19. Dezember 2000

1. Konsumententäuschung mit "Alpenmilch"

2. Die Kuh im Stall und in der Regierung: Die Berner Regierungsrätin Zölch verhindert die Durchsetzung des gesetzlichen Winterauslaufs für Kühe

Zwei als "Alpenmilch-Schokolade" deklarierte Tafel-Schokoladen von Nestlé:

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Nestlé bezieht die Milch für die "Alpenmilch"-Schokolade und Kondensmilch aus "Schweizer Alpenmilch" von Milchgenossenschaften im Emmental. Der VgT hat kürzlich einige davon besucht. Die Milchgenossenschaft Oberfrittenbach zum Beispiel, welche Nestlé "Alpenmilch" liefert, hat gar keine Alpen. Nach der Vorstellung der Konsumenten wie auch gemäss gesetzlicher Definition für Produktebezeichnungen sind "Alpen" Sömmerungsweiden, wo die Kühe den Sommer auf der Weide verbringen. Die Bezeichnung "Alpenmilch"-Schokolade ist somit eindeutig eine rechtswidrige Konsumententäuschung.

Der Alpsommer dauert nur etwa 4 Monate. Nestlé beantwortete unsere Frage nicht, woher die "Alpenmilch" im Winter komme. Keine Antwort ist auch eine Antwort: Woher denn sonst als aus den Winterstallungen. Wir wollten deshalb wissen, wie Nestlés Alpenmilchschokolade-Kühe den Winter verbringen. Winterauslauf ist gesetzlich vorgeschrieben: Ein bis zwei mal pro Woche müssen angebunden gehaltene Kühe Auslauf erhalten, bei Betrieben, die RAUS-Subventionen beziehen täglich. Einen Tag lang fuhren wir in den Gebieten der Nestlé-"Alpen"-Milchgenossenschaften herum und sahen nie eine Kuh im Auslauf. Zahlreiche Betriebe hatten überhaupt keinen Auslauf, und bei den meisten, die einen hatten, war er offensichtlich seit langem unbenutzt. Dies ist um so schlimmer, als der Alp-Sommer nur etwa vier Monate dauert.

Unbenutzter Alibi-Auslauf eines Betriebes der Nestlé-"Alpen"-Milchgenossenschaft Grindlen im Emmental:

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Stall eines Nestlé-"Alpenmilch"-Bauernhofes in Oberfrittenbach im Emmental:
Bei unserem Besuch im Dezember 2000 hatte es keinen Auslauf rund um den Hof. Die Tiere verbringen offensichtlich den ganzen Winter an der Kette in diesen dunklen Löchern. Einen Winter lang angekettet gegen eine Wand starren - das wünschen wir einmal diesen Tierhaltern und den Nestlé-Managern, welche die Milch von solchen Kettenkühen täuschend als "Alpenmilch" bezeichnen. Auch der Berner Regierungsrätin Elisabeth Zölch, welche die Winterauslaufvorschrift in der Tierschutzverordnung abschaffen wollte, wünschen wir einen solchen Winter an der Kette (siehe dazu den Bericht unten).

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"Alpenmilch" weckt bei den Konsumenten den Eindruck von glücklichen Kühen auf einer Alpweide. Das ist offensichtlich auch die Werbe-Absicht von Nestlé, stellt aber - im Hinblick auf ein Leben grösstenteils an der Kette im Stall eine krasse Täuschung dar.

Dass im Kanton Bern kaum Kühe im Winterauslauf zu sehen sind, ist nicht erstaunlich: Die Berner SVP-Regierungsrätin Elisabeth Zölch wollte die Winterauslauf-Vorschrift in der Tierschutzverordnung streichen, blitzte aber damit bei Bundesrat Couchepin ab (darüber haben wir in den VN00-4 ausführlich berichtet unter dem Titel "Die Kuh im Stall und in der Regierung", www.vgt.ch/0004/kuh.htm). Nun wird diese Vorschrift im Kanton Bern einfach nicht durchgesetzt. Das Zölch unterstellte kantonale Veterinäramt erteilt massenhaft   Dispensationen von der Winterauslaufvorschrift. Im Dezember 2000 waren nach offiziellen Angaben bereits 356 solcher Sonderbewilligungen erteilt worden; es scheint, dass jeder eine erhält, der nur ein Gesuch einreicht. Das ist aber eigentlich gar nicht nötig, denn im Kanton Bern wird die Winterauslaufvorschrift offensichtlich sowieso nicht vollzogen; anders ist jedenfalls nicht erklärbar, dass in diesem Kanton kaum je Kühe im Winterauslauf gesehen werden und die allermeisten der bestehenden Ausläufe keinerlei Spuren einer Benutzung aufweisen. Es scheint, dass der Winterauslauf nicht einmal bei den Betrieben kontrolliert wird, welche Direktzahlungen für kontrollierte Freilandhaltung (heute RAUS genannt) erhalten.

Bei dieser Missachtung der Auslaufvorschrift geht es um reine Faulheit. Es sind hiefür keine wesentlichen Investitionen und auch keine wesentliche Mehrarbeit nötig. Und im Winter haben die Bauern meistens ohnehin wenig Arbeit.

Von einer Kantonsregierung, welche die Auslaufvorschrift sowieso ablehnt, sind keine Vollzugs-Sanktionen zu befürchten. Das merkt sogar ein langsamer Berner-Grind hinten im Emmental ziemlich rasch, wie unser Augenschein gezeigt hat.

Wir haben heute Bundesrat Couchepin in einer Eingabe ersucht Massnahmen zu ergreifen, damit im Kanton Bern die eidgenössichen Tierschutzvorschriften durchgesetzt wird.

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"Milka" Alpenmilch-Schokolade von Suchard

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Von Kraft Jacobs Suchard haben wir die Auskunft erhalten, die in der Schweiz verkaufte "Milka"-Alpenmilchschokolade werde in Deutschland hergestellt. Von welchen "Alpen" und dunklen Winterställen die Milch bezogen wurde, wollte man uns bis heute nicht angeben. Die Wahrheit ist wahrscheinlich auch hier zu peinlich.

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Wer keine Tierquäler-Milch in der Schokolade will, zieht dunkle Schokolade vor und beachte auch unseren Einkaufsführer für vegane Produkte.

 

Zum Thema:

VgT-Kleber, erhältlich im VgT-Shop:

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