im Kanton Luzern leben mehr Schweine als Menschen - warum sehen wir sie nie?" grunds�tzlich zuzulassen; evtl sei festzustellen, dass die Stadt Luzern mit der Verweigerung dieser Ganzbuswerbung die Meinungs�usserungsfreiheit verletzt habe.

Mit Urteil vom 14. August 2000 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab. Eine dagegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde wies das Bundesgericht mit Urteil vom 23. April 2001 ab.

Verletzung der Europ�ischeln Menschenrechtskonvention (EMRK):

Nach Auffassung des BF stellt die Ablehnung der Ganzbus-Werbung mit dem Text "Im Kanton Luzern leben mehr Schweine als Menschen - warum sehen wir sie nie?" eine diskriminierende Verletzung der Meinungs�usserungsfreiheit dar, aus folgenden Gr�nden:

Die Verkehrsbetriebe der Stadt Luzern (VBL) sind kein Privatbetrieb, sondern ein staatlicher Monopolbetrieb eines �ffentlichen Gemeinwesens, also des Staates. Wie das Baudepartement in seinem Entscheid einr�umte, sind die Busse der Verkehrsbetriebe der Stadt Luzern �ffentliche Sachen. Die Aus�bung von inhaltlicher Zensur bei der Annahme oder Ablehnung von Werbeaufschriften durch die Stadt stellt deshalb kein rein privatrechtliches Handeln dar, wie das Bundesgericht einr�umt. Zudem ist die ausge�bte Zensur offensichtlich eine politische, nicht eine privatrechtlich-marktwirtschaftlich motivierte: die Stadt f�rchtet, wie aus der Entscheidbegr�ndung (Beilage b, Seite 3 unten) unzweideutig hervorgeht, politische Pressionen der im Kanton Luzern m�chtigen Agro- und Fleischlobby.

Das Schweizervolk hat vor �ber 20 Jahren mit �berw�ltigender Mehrheit einem eidgen�ssischen Tierschutzgesetz zugestimmt, dessen Aufgabe es ist, das Wohlbefinden insbesondere auch der Nutztiere zu sch�tzen (Artikel 1 TSchG). Trotzdem herrschen - insbesondere im Kanton Luzern - bis heute in etwa 9 von 10 Schweinem�stereien Zust�nde, die f�r die Tiere katastrophal sind. Dieser systematische Nichtvollzug des demokratisch zustandegekommenen Tierschutzgesetzes �ber Jahrzehnte stellt nicht nur ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Umgang mit empfindsamen Lebewesen dar, sondern auch eine Verachtung der Demokratie und des Rechtsstaates durch die Regierenden. Es ist kaum denkbar, gegen derartige Missst�nde im Staat friedlicher und ordentlicher zu protestieren als mit dem sanften Hinweis "Im Kanton Luzern leben mehr Schweine als Menschen - warum sehen wir sie nie?"

Eine wesentliche Funktion des Grundrechts auf freie Meinungs�usserung besteh darin, dass es denjenigen eine Waffe bietet, denen andere Machtmittel zur Verteidigung rechtlich anerkannter Interessen nicht zur Verf�gung stehen. Tierschutz ist in der Schweiz ein nationales Anliegen mit Verfassungsrang. Mehr als verbale Proteste und Aufkl�rung der �ffentlichkeit stehen Tiersch�tzern nicht zur Verf�gung, da den Tierschutzorganisationen das Klage- und Beschwerderecht in Tierschutzfragen bis heute verweigert wird. Um so schwerer wiegt von staatlichen Beh�rden ausge�bte politische Zensur zugunsten der im Kanton Luzern m�chtigen Schweine-Lobby. Dass eine Meinungs�usserung andere st�ren k�nnte, gen�gt gem�ss Praxis des Europ�ischen Gerichtshofes f�r Menschenrechte nicht, um in das Grundrecht der Meinungs�usserungsfreiheit einzugreifen, da eine freie, auch kontroverse und provokative Meinungs�usserung eine wesentliche Grundlage jeder freiheitlich-demokratischen Gesellschaft darstellt. Indessen ist die Behauptung, der Text "Im Kanton Luzern leben mehr Schweine als Menschen - warum sehen wir sie nie?" stelle eine Provokation dar, zwar auf jeder Stufe wiederholt, aber nie begr�ndet worden (Bundesgerichtsurteil Seite 14), was eine Verletzung von EMRK 6.1 (rechtliches Geh�r, Begr�ndungspflicht) darstellt. Die Erw�gung des Bundesgerichtes (Seite 14), der Vergleich der Zahl der Einwohner des Kantons Luzern mit der Zahl der dort gehaltenen Schweine k�nne vom "Publikum" als Beleidigung empfunden werden, ist haltlos, unverst�ndlich und nicht begr�ndet worden (Verletzung der aus EMRK 6-1 fliessenden Begr�ndungspflicht). Wenn die Begr�ndungspflicht �berhaupt einen Sinn haben soll, so muss sie zwingen verlangen, dass unverst�ndliche Behauptungen, wie vorliegend, begr�ndet werden, mindestens dann, wenn sie, wie vorliegend, den Kern eines Verfahrens beschlagen.

Wenn die Tierversuchsindustrie menschliche Krankheiten und Medikamente an Ratten erforscht und damit direkt Menschen mit Ratten vergleicht, dann haben die Beh�rden der Schweiz dies noch nie als anst�ssig und beleidigend beurteilt, sondern stets ohne weiteres die Bewilligung f�r die Tierversuche erteilt, obwohl da tats�chlich nicht nur ein Vergleich, sondern eine weitgehende Gleichsetzung von Menschen mit Ratten unterstellt wird. Vor diesem Hintergrund ist es reinste Willk�r zu behaupten, der Text "Im Kanton Luzern leben mehr Schweine als Menschen - warum sehen wir sie nie?" stelle einen beleidigenden Vergleich dar!!!!

Immer mehr Menschen emp�ren sich �ber die brutale Ausbeutung der Nutztiere und f�hlen sich von Werbung f�r Fleisch und andere Tierqu�lerprodukte sehr gest�rt, ohne dass Fleischwerbung auf �ffentlichen Fl�chen in der Stadt Luzern deshalb verboten w�rde.

Die vorliegende Zensur ist nach Auffassung des BF diskriminierend, weil er mit einer offensichtlich falschen, vorgeschobenen Begr�ndung mit seiner Werbung ausgeschlossen wurde. Damit wird rein kommerziellen Werbetexten einseitig Vorrang gegeben gegen�ber der menschenrechtlich gesch�tzten (ideellen) Meinungs�usserung, was mit dem Kern von EMRK 10 unvereinbar ist.

Tierqu�lerei gilt allgemein zu Recht als unmoralisch und verwerflich. Das �ffentliche Tragen von Tierqu�ler-Pelzen und das �ffentliche Werben f�r Tierqu�ler-Fleisch wird deshalb von vielen (tierliebenden) Menschen als �rgernis empfunden, ohne das die Luzerner Beh�rden auch nur daran denken w�rden, etwas dagegen zu unternehmen oder Pelz- und Fleischwerbungsplakate auf �ffentlichem Grund und in oder auf Bussen zu untersagen. In willk�rlicher Weise bezeichnen die gleichen Beh�rden dann aber einen keineswegs derb, aggressiv oder provokativ formulierten tiersch�tzerischen Werbetext als "anst�ssig", um ihn mit dieser Begr�ndung zu unterbinden bzw dorthin zu verweisen, wo er keine Beachtung findet. Dass die Beurteilung "anst�ssig" nur vorgeschoben ist, um die politische Willk�r zu verdecken, zeigt sich daran, dass der fragliche Werbetext objektiv eindeutig nicht anst�ssig ist und der Entscheid des Stadtrates ja auch klar zum Ausdruck bringt, dass es bei diesem Werbeverbot letztlich um politische Motive geht, n�mlich die Angst vor der im Kanton Luzern m�chtigen Agro- und Fleischlobby. W�rtlich heisst es im Entscheid des Stadtrates, Seite 3 unten: "eine Anstoss erregende Werbung, welche eine heftige Gegnerschaft aus Landwirtschaftskreisen und Metzgereigewerbe mobilisieren k�nnte". Gem�ss Praxis des EGMR dient die Meinungs�usserungsfreiheit ausdr�cklich dem Zweck, Kontroversen verbal austragen zu k�nnen (Villiger, Handbuch der EMRK):

Zusammen mit dem Recht auf Leben und dem Verbot der Folter steht das Recht auf freie Meinungs�usserung hierarchisch an der Spitze des Grundrechtssystems... Der Gerichtshof unterstrich diese Bedeutung, als er ausf�hrte: 'Freedom of expression constitutes one of the essential foundations of a democratic society and one of the basic conditions for its progress and for the developement of every man and woman.'... Entsprechend der zentralen Position von Art 10 EMRK werden diese Rechte weit gefasst. Gesch�tzt werden nicht nur einzelne oder bestimmte Informationen. Art 10 umfasst auch unangenehme Inhalte, die 'offend, shock or distrub, such are the demand of pluralism, tolerance and broadmindedness without which there is no democratic society'.

Dass die Beurteilung "anst�ssig" nur vorgeschoben ist, um die politische Willk�r zu verdecken, zeigt sich daran, dass der fragliche Werbetext objektiv eindeutig nicht anst�ssig ist und der Entscheid (Seite 3 unten) ja auch klar zum Ausdruck bringt, dass es bei diesem Werbeverbot letztlich um politische Motive geht, n�mlich die Angst vor der im Kanton Luzern m�chtigen Agro- und Fleischlobby.

Der Einwand, eine Ganzbuswerbung werde vom Publikum direkt mit den Verkehrsbetrieben in Zusammenhang gebracht, vermag nicht im geringsten zu �berzeugen: Die �ffentlichkeit ist es sich gewohnt, dass �berall die unterschiedlichste, auch d�mliche und geschmacklose Werbung anzutreffen ist, und niemandem f�llt es ein, den Werbeinhalt mit dem Werbetr�ger in Verbindung zu bringen. So identifiziert wohl kein vern�nftiger Mensch weder die Fernsehwerbespots mit dem Schweizer Fernsehen oder den Inhalt von Plakaten in Bahnh�fen mit den Bundesbahnen, noch die St�dtischen Verkehrsbetriebe mit der Neuen Luzerner Zeitung, weil diese Ganzbuswerbung macht; es wird auch kein vern�nftiger Mensch aus der Ganzbuswerbung der Elvia-Versicherung irgend eine Beziehung zu den st�dtischen Verkehrsbetrieben ableiten. Warum dies bei tiersch�tzerischer Ganzbuswerbung anders sein sollte, ist unerfindlich. Diesen unangebrachten Bedenken h�tte jedenfalls einfach Rechnung getragen werden k�nnen, indem der Name des Beschwerdef�hrers oder seiner Tierschutzorganisation beigef�gt worden w�re. Eingriffe in die Meinungs�usserungsfreiheit sind gem�ss st�ndiger Rechtsprechung des Europ�ischen Gerichtshofes f�r Menschenrechte so gering wie m�glich zu halten. Vor pauschalen Verboten haben die Beh�rden deshalb immer zu pr�fen, ob der angestrebte Zweck nicht auch mit Auflagen erreicht werden k�nnte. Die Stadt Luzern hat keinerlei Versuch unternommen, mit solchen Auflagen - zB Anschrift des Namens des Werbeverantwortlichen - einer allf�lligen Identifizierung mit den st�dtischen Verkehrsbetrieben vorzubeugen. Diese unangebrachten Bedenken wurden im �brigen erst im Laufe des Verwaltungsbeschwerdeverfahrens vorgebracht bzw vorgeschoben, w�hrend in der urspr�nglichen Ablehnung des Werbeauftrages durch die Stadt nichts derartiges zu finden ist. Es wurden lediglich Bedenken ge�ussert, gewisse Kreise k�nnte diese Werbung als "anst�ssig" empfinden.

Die Meinungs�usserungsfreiheit auf �ffentlichem Grund - und analog auf �ffentlichen Sachen - darf nur aus zwingenden sachlichen Gr�nden eingeschr�nkt werden. Dies erst macht die Bedeutung von Grundrechten aus. Grundrechte sind dazu da, die B�rger vor beliebigen staatlichen Eingriffen ohne sachliche Rechtfertigung, wie im vorliegenden Fall, zu sch�tzen. Wenn auf �ffentlichen Sachen Werbefl�chen zur Verf�gung gestellt werden, ist es mit der Meinungs�usserungsfreiheit (EMRK 10) und dem Diskriminierungsverbot (EMRK 14) unvereinbar, wenn der Staat ohne zwingende sachliche Gr�nde, aus politischen Motiven - es k�nnte die Fleischlobby "st�ren" - einzelnen Interessengruppen den Zugang zu diesen Werbefl�chen verwehrt.

Der Hinweis, dem BF st�nden ja "alternative Verbreitungsm�glichkeiten" offen, bringt das BGer bei seiner systematischen Rechtsprechung zum Nachteil des den Vereins gegen Tierfabriken (VgT) - der BF ist VgT-Mitglied - bei jeder einzelnen Einschr�nkung der Meinungs�usserungsfreiheit immer wieder vor, gerade so als handle es sich jeweils um die einzige Einschr�nkung der Meinungs�usserungsfreiheit, welche der VgT hinnehmen m�sse. Mit dieser Begr�ndung hat das Bundesgericht unter anderem auch die Zensur eines Tierschutz-TV-Spots durch das staatliche Monopolfernsehen gesch�tzt (zur Zeit beim EGMR h�ngig unter dem Aktenzeichen 24699/94), ferner auch die Zensur eines Wagenplakates "Essen Sie weniger Fleisch - Ihrer Gesundheit und den Tieren zuliebe!" in den mit einem staatlichen Monopol ausgestatteten Bundesbahnen (auf diesen Fall weist das Bundesgericht in seinem Urteil auf Seite 9 selber hin). In allen diesen und noch viel mehr F�llen argumentiert das Bundesgericht immer, der VgT k�nne ja sein Anliegen anderswo verbreiten. Das l�uft auf einen geradezu zynischen Umgang mit Grundrechten hinaus.

Der Hinweis des Bundesgerichtes, es k�nnten ja als Alternative private Fahrzeuge beschriftet werden, steht im Widerspruch zu Artikel 70 der Verordnung �ber die technischen Anforderungen an Strassenfahrzeuge (VTS), welcher lautet: "Werbung an Fahrzeugen darf die Aufmerksamkeit anderer Strassenben�tzer nicht ablenken." Auff�llige Ganzbuswerbungen, welche die Aufmerksamkeit anderer Strassenben�tzer auf sich ziehen, ist offenbar ein staatliches Vorrecht; private Fahrzeughalter haben sich, im Gegensatz zu staatlichen Verkehrsbetrieben, an geltende Vorschriften zu halten. In der Schweiz ist es das Privileg des Staates, dass dieser die eigenen Gesetze ungestraft missachten kann, oder wie es ein erfahrener Rechtsanwalt jeweils formuliert: "Der Staat kann alles."

Dass sich die st�dtischen Verkehrsbetriebe bereit erkl�rt haben, den fraglichen Text als H�ngeplakate in den Bussen entgegenzunehmen, f�hrt das Bundesgericht als Beweis daf�r an, dass es sich nicht um politische Zensur handle. Diese Schlussfolgerung ist verkehrt. Vielmehr beweist diese Tatsache, dass die Behauptung, der Text sei anst�ssig und beleidigend nur vorgeschoben ist, um die politische Zensur zu verschleiern. Ein anst�ssiger und beleidigender Text k�nnte ja auch nicht auf H�ngeplakat geduldet werden. Das beweist, dass es in Wirklichkeit darum ging, aus politischer R�cksicht auf die Fleischlobby eine werbewirksame Plazierung dieses Textes zu verhindern. Das ist - wie oben erw�hnt - im Entscheid des Stadtrates (Seite 3 unten) direkt so zugegeben worden. Das Bundesgericht ist auf diese alles enth�llende Offenheit des Stadtrates - weil zu peinlich - nicht eingegangen, hat diese Begr�ndung weder wiederholt noch zur�ckgewiesen. Kleine, unauff�llige H�ngeplakaten im Innern der Busse finden wenig Beachtung (sonst w�rde ja niemand gegen 200 000 Fr f�r eine Ganzbuswerbung bezahlen, wenn der gleiche Zweck auch mit billigen H�ngeplakaten erreicht werden k�nnte). Nur darum, nicht weil der Text auf Kleinplakaten weniger anst�ssig w�re, waren die Verkehrsbetriebe bereit, diese zu Dulden. Das Bestreben der Schweizer Beh�rden zielt st�ndig, auch im vorliegenden Fall, darauf hin, die Meinungs�usserungen des VgT in Nischen zu verweisen, wo sie kaum geh�rt werden. Die Meinungs�usserungsfreiheit beinhaltet jedoch nicht nur die Freiheit, eine Meinung zu �ussern, sondern auch die Freiheit, Ort, Art und Zeitpunkt der Meinungs�usserung frei zu w�hlen.

Mit der Behauptung (Ziffer 5c), ein "Ausschluss von politischer Werbung auf Aussenfl�chen von Bussen im �ffentlichen Stadtverkehr" schade "dem Funktionieren der Demokratie" nicht, unterstellt das Verwaltungsgericht, die fragliche Werbung sei eine "politische. Das Bundesgericht hat diese willk�rliche Feststellung stillschweigend gebilligt. Es handelt sich aber offensichtlich nicht um einen politischen Text. Weder das Verwaltungsgericht noch das Bundesgericht haben ihre gegenteilige Auffassung auch nur mit einem Wort begr�ndet (Verletzung des rechtlichen Geh�rs, EMRK 6.1).

Nach Auffassung des BF ist im vorliegenden Fall entscheidend, dass im gesamten nationalen Verfahren f�r die angefochtene Zensur keine sachliche Notwendigkeit f�r diese Zensur vorgebracht wurde und das Bundesgericht im Ergebnis einfach die politisch motivierte Zensur gebilligt hat. Das Bundesgericht argumentiert mit abstrakten, allgemeinen juristischen Er�rterungen sorgf�ltig an dieser Kernproblematik vorbei.

Absolut willk�rlich ist die vom Verwaltungsgerichtes (Seite 12) und dann auch vom Bundesgericht (Seite 14) von der zensurierenden Stadtverwaltung �bernommene Behauptung, der fragliche Werbetext sei "anst�ssig". Unter diesem Begriff wird gemeinhin Unmoralisches oder Un�sthetisches verstanden, nicht einfach nur Auffassungen, die nicht geteilt werden. Das Bundesgericht hat den Begriff "anst�ssig" einfach durch "Beleidigung" ersetzt, der im vorliegenden Zusammenhang ebenso erkl�rungsbed�rftig w�re (Verletzung der Begr�ndungspflicht, EMRK 6.1).

Ebenso wurde das rechtliche Geh�r verletzt, indem das Verwaltungsgericht mit keinem Wort auf die Ausf�hrungen des BF Seite 3 einging, dass die von der Stadt Luzern angef�hrten Ablehnungsgr�nde der Werbung (Anst�ssigkeit, ausgesch�pftes Kontingent) offensichtlich nur vorgeschoben waren, um die in Wirklichkeit politische Zensur zu verschleiern. Die Stadt Luzern hat auffallenderweise nicht angegeben, bis wann das Kontingent angeblich ausgesch�pft gewesen sein soll und hat den BF nicht gefragt, wie lange er zu warten bereit w�re, bis eine Ganzbuswerbung frei werde. Der BF w�re auch nach Jahren noch daran interessiert und w�rde sich durchaus mit einer l�ngeren Warteliste abfinden, da leider nicht zu erwarten ist, dass seine Botschaft in den n�chsten Jahren hinf�llig wird. Der BF hat diese Verletzung des rechtlichen Geh�rs in der staatsrechtlichen Beschwerde auf Seite 7 ger�gt.

Das Bundesgericht hat alle diese Verletzungen des rechtlichen Geh�rs mit einem formalistischen Standardsatz, den es gegen die R�ge der Verletzung des rechtlichen Geh�rs stereotyp immer gleich vorbringt, ohne auf die konkrete Situation einzugehen, beantwortet. Tatsache ist indessen, das die behauptete Anst�ssigkeit des Spruches "Im Kanton Luzern leben mehr Schweine als Menschen - warum sehen wir sie nie?", im nationalen Verfahren eine zentrale Rolle gespielt hat aber nie begr�ndet wurde. Nach Auffassung des BF ist es mit EMRK 6.1 unvereinbar, dass der Rechtsuchende in einem zentralen Punkt �ber die �berlegungen der Gerichte im Unklaren gelassen wird. 

 

Der EGMR hat die Beschwerde ohne Begr�ndung als unzul�ssig erkl�rt und ist darauf nicht eingetreten. Siehe den Missbrauch des Zulassungsverfahrens zum Schutz des �berlasteten Gerichtshofes.


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