Hiermit erhebe ich namens des VgT
Verwaltungsbeschwerde
gegen die
Stadtpolizei
betreffend
Zensur
mit dem
Antrag:
Die Stadtpolizei sei anzuweisen, den
Informationsstand des VgT ohne Vorzensur der Informationsschriften zu
bewilligen.
Begründung:
1. Sachverhalt
Nachdem eine Vertreterin des VgT der
Stadtpolizei ein Gesuch um eine Standbewilligung (Beilage 1) eingereicht
hatte, wurde sie telefonisch aufgefordert, die zur Verteilung vorgesehenen
Drucksachen zur Vorprüfung einzureichen. Hierauf teilte ich der
Stadtpolizei schriftlich mit (Beilage 2), dass am Stand Unterschriften für
eine eidgenössische Volksinitiative gesammelt und Drucksachen zu den
Themen Tierschutz und Vegetarismus verteilt würden und dass Artikel 17
Absatz 2 der Bundesverfassung jede Zensur verbiete.
Mit Schreiben vom 9. Juli 2004 teilte
uns dann die Stadtpolizei mit (Beilage 3), gemäss Art 135 StGB seien
Gewaltdarstellungen gegen Tiere verboten; die Vorprüfung diene dazu, die
vorgesehenen Drucksachen auf strafrechtlich relevante Inhalte zu
überprüfen.
2. Rechtliches
Vorerst halten wir fest, dass unsere
Rechtsanwälte mindestens so qualifiziert sind wie die Beamten der
Stadtpolizei zu beurteilen, was rechtlich zulässig ist und was nicht.
Gemäss dem "Schweizerischen
juristischen Wörterbuch" (P. Metzger, Verlag Haupt Bern) versteht man
unter Zensur die "behördliche Prüfung und Bewertung und
allenfalls das Verbot von Veröffentlichungen". Die von der
Stadtpolizei verlangte Vorprüfung des Inhalts von Druckschriften stellt
klassische Zensur dar.
Indem die Stadtpolizei einfach
behauptet, diese Vorprüfung stelle keine Zensur dar, glaubt sie, das
Zensurverbot umgehen zu können. Es kommt indessen nicht darauf an, wie die
Stadtpolizei diese Zensur bezeichnet, sondern was diese tatsächlich
beinhaltet:
Die Stadtpolizei verlangt Einsicht in
Drucksachen, bevor diese an einem Tierschutz-Info-Stand öffentlich
verteilt werden dürfen. Es handelt sich unbestritten um eine inhaltliche
Prüfung. Die Stadtpolizei macht die Erteilung der Standbewilligung davon
abhängig, ob sie den Inhalt der Druckschriften als zulässig beurteilt.
Für die Erteilung einer Bewilligung für
eine Tierschutzaktion in Form eines Infostandes auf öffentlichem Grund,
besteht ein Rechtanspruch. Es steht nicht im Belieben von Beamten, das
Gesuch zu bewilligen oder abzulehnen. Eine Ablehnung setzt sachliche
Gründe in Bezug auf die zweckmässige Nutzung des öffentlichen Grundes
voraus. Das Bewilligungsverfahren darf nicht zur Einschränkung der
Meinungsäusserungsfreihti mittels Zensur missbraucht werden. (Hans
Reinhard: Allgemeines Polizeirecht, Verlag Haupt)
Stadtpolizisten haben keine
richterliche Befugnis. Ob der Inhalt der Druckschriften gegen geltendes
Recht verstossen, wäre gegebenenfalls im Rahmen eines ordentlichen
Verfahrens durch ein Gericht zu beurteilen, mit entsprechenden Sanktionen
gegen die Verantwortlichen. Vorzensur, wie sie die Stadtpolizei betreibt,
ist in der Schweiz verboten (Artikel 17 der Bundesverfassung).
Selbstverständlich beinhalten
Informationsschriften, welche über die tägliche Gewalt an den Nutztieren
aufklären, Gewaltdarstellungen - im Zusammenhang mit der gegenwärtig
laufenden Unterschriftensammlung für ein Pelzimportverbot insbesondere
über die grausame Fallenjagd und die ebenso grausamen Käfighaltung von
Pelztieren. Solche einer sachlichen Information über Tierschutz dienende
Gewaltdarstellungen sind durch Artikel 135 StGB nicht verboten. Dieses
Strafnorm verbietet ausdrücklich nur Gewaltddarstellungen als Selbstzweck,
ohne schützenswerten kulturellen oder wissenschaftlichen Wert.
Nicht unter den Straftatbestand fallen
tierschützerische Darstellungen (Trechsel, Kurzkommentar zum StGB, Art
135, Rz 11). Tierschutz hat einen hohen kulturellen Wert und stellt ein
öffentliches Interesse mit Verfassungsrang dar. "Strafbar bleiben somit
nur Darstellungen, die ohne ernsthaften Bezug zur Wirklichkeit und ohne
echten Sinnzusammenhang aus einer Anhäufung sich steigender Brutalität
bestehen." (Trechsel a.a.O., unter Verweis auf Stratenwerth).
Das Verhalten der Stadtpolizei verletzt
im übrigen auch die Meinungsäusserungs- und Demonstrationsfreiheit gemäss
Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention.
Mit freundlichen Grüssen
Dr Erwin Kessler, Präsident VgT
Beilagen:
1 Gesuch um Bewilligung
2 Schreiben des VgT an die Stadtpollizei
vom 8. Juli 2004
3 Zensurbegehren der Stadtpolizei vom 9.
Juli 2004 (eingegangen am 13. Juli)