Polizeiwillk�r in B�lach gegen das Verteilen der VgT-Nachrichten

Mit Entscheid vom 31. Mai 2001, eingegangen am 14. Juni, hat das Verwaltungsgericht des Kantons Z�rich auf Anweisung des Bundesgerichtes seinen fr�heren Entscheid aufgehoben, die Beschwerde des VgT gutgeheissen und festgestellt, dass die Wegweisung von VgT-Aktivisten, welche in B�lach die VgT-Nachrichten verteilten, durch einen B�lacher Stadtpolizisten, rechtswidrig war.

Diesen Gerichtserfolg gegen Polizeiwillk�r musste sich der VgT in einem langen Verfahren bis zum Bundesgericht erk�mpfen. Die rechtswidrige Polizeiaktion war vom B�lacher Stadtpr�sidenten Kocher sowie vom Bezirksrat B�lach gedeckt worden. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde des VgT ebenfalls willk�rlich ab. Wohl um eine Menschenrechtsbeschwerde an den Europ�ischen Gerichtshof f�r Menschenrechte zu verhindern, hiess das Bundesgericht die VgT-Beschwerde gut und wies das Verwaltungsgericht an, seinen Entscheid zu revidieren, was zu nun schliesslich zu deren Gutheissung f�hrte. Die Z�rcher Medien berichteten �ber das Verfahren, solange gegen den VgT entschieden wurde. Dass der VgT schliesslich obsiegte, wurde dann vollst�ndig unterdr�ckt: kein Wort �ber das abschliessende Urteil, wonach diese von den kantonalen Instanzen gedeckte Polizeiaktion klar rechtswidrig war.

Es geht um folgenden Zwischenfall:

Am Sonntag, den 7. Februar 1999 verteilten zwei jugendliche Mitglieder des VgT in der N�he des Kinos ABC in B�lach nach der Vorstellung des Filmes "Babe" um 16 Uhr das Journal "VgT-Nachrichten" an Passanten. Dabei hielten sich die beiden Jugendlichen auf �ffentlichem Grund in einiger Distanz vom Kino auf, nachdem sie vom Kinobesitzer gebeten worden waren, die Drucksachen nicht direkt vor dem Kino zu verteilen. 

Stadtpolizist Wm G�nther Prassl kam in Zivil aus dem Kino und wollte wissen wollte, was verteilt werde. Dann wies er die Jugendlichen mit den Worten sie sollten "verreisen", das sei sowieso nur dem Kessler sein Seich, vom Platz. 

Am 12. Februar 1999 erstattete der VgT beim Stadtrat von B�lach Verwaltungsbeschwerde gegen den Stadtpolizisten Wm Prassel. Der Stadtrat, unter dem Vorsitz von Stadtpr�sident B Kocher, wies die Beschwerde ab, das Verhalten von Wm Prassl stelle "keine Dienstverletzung und kein Disziplinarvergehen" dar. Dabei st�tzte sich der Stadtrat ausschliesslich auf die Darstellungen des beschuldigten Polizisten.

Gegen diesen Entscheid des Stadtrates erhob der VgT am 22. M�rz 1999 Rekurs beim Bezirksrat.

Der Bezirksrat f�hrte einen Schriftenwechsel durch und tat dann ein halbes Jahr nichts mehr, weshalb der Der VgT beim Regierungsrat eine Rechtsverz�gerungsbeschwerde einreichte. Hierauf erliess der Bezirksrat am 16. Dezember 1999 einen von Bezirksratspr�sident B Baur unterzeichneten Beschluss. Weil der Bezirksrat darin das Begehren des VgT nicht behandelte und sich mit der menschenrechtswidrigen Wegweisung nicht befassten, erhob der VgT am 10. Januar 2000 Rechtsverweigerungsbeschwerde. Wegen einer falschen Rechtsmittelbelehrung durch den Bezirksrat ging diese zuerst an den Regierungsrat und wurde von diesem an das Verwaltungsgericht weitergeleitet.

Am 3. Oktober 2000 wurde das Urteil des Verwaltungsgerichtes zugestellt. Mit widerspr�chlicher und willk�rlicher Begr�ndung wurde die Beschwerde abgewiesen. F�r diesen politischen Willk�rentscheid sind die folgenden Z�rcher Verwaltungsrichter verantwortlich: J�rg Bosshart, Theodor H Loretan und Bea Rotach Tomschin.

Am 4. Oktober 2000 erhob der VgT beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde, welche gutgeheissen wurde. Das Z�rcher Verwaltungsgericht wurde angewiesen, seinen Entscheid zu revidieren.

Parallel zu diesem Verwaltungsbeschwerdeverfahren wurde auf Anzeige des VgT hin auch ein Strafverfahren gegen den fehlbaren Polizisten gef�hrt. Da es dem VgT verwehrt ist, ein solches Strafverfahren vor das Bundesgericht zu ziehen, endete dies mit einem kantonalen Willk�rentscheid: www.vgt.ch/news/000315.htm
Die News zu diesem Strafverfahren:
29. April 1999:    �bergriffe eines B�lacher Bullen von Bezirksanwaltschaft gesch�tzt - VgT erhebt Rekurs
17. Januar 2000: Nichtigkeitsbeschwerde an das Obergericht

15. M�rz 2000:   Urteil des Z�rcher Obergerichts: Wer der Polizei gehorcht, ist selber Schuld!
20. Juni 2000:     Zwei sich widersprechende Urteile gegen den VgT in B�lach und Winterthur

 

Berichtigung zum Bericht des Z�rcher-Unterl�nders vom 9.2.99

Der ZU-Bericht �ber das menschenrechtswidrige Vorgehen eines B�lacher Polizisten gegen friedliche VgT-Aktivisten muss wie folgt berichtigt werden:

1. Die vom fraglichen Polizisten amtsmissbr�uchlich beim Verteilen von Drucksachen behinderten jugendlichen VgT-Aktivisten sind keine "selbsternannten" Tiersch�tzer, wie der selbsternannte Journalist Daniel Jaggi behauptete. Die Tiersch�tzer sind vielmehr von mir, Pr�sident des VgT Schweiz, ernannt worden.

2. Die Anzeige des VgT wurde der Bezirksanwaltschaft B�lach am Montag Morgen per Fax �bermittelt, gleichzeitig auch mit eingeschriebener Post. Falls der selbsternannte Journalist Daniel Jaggi am richtigen Ort nachgefragt hat, weist die Unwissenheit der Bezirksanwaltschaft �ber eingegangene Anzeigen auf eine bedenkliche Unordnung bei dieser Amtsstelle hin.

3. Der angezeigte Polizist in zivil, der sich zwischenzeitlich als Stadtpolizist entpuppt hat, leidet offenbar an einem Minderwertigkeitskomplex: er hat sich als Kantonspolizist vorgestellt, was �brigens den Straftatbestand der Amtsanmassung erf�llt.

4. Ob das Verteilen von Flugbl�ttern auf �ffentlichem Grund erlaubt ist oder nicht, h�ngt nicht von der B�lacher Polizeiverordnung ab. Die fragliche Flugblatt-Aktion war gem�ss st�ndiger Rechtsprechung des Bundesgerichtes durch die Presse- und Meinungs�usserungsfreiheit gedeckt.

Diese nachtr�glichen Berichtigungen h�tten sich vermeiden lassen, wenn der selbsternannte ZU-Journalist sorgf�ltiger recherchiert und sich beim VgT erkundigt h�tte, anstatt bloss �ber den VgT zu schreiben.

Dr Erwin Kessler, Pr�sident VgT Schweiz

 

Das Verwaltungsbeschwerdeverfahren:

Rekurs beim Bezirksrat B�lach:

Antrag:

der angefochtene Entscheid des Stadtrates sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass die Wegweisung von VgT-Aktivisten, die am 7.2.99 in der N�he des Kinos ABC in B�lach auf �ffentlichem Grund ein Journal verteilten, zu Unrecht erfolgte,
unter Kostens- und Entsch�digungsfolge zu Lasten des fehlbaren Polizeibeamten, evtl zu Lasten der Stadtkasse.

Begr�ndung:

1. Sachverhalt 

Am Sonntag, den 7. Februar 1999 verteilten zwei jugendliche Mitglieder des VgT im Auftrag des VgT in der N�he des Kinos ABC in B�lach nach der Vorstellung des Filmes "Babe" um 16 Uhr das Journal "VgT-Nachrichten" (VN) an Passanten. Dabei hielten sich die beiden Jugendlichen auf �ffentlichem Grund in einiger Distanz vom Kino auf, nachdem sie vom Kinobesitzer gebeten worden waren, die Drucksachen nicht direkt vor dem Kino zu verteilen. 

Polizeiwachtmeister G�nther Prassl, der aus der Kinovorstellung kam, wies die zwei VgT-Aktivisten, die vom VgT mit dem Verteilen der VN beauftragt waren, mit den Worten weg, sie sollten "verreisen", das sei "sowieso nur dem Kessler sein Seich" (mit "Kessler" war offensichtlich der Pr�sident des VgT gemeint).

2. Rechtliches 

Durch diese willk�rliche Wegweisung wurde der VgT bei der Aus�bung der durch die Verfassung und die Europ�ische Menschenrechtskonvention garantierten Presse- und Meinungs�usserungsfreiheit behindert. Vorliegende Verwaltungsbeschwerde bezweckt im Hinblick auf k�nftige �hnliche Flugblatt-Aktionen des VgT die Feststellung, dass die Wegweisung zu Unrecht erfolgte.

3. Zum Entscheid des Stadtrates 

Im angefochtenen Entscheid hat der Stadtrat Nichteintreten auf die Verwaltungsbeschwerde beschlossen, indem er sich einseitig auf die von der Sachverhaltsdarstellung des VgT abweichenden Aussagen des fehlbaren Polizeibeamten Wm G�nther Prassl st�tzt. Dass dieser dazu neigt, den Sachverhalt zu seinen Gunsten zu verdrehen und sein Fehlverhalten abzustreiten, ist offensichtlich. Trotzdem hat es der Stadtrat unterlassen, die vom VgT als Zeugen genannten weggewiesenen Aktivisten zu befragen!  

Die vom Stadtrat vorgenommene Beweisw�rdigung ist willk�rlich, weil sie einseitig nur die fragw�rdigen Schutzbehauptungen des fehlbaren Polizisten ber�cksichtigt. Warum der Stadtrat dessen Aussagen als "glaubw�rdig" beurteilen kann, ohne die Gegenseitig angeh�rt zu haben, ist schleierhaft. Dies kann nur so verstanden werden, dass es dem Stadtrat nicht um Recht und Ordnung und objektive Rechtsfindung gegangen ist, sondern darum, aus politischen Gr�nden ein Fehlverhalten der Polizei zu vertuschen und/oder die Polizei zu weiteren rechtswidrigen Repressionen gegen den VgT zu ermuntern.  

Die Feststellung des Stadtrates, Wm G�nther Prassl habe "richtig gehandelt", w�re sogar dann unhaltbar, wenn dessen Sachverhaltsdarstellung zutreffend w�re, einer der Weggewiesenen habe sich so in den Weg gestellt, "dass die Kinobesucher oder Passanten nicht ungehindert an ihm vorbeigehen konnten und deshalb fast gen�tigt wurden, ein VgT-Journal entgegenzunehmen". Selbst wenn dies der Fall gewesen w�re, w�re eine Wegweisung unverh�ltnism�ssig und deshalb rechtswidrig gewesen; die Aufforderung, die Passanten nicht zu behindern, h�tte gen�gt, umso mehr als die beiden VgT-Aktivisten zuvor einer Aufforderung durch den Kino-Besitzer, sich nicht auf der Strasse direkt beim Kino, sondern in einiger Entfernung davon aufzustellen, freiwillig Folge leisteten (der Kino-Besitzer h�tte kein Recht gehabt, dies zwingend zu fordern).  

Indessen liegt die behauptete �berm�ssige Behinderung gar nicht vor: die beiden VgT-Aktivisten hielten sich zum Zeitpunkt der Wegweisung in einiger Distanz vom Kino auf, keinesfalls zum Beispiel einen Engpass erzeugend direkt vor dem Ausgang. Es ist nicht "glaubw�rdig", wie der Stadtrat willk�rlich behauptet, sondern im Gegenteil h�chst unglaubw�rdig, dass zwei Personen auf offener Strasse eine derartige Behinderung darstellen k�nnen, wie der fehlbare Polizist dramatisierend behauptet. Die �rtlichkeiten sind keineswegs so, dass die Passanten einer Drucksachen-verteilenden Person nicht m�helos ausweichen k�nnen. Im �brigen gilt das Recht, auf �ffentlichem Grund ideelle Drucksachen zu verteilen, nicht nur soweit, als dadurch absolut keine Behinderung entsteht. Die Ben�tzung �ffentlichen Grundes stellt in gewissem Ausmass oft eine Behinderung anderer dar. Diese darf nur nicht �berm�ssig sein, andernfalls eine Bewilligung notwendig w�re. Wie das Bundesgericht in einem Pr�judizentscheid festgestellt hat, stellt das Verteilen von Drucksachen durch einzelne Personen auf �ffentlichem Grund nicht eine derartige Behinderung dar, dass dies bewilligungspflichtig erkl�rt werden d�rfte.  

Dass es WM Prassl aber gar nicht um eine - nachtr�glich! - behauptete Behinderung ging zeigt sich daran, dass er die Wegweisung gegen�ber den Betroffenen nicht mit einer Behinderung der Passanten begr�ndete, sondern damit, die verteilte Drucksache sei "sowieso nur dem Kessler sein Seich". Dies belegt, dass es sich um einen Akt politischer Polizeiwillk�r handelt. Aus diesem Grund ersuche ich Sie, den Rekurs gutzuheissen. 

Dr Erwin Kessler, Pr�sident VgT Schweiz

 

Replik zur Stellungnahme der Stadt B�lach:

3. Mai 1999

An den Bezirksrat B�lach

1. Das angebliche Anbringen von VgT-Plakaten durch Unbekannte (das ich zufolge Nichwissen bestreite) hat keinen sachlichen Zusammenhang mit vorliegendem Verfahren, wo es um die Wegweisung von VgT-Aktivisten geht, die auf �ffentlichem Grund Drucksachen verteilten. Diese Vorbringungen sind deshalb nicht zu h�ren.

2. Vorliegendes Verfahren richtet sich nicht gegen das "Ansprechen" der fraglichen Aktivisten bez�glich des Plakatanschlages durch Wm Prassel. Auch diese Vorbringungen der Stadt B�lach haben keinen Bezug zum vorliegenden Verfahren und sind deshalb unmassgeblich.

3. In der Vernehmlassung r�umt die Stadt B�lach ein, dass Wm Prassel die drucksachen-verteilenden Aktivisten vor das Ultimatum gestellt hat, entweder "die Kleber und Plakate zu entfernen und wenn dies nicht erfolgen sollte, sollten sie die [Flugblatt-]Aktion abbrechen und den Ort verlassen". Sogar in dieser den Vorfall stark besch�nigenden Formulierung wird die Wegweisung zugegeben, da die fraglichen, f�r die Plakate und Kleber nicht verantwortlichen Aktivisten gar nicht wissen konnten, wo es Plakate und Kleber haben sollte. Wm Prassl war nicht befugt - es fehlt hief�r an einer gesetzlichen Grundlage - die Aktivisten mit einem solchen Ultimatum wegzuweisen. Die Behauptung des B�lacher Stadtpr�sidenten Beat Kocher in seiner Vernehmlassung, "von einer Wegweisung von �ffentlichem Grund kann nicht gesprochen werden", ist sogar nach seiner eigenen Sachdarstellung schlicht gelogen. Zudem ist gelinde gesagt befremdend, wie sich dieser Stadtpr�sident einseitig nur auf die Aussage des angeschuldigten Wm Prassl verl�sst und sich diese unkritisch zu eigen macht, obwohl gegen�ber den Aussagen eines Angeschuldigten (gegen Wm Prassl ist diesbez�glich auch ein Strafverfahren h�ngig) grunds�tzlich Vorsicht am Platze ist.

Diese geradezu schockierende Uneinsichtigkeit - decken eines fehlbaren Beamten um jeden Preis und die Inschutznahme offensichtlicher polizeilicher �bergriffe - ruft zwingend nach dem beantragten Feststellungsurteil, dass ein solches polizeiliches Vorgehen gegen friedliche B�rger geltendes Recht und das Grundrecht der Meinungs�usserungsfreiheit verletzt.

Mit freundlichen Gr�ssen
Dr Erwin Kessler, Pr�sident VgT

 

 

Beschwerde an das Verwaltungsgericht

10. Januar 2000

Antr�ge:

1. Es sei festzustellen, dass der Beschluss des Bezirksrates eine Rechtsverweigerung darstellt;

2. Der angefochtene Entscheid des Stadtrates B�lach sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass die Wegweisung von VgT-Aktivisten, die am 7.2.99 in der N�he des Kinos ABS in B�lach auf �ffentlichem Grund ein Journal verteilten, zu Unrecht erfolgte;

3. Evtl sei die Sache zur antragsgem�ssen Behandlung an den Bezirksrat zur�ckzuweisen;

unter Kostens- und Entsch�digungsfolge zu Lasten des fehlbaren Polizeibeamten, evtl zu Lasten der Stadt B�lach.

Begr�ndung:

1.

Mit Rekurs vom 22. M�rz 1999 stellte der Rekurrent beim Bezirksrat den oben unter Ziffer 2 erneut gestellten Antrag, es sei die Widerrechtlichkeit der Wegweisung von �ffentlichem Grund festzustellen.

Unter Missachtung dieses Antrages stellte der Bezirksrat im angefochtenen Beschluss fest:

"Es wird im Sinne der Erw�gungen festgestellt, dass die VgT-Aktivisten berechtigt gewesen sind, Journale auf �ffentlichem Grund zu verteilen, soweit Dritte nicht unverh�ltnism�ssig behindert worden sind."

Wie aus den Erw�gungen hervorgeht, weigerte sich der Bezirksrat ausdr�cklich, den Antrag, es sei die Widerrechtlichkeit der Wegweisung festzustellen, zu beurteilen. Dies stellt eine Rechtsverweigerung und eine Verletzung des rechtlichen Geh�rs dar.

2.

Zur Begr�ndung von Antrag zwei verweise ich auf die Rekursbegr�ndung im Verfahren vor dem Bezirksrat. Da der Bezirksrat auf die Ausf�hrungen zur Widerrechtlichkeit der Wegweisung (unter Verletzung des rechtlichen Geh�rs) nicht einging, ist dem dort Gesagten nichts beizuf�gen.

Dr Erwin Kessler, Pr�sident VgT

 

 

Staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht

4. Oktober 2000

Antrag: Der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zur�ckzuweisen.

Begr�ndung:

1. Sachverhalt

Am Sonntag, den 7. Februar 1999 verteilten zwei jugendliche Mitglieder des in der N�he des Kinos ABC in B�lach nach der Vorstellung des Filmes "Schweinchen Babe" um 16 Uhr das Journal "VgT-Nachrichten" an Passanten. Dabei hielten sich die beiden Jugendlichen auf �ffentlichem Grund in einiger Distanz vom Kino auf, nachdem sie vom Kinobesitzer gebeten worden waren, die Drucksachen nicht direkt vor dem Kinoeingang zu verteilen.

Polizeiwachtmeister G�nther Prassl, der in Zivil aus der Kinovorstellung kam, stellte sich als Polizist vor und wies die zwei mit den Worten weg, entweder die Kleber und Plakate in B�lach (mit den die beiden Jugendlichen nichts zu tun hatten) zu entfernen oder zu "verreisen", das (die Journale) sei "sowieso nur dem Kessler sein Seich" (wobei mit "Kessler" der Pr�sident des VgT gemeint war).

Am 10. Februar 1999 reichte der VgT beim Stadtrat B�lach Verwaltungsbeschwerde ein mit dem Antrag, "es sei festzustellen, dass die Wegweisung von VgT-Aktivisten, die am 7.2.99 in der N�he des Kinos ABC in B�lach auf �ffentlichem Grund ein Journal verteilten, zu Unrecht erfolgte."

Am 10. M�rz 1999 beschloss der Stadtrat, auf die Beschwerde nicht einzutreten, der Polizist habe sich korrekt verhalten

Am 22. M�rz 1999 reichte der VgT beim Bezirksrat B�lach Rekurs ein mit dem Antrag, "der angefochtene Entscheid des Stadtrates sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass die Wegweisung von VgT-Aktivisten, die am 7.2.99 in der N�he des Kinos ABC in B�lach auf �ffentlichem Grund ein Journal verteilten, zu Unrecht erfolgte."

Auf eine Rechtsverz�gerungsbeschwerde an die Justizdirektion hin erliess der Bezirksrat am 16. Dezember 1999 endlich seinene Entscheid, der wie folgt lautet: "Es wird im Sinne der Erw�gungen festgestellt, dass die VgT-Aktivisten berechtigt gewesen sind, Journale auf �ffentlichem Grund zu verteilen, soweit Dritte nicht unverh�ltnism�ssig behindert worden sind."

Hiegegen erhob der VgT am 10. Januar 2000 Beschwerde (aufgrund einer falschen Rechtsmittelbelehrung im Entscheid des Bezirksrates beim Regierungsrat, der sie an das Verwaltungsgericht weiterleitete), mit folgenden Antr�gen:

1. Es sei festzustellen, dass der Beschluss des Bezirksrates eine Rechtsverweigerung darstellt;

2. Der angefochtene Entscheid des Stadtrates B�lach sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass die Wegweisung von VgT-Aktivisten, die am 7.2.99 in der N�he des Kinos ABC in B�lach auf �ffentlichem Grund ein Journal verteilten, zu Unrecht erfolgte;

3. Evtl sei die Sache zur antragsgem�ssen Behandlung an den Bezirksrat zur�ckzuweisen..

Am 29. August 2000 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab.

 

2. Beschwerdegr�nde

Das Feststellungsbegehren des Beschwerdef�hrers zielt darauf ab, die Rechtswidrigkeit der Wegweisung festzustellen, damit sich solche menschenrechtsverletzenden Repressionen gegen den VgT nicht wiederholen. Das Verwaltungsgericht wendet ein (Seite 8), der Vorfall werde sich kaum unter gleichen oder ann�hernd gleichen Umst�nden wiederholen. Dem ist zu widersprechen: Das widerrechtliche, menschenrechtswidrige Verhalten des Polizisten aus offensichtlich pers�nlichen Motiven - feindselige Einstellung gegen�ber dem VgT bzw dessen Pr�sidenten - wurde vom Stadtrat B�lach in Schutz genommen. Der Bezirksrat deckte dies, indem er den Sachverhalt gar nicht abkl�rte und beurteilte. Auch das Verwaltungsgericht kl�rte den wahren Sachverhalt nicht ab und korrigierte die menschenrechtsfeindliche Einstellung des Stadtrates nicht. Unter diesen Umst�nden stellt die Feststellung im Entscheid des Stadtrates (Seite 2), in der Handlungsweise des Polizisten k�nne "keine Dienstverletzung und kein Disziplinarvergehen" erblickt werden", geradezu eine Einladung bzw Aufforderung zu weiteren solchen menschenrechtsverletzenden Repressionen gegen den VgT bzw seine Mitglieder dar, umso mehr, als dieser Polizist im parallelen Strafverfahren freigesprochen wurde (Entscheid von Einzelrichter Fischer des Bezirksgerichtes B�lach vom 16.8.1999, Aktenzeichen GR990006), mit der mehr als seltsamen Begr�ndung, die Jugendlichen h�tten ja dieser polizeilichen Anweisung nicht gehorchen m�ssen, es w�re ihnen dadurch kein Nachteil entstanden - ein Fehlrrteil, das auch noch vom Obergericht gedeckt wurde (Beschluss vom 6.3.2000, Oberrichter Keller, Schmid, Oberrichterin Hunziker Schnider).

Der Bezirksrat ging auf das Begehren, die Widerrechtlichkeit der erfolgten Wegweisung festzustellen, nicht ein, befasste sich nicht mit den konkreten Umst�nden der Wegweisung und erliess statt dessen eine gar nicht beantragte Feststellung, welche lediglich abstrakt die allgemeine rechtliche Situation wiedergibt, dass n�mlich das Verteilen von Journalen auf �ffentlichem Grund erlaubt sei, soweit keine entgegenstehenden Rechte Dritter verletzt werden.

Der Bezirksrat hat nicht gepr�ft, ob eine unzumutbare Behinderung oder andere Umst�nde vorgelegen haben, welche die Wegweisung gerechtfertigt h�tte. Er hat auch die geltend gemachten pers�nlichen, sachfremden Motive f�r die Wegweisung nicht gepr�ft, noch befasste er sich sonstwie mit den konkreten Umst�nden. Alles in allem befasste sich der Bezirksrat nicht mit dem Anliegen des Beschwerdef�hrers. Ein solches faktisches Nichteingehen auf das Begehren des Beschwerdef�hrers stellt eine Rechtsverweigerung dar. Obwohl das Verwaltungsgericht erkannt hat (Seite 7), dass der Feststellungsentscheid des Bezirksrates lediglich eine theoretische, abstrakte Rechtsfrage umfasst und nicht dem Begehren des BF entspricht, hat es die Beschwerde auch in diesem Punkt kosenpflichtig abgewiesen, mit der anschliessenden, der vorangehenden Feststellung widersprechenden Behauptung, der Feststellungsentscheid betreffe einen konkreten Vorfall und sei damit zul�ssig. Eine widerspr�chliche Urteilsbegr�ndung verletzt das Willk�rverbot. Die Behauptung, der Feststellungsentscheid des Bezirksrates betreffe einen konkreten Vorfall, ist willk�rlich, weil der Feststellungsentscheid in Tat und Wahrheit eben gerade nicht den konkreten Vorfall umfasst, sondern dessen Umst�nde ausser Acht l�sst und nur eine allgemeine Rechtslage wiedergibt.

Erstmals im Entscheid des Verwaltungsgerichtes wurde dann vorgebracht (Seite 8), der Sachverhalt sei zu unklar f�r die beantragte Feststellung der Rechtswidrigkeit der Wegweisung. Der BF hatte keine M�glichkeit, zu dieser Auffassung Stellung zu nehmen. Dadurch wurde das rechtliche Geh�r verletzt. Das Verwaltungsgericht unterliess es auch klarzustellen, welche wesentlichen Umst�nde so unklar sein sollen, dass dadurch die beantragte Feststellung der menschenrechtsverletzenden Wegweisung unm�glich sei. Mit dieser Verletzung der Begr�ndungspflicht wurde es dem BF verunm�glicht, dazu im Rahmen der vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerde Stellung zu nehmen und allenfalls gezielt willk�rliche Beweisw�rdigung und Tatsachenfestellung geltend machen kann.

Im ganzen Verfahren fanden keine Einvernahmen statt, weder des fehlbaren Polizisten noch der beiden weggewiesenen VgT-Mitglieder. Es ist unter diesen Umst�nden unbegreiflich, dass das Verwaltungsgericht nicht dem Antrag auf R�ckweisung an die Vorinstanz folgte oder selbst ein Beweisverfahren durchf�hrte. Die Behauptung, der Sachverhalt sei unklar, ohne den geringsten Versuch unternommen zu haben, diesen zu kl�ren, stellt nach Auffassung des BF eine willk�rliche Beweisw�rdigung bzw eine willk�rliche Tatsachenfeststellung dar.

Indessen sind im konnexen Strafverfahren gegen den Polizisten Wm Prassl - auf das der BF vor dem Bezirksrat in der Replik (auf Seite 2) hingewiesen hat - Einvernahmen durchgef�hrt worden, welche beweisen, dass durch die Einvernahme sowohl des beschuldigten Polizisten wie auch der weggewiesenen Jugendlichen ohne weiteres eine Sachverhaltskl�rung m�glich gewesen w�re. Nichteinmal die aufschlussreichen Akten der Strafuntersuchung wurden beigezogen. Der Polizist sollte offensichtlich um jeden Preis gedeckt werden.

Bei seiner Einvernahme in der Strafuntersuchung behauptete der angeschuldigte Wm Prassl - im Widerspruch zu den Zeugenaussagen der betroffenen Jugendlichen -, er habe sich nicht als Polizist vorgestellt, sondern nur als "Sachbearbeiter, welcher die Sache mit den Klebern und den Plakaten in der Stadt B�lach untersucht h�tte". Dem f�gte er dann hinzu, es erstaune ihn, "dass mich die Jugendlichen nicht als Stadtpolizist in B�lach kennen, ich bin ja eine Art Bunter Hund, der weitherum bekannt ist". Weiter gab er zu, dass er die Jugendlichen aufforderte "zu verreisen". Auf die Frage des Untersuchungsrichters, ob er sich kompetent f�hle, irgendwelche Leute auf Verdacht hin [sie h�tten in der Stadt Kleber und Plakate verbreitet] mit Verbot oder Wegweisung zu bestrafen, antwortete er kurz, klar und vorbehaltlos: "Ja"!

Es kann nicht im Ernst behauptet werden, es bestehe kein Rechtsschutzinteresse an einer Feststellung der Widerrechtlichkeit eines solchen Verhaltens eines Polizisten, der selbst zugegeben als staatlicher Funktion�r aufgetreten ist und erwartete, dass er als Polizist erkannt werde - selbst wenn er sich tats�chlich nicht als Polizist vorgestellt h�tte (was aber durch die beiden Zeugenaussagen der Jugendlichen widerlegt ist). Indem sich dieser Polizist �berzeugt gibt, recht gehandelt zu haben, und in dieser �berzugung durch den Entscheid des Stadtrates gest�tzt wird, besteht sehr wohl die Gefahr, dass sich �hnliche Polizeiwillk�r wiederholt. Die gegenteilige Behauptung des Verwaltungsgerichtes (Seite 8) widerspricht der Sachlage und der allgemeinen Lebenserfahrung und ist schlechthin nicht vertretbar und damit willk�rlich.

In der Vernehmlassung vor dem Bezirksrat r�umte der Stadtratpr�sident von B�lach ein, dass Polizist Prassel, die das Journal verteilenden Aktivisten vor das Ultimatum gestellt hat, entweder "die Kleber und Plakate zu entfernen und wenn dies nicht erfolgen sollte, sollten sie die [Flugblatt-]Aktion abbrechen und den Ort verlassen". Die Behauptung des B�lacher Stadtpr�sidenten Beat Kocher in der gleichen Vernehmlassung, "von einer Wegweisung von �ffentlichem Grund kann nicht gesprochen werden", ist sogar nach seiner eigenen Sachdarstellung schlicht gelogen. Zudem ist gelinde gesagt befremdend, wie sich dieser Stadtpr�sident einseitig nur auf die Aussage des angeschuldigten Polizist Prassl verl�sst und sich diese unkritisch zu eigen macht, obwohl die Schutzbehauptungen eines Angeschuldigten sicher Zeugeneinvernahmen nicht ersetzen k�nnen. Die in der Beschwerde an den Stadtrat namentlich genannten weggewiesenen Jugendlichen wurden nicht einvernommen. Dies hat der BF bereits im Rekurs an den Bezirksrat (Seite 2) ungeh�rt ger�gt.

Eine unzumutbare Behinderung der Passanten durch die beiden Jugendlichen wird nicht einmal von Polizist Prassl selber behauptet. Was er im Rahmen seiner strafrechtlichen Einvernahme als angebliche "Bel�stigung" darstellte, war jedenfalls keine Rechtfertigung f�r eine Wegweisung. Tats�chlich aber kam es - im Gegensatz zur schwachen Schutzbehauptung von Polizist Prassl - �berhaupt zu keiner Behinderungen und Bel�stigungen von Passanten: Die beiden VgT-Aktivisten hielten sich zum Zeitpunkt der Wegweisung in einiger Distanz vom Kino auf, keinesfalls zum Beispiel einen Engpass erzeugend direkt vor dem Ausgang. Es ist h�chst unglaubw�rdig, dass die Passanten auf offener Strasse "fast gen�tigt wurden, ein VgT-Journal entgegenzunehmen" wieder Stadtrat B�lach in seinem Entscheid behauptet. Dies stellt offensichtlich - da eine Substanziierung dieser Bewertung unterblieb - eine dramatisierende Formulierung des Anbietens von Journalen auf offener Strasse dar. Die �rtlichkeiten sind keineswegs so, dass die Passanten einer Drucksachen-verteilenden Person nicht m�helos ausweichen k�nnten. Im �brigen gilt das Recht, auf �ffentlichem Grund ideelle Drucksachen zu verteilen, nicht nur soweit, als dadurch absolut keine Behinderung entsteht. Die Ben�tzung �ffentlichen Grundes stellt in gewissem Ausmass meistens eine Behinderung anderer dar. Diese darf nur nicht �berm�ssig sein, andernfalls eine Bewilligung notwendig w�re. Gerade der Umstand, dass der fehlbare Polizist vom Stadtrat derart unverfroren gedeckt wird, ruft nach einer den Vorfall rechtlich kl�renden Feststellung. Die Behauptung des Verwaltungsgerichts, es bestehe kein Rechtsschutzinteresse, ist uner solchen Umst�nden schlechthin nicht vertretebar und damit willk�rlich.

Dass es Polizist Prassl aber gar nicht um eine - erst nachtr�glich! - behauptete angebliche "Bel�stigung" von Passanten ging, zeigt sich auch daran, dass er die Wegweisung gegen�ber den betroffenen Jugendlichen nicht mit der Bel�stigung oder Behinderungen von Passanten begr�ndete, sondern damit, die verteilte Drucksache sei "sowieso nur dem Kessler sein Seich" und sie sollten zuerst die Kleber und Plakate in der Stadt beseitigen.

Insgesamt ist - wie dargelegt - durch Eingest�ndnis der Gegenpartei erwiesen, dass der B�lacher Stadtpolizist Prassl die beiden Jugendlichen auf blossen Verdacht hin, sie h�tten irgendwo Kleber oder Plakate angebracht, am rechtm�ssigen Verteilen von Zeitungen hinderte. Eine solche Handlung durch die Polizei bzw durch einen Staatsfunktion�r stellt eine Menschenrechtsverletzung dar (Verletzung der �usserungs- und Pressefreiheit). Das einzige wirksame rechtliche Mittel gegen solche Menschenrechtsverletzung ist eine gerichtliche Feststellung. Im Gegensatz zum Z�rcher Verwaltungsgericht erachtet der Europ�ische Gerichtshof f�r Menschenrechte in konstanter Praxis die Feststellung einer Menschenrechtsverletzung als das ad�quate Mittel, um Wiederholungen vorzubeugen und den Betroffenen Genugtuung und Sicherheit zu verschaffen.

 

Urteil des Bundesgerichtes

> News vom 30.1.2001


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