Zweiter Schächtprozess

Dritte Hauptverhandlung vor Bezirksgericht Bülach am 26. Oktober 2007

 

Anklageschrift vom 28. April 2003 (Bezirksanwalt P Joho):

Strafantrag: zusätzliche 3 Monate Gefängnis unbedingt wegen folgenden Veröffentlichungen in den VgT-Nachrichten VN 02-2 vom Mai 2002 (www.vgt.ch/vn/0202/VN02-2.pdf)

Der Angeklagte Erwin Kessler hat

öffentlich Ideologien verbreitet, die auf eine systematische Herabsetzung oder Verleumdung der Angehörigen einer Religion gerichtet ist;

öffentlich durch Schrift und Bild eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Religion in einer gegen die Menschenwürde verstossende Weise herabgesetzt oder diskriminiert;

indem er tat was folgt:

Als verantwortlicher Redaktor der VgT-Nachrichten VN2002-2, 10. Jahrgang, Nr. 2 - Mai 2002, Auflage 2‘600‘000, in diesem Heft, welches gesamtschweizerisch verteilt wurde. auf diversen Seiten (S)

a mehrfach die Worte “Lüge“ und “Juden“ im Zusammenhang mit der Diskussion der Schächtfrage sinngemäss in Kombinationen wie “jüdische Lüge“, “die klassische jüdische Lüge“ (S. 18), "die üblichen jüdischen Lügen zum Schächten“ (S.20), “die jüdische Standardlüge“ (S.20), “der widerlichen Verlogenheit der organisierten Juden“ (S.20) zusammenführte und verwendete;

b die Begriffe “Schächten“, “Schächten“, “Schächtmesser‘, “Schächt-Säbeln“ mitblutrünstigen Bildern und mit den Worten “Barbarei“ (S.11), “Ritualmord“ (S.16), barbarischen Verhalten“, “Bestialität dieser Ritualmorde“, “auf solch infame Weise abzuschlachten“ (S. 17), “grauenhafte Tierquälerei des Schächtens“ (S. 18), “grobe Tierquälerei“ (S.19), “Zu-TodeFoltern von Tieren“ (S. 20 und 22), “barbarischen Ritualmord“ (S.22), “scheussliche Unsitte“ (S. 26) negativ besetzte und mehrfach die Worte “Schächten“ und “Juden“ zum Begriff “Schächtjuden“ zusammenführte und mehrfach verwendete;

c das Grinsen eines Mannes beim jüdischen Schächten mit dem Grinsen von Nazi-Schergen beim Foltern von KZ-Häftlingen in Verbindung brachte (S.21)

und damit der Kategorie der schächtenden Juden grundsätzlich einerseits  Lügenhaftigkeit und besondere Brutalität attestierte und zudem mit Nazi-Schergen verglich.

Soweit es sich um die Wiederholung von Äusserungen handelte, für die der Angeschuldigte bereits wegen Rassendiskriminierung verurteilt worden war (vgl. c), liess er diese in einem Zusammenhang erscheinen, der vom durchschnittlichen Leser als erneute Bekräftigung des Angeschuldigten aufzufassen war, dass er an seinen als rassendiskriminierend beurteilten Aeusserungen festhalten und weiterhin systematisch verbreiten wolle und zwar mittels Veröffentlichung eines Heftes in der Auflage von 2,6 Millionen.

Dabei wusste er, oder er musste es zumindest annehmen resp. hat er dies aufgrund seiner einschlägigen bisherigen Strafverfahren und insbesondere nach der erstinstanzlichen Verurteilung durch das Bezirksgericht Bülach vom 5. Dezember 2001zumindest billigend in Kauf genommen, dass mit den oben beschriebenen Inhalten die Angehörigen einer bestimmbaren Religion systematisch herabgesetzt und diskriminiert werden.

Dadurch hat sich der Angeklagte Erwin Kessler der Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261 bis Abs. 2 und 4 StGB schuldig gemacht, wofür er zu bestrafen ist.

 

Plädoyer des Angeklagten (Erwin Kessler)

A

A0

Zum Anklagepunkt b erfolgte bereits vor Obergericht ein Freispruch, an den das Bezirksgericht gebunden ist, weil die Staatsanwaltschaft dagegen keine Berufung eingelegt hat.

Zum Anklagepunkt c habe ich bereits in der Nichtigkeitsbeschwerde ausführlich Stellung genommen (www.vgt.ch/justizwillkuer/schaechtprozess-2/nichtigkeitsbeschwerde.htm#28april03).

Im Folgenden nehme ich zum Anklagepunkt a Stellung:

A1

Diese Vorhalte beruhen samt und sonders auf einem für mich nicht nachvollziehbaren Missverständnis der inkriminierten Texte. Ich habe den Eindruck, dass dieses Missverständnis gewollt ist, um eine Handhabe für staatliche Repressionen gegen mich zu haben.

A2

Zumindest habe ich die mir unterstellte Bedeutung des inkriminierten Textes nicht so gemeint und ich entschuldige mich bei allen Juden, die weder das Schächten verharmlosen noch sich daran als Konsumenten beteiligen, sollte der Text wirklich als pauschaler Angriff gegen die Juden insgesamt verstanden werden können.

B.

Analyse des Missverständnisses:

B1

Der Titel der inkriminierten Publikation lautet: "Jüdische Lügen zum Schächten - Kommentar von Erwin Kessler, Präsident VgT, zu einem "Positionspapier" des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes vom Oktober 2001. Diese Publikation ist eingebettet in das Thema "Schächten", welches aus Anlass der Unterschriftensammlung für die "Eidgenössische Volksinitiative gegen das betäubungslose Schächten" Thema des ganzen Heftes war.

B2

Somit war für den Leser im vornherein klar, dass es um das Schächten ging und wer mit den "organisierten Juden" gemeint war. Dass das Obergericht in der Urteilsbegründung so tun kann, als sei völlig unklar, wer mit den organisierten Juden gemeint sei, zeigt nur, wie da ohne ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt verurteilt wurde. Wo aus politischen Motiven verurteilt wird, kommt es halt eben auf den objektiven Sachverhalt nicht an. Darin unterscheidet sich die Schweizer Justiz nicht von anderen Schurkenstaaten.

B3

Das jüdische Schächtgebot ist weder in der Thora noch im Talmud zu finden. Es ist eine Erfindung von Rabinern. Im "Positionspapier des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes zur Aufhebung des Schächtverbotes" wird vage und pauschal auf angebliche "religiöse Vorschriften" hingewiesen. Das einzig Ehrliche in diesem Positionspapier ist die einleitende Bemerkung, das Schächten stelle einen "identitätsstiftenden Faktor" dar. Tiere werden also zu Tode gemartert zur deutlichen Abgrenzung des von Gott auserwählten Volkes gegenüber den Nichtjuden. (Dieses Abgrenzungskriterium versagt aber ausgerechnet gegenüber dem islamischen Todfeind Israels, da dieser auch schächtet. Es ist schicksalsmässig wohl kein Zufall, dass sich im nahen Osten ausgerechnet die beiden Religionen grausam bekämpfen, welche täglich Tiere ebenso grausam abschlachten. "Solange es Schlachthöfe gibt wird es auch Schlachtfelder geben", sagte Leo Tolstoi.)

B4

Dann folgt in diesem Positionspapier eine längere Verharmlosung des betäubungslosen Schächtens, welche in der Behauptung gipfelt: "Das Schächten ist somit eine Schlachtmethode, die den Forderungen des Tierschutzes, soweit dies beim Töten eines Tieres überhaupt möglich ist, voll und ganz entspricht."

B5

Mit modernen Schlachtmethoden ist es möglich, Tiere ohne Angst und Schmerzen zu töten. Ein analoges Schächten wurde noch von keinem ernst zu nehmenden Menschen gesehen und ist prinzipiell auch gar nicht möglich. Es ist eine archaische Schlachtmethode aus primitiven Urzeiten. Alle neutralen Gutachten und alle greifbaren Videoaufzeichnungen wie auch meine eigenen Beobachtungen im Schlachthof Wien zeigen alle das Gleiche: Das Schächten, insbesondere von Grossvieh, ist eine schreckliche Tierquälerei (www.vgt.ch/doc/schaechten) - im Gegensatz zu Urzeiten heute am Fliessband vollzogen zur Stillung der masslosen, ungesunden Gier nach Fleisch in der heutigen Gesellschaft. Es ist total unreligiös, sich als Konsument an diesem heutigen Holocaust an den Nutztieren mitzubeteiligen, anstatt die kleine, aber gesunde Unbequemlichkeit einer vegetarischen Ernährung auf sich zu nehmen.

a. Es ist mit dem schärfsten Messer der Welt nicht möglich, den Hals einer Kuh oder eines Munis mit einem Schnitt - wie die Schächtjuden behaupten - bis auf die Wirbelsäule durchzuschneiden. In Tat und Wahrheit wird heftig hin und hergesäbelt und nachgeschnitten oder mit der Hand in die Wunde gegriffen, um die stockende Blutung wieder zum Fliessen zu bringen - und das alles bei vollem Bewusstsein der Tiere, die dabei vergeblich zu fliehen versuchen, mit den vor Schmerz und Angst weit aufgerissenen Augen blinken, die Ohren bewegen und schmerzgepeinigt das schäumende Maul aufreissen. Das ist dokumentiert in Videoaufnahmen von modernem jüdischen Schächten in England, die ich zu den Akten gegeben habe (www.vgt.ch/media/videos_online.htm#schaechten).

b. Die Tiere verlieren keineswegs sofort das Bewusstsein, wie die Schächtjuden wider besseres Wissen sterotyp behaupten. Im Gegenteil bleiben die Tiere lange bei vollem Bewusstssein, fast bis zum letzten Blutstropfen, weil - wie der deutsche Chirurg Dr med Werner Hartinger es detailliert beschrieben hat - der Organismus alles Blut des Körpers mobilisiert, um es via Nebenarterien dem Gehirn zuzuführen.

c. Die Behauptung im "Positionspapier", Tiere würden beim Schächten nicht mehr leiden als beim normalen Schlachten, stellt eine Verlogenheit ohne gleichen dar.

B6

Selbstverständlich richtet sich dieser Vorwurf nicht gegen alle Juden, wie man mir im aufgehobenen Urteil andichtet. Die Schächtjuden sind eine kleine Minderheit. Nirgendwo im inkriminierten Artikel gibt es einen objektiven Hinweis zugunsten der Behauptung, der Vorwurf der Verlogenheit beschränke sich nicht auf die Verharmlosung des Schächtens, sondern werde als Rassenmerkmal gegen alle Juden pauschal erhoben.

B7

Im aufgehobenen Urteil wird diese Unterstellung gezielt durch Enttextualisierung einzelner Sätze begründet. Dieses aus Hitlers und Stalins Zeiten bekannte Vorgehen der Justiz kann in den Büchern über die russischen Konzentrationslager des russischen Nobelpreisträgers Solschenizyn nachgelesen werden (siehe auch www.memo.ru) und ist in einem modernen Rechtsstaat unzulässig. Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts kommt es immer auf den Sinn im Gesamtzusammenhang an. Laut einem Urteil des Kassationshofes des Bundesgerichtes vom 10.6.1996 in Sachen X c. A (auszugsweise publiziert in: Die Praxis 12/96, Seite 947 f) ist eine "Äusserung nicht für sich allein, sondern in dem für den  Leser erkennbaren Gesamtzusammenhang zu würdigen". Es genügt nicht, dass eine Äusserung in einer bestimmten Weise verstanden werden kann. Strafbar ist nur, wenn der Verfasser diese Auffassung gewollt hat. Andernfalls fehlt es laut diesem BGE am Vorsatz, mithin an einer Strafbarkeitsvoraussetzung. Zitat: "Die Frage, wie eine bestimmte Äusserung vom unbefangenen Durchschnittsleser verstanden wird, ist zwar eine Rechtsfrage, aber keine Frage der rechtlichen Subsumption, welche vom Vorsatz nicht erfasst sein muss... Hat der Beschuldigte aber seine Äusserung nicht in dem Sinne verstanden, wie sie nach Auffassung des Richters vom unbefangenen Durchschnittsleser verstanden wird, und hat der Beschuldigte eine solche Interpretation auch nicht in Kauf genommen, so fehlt der erforderliche (Eventual-)Vorsatz. An den Ehrverletzungsvorsatz sind in Fällen, in denen verschiedene Interpretationen des Textes möglich sind, gerade auch unter Berücksichtigung der Presse- und Medienfreiheit hohe Anforderungen zu stellen. Es darf nicht leichthin angenommen werden, dass derjenige, welcher etwas nicht ausdrücklich geäussert hat, die Möglichkeit in Kauf genommen habe, der Leser werde eine entsprechende Aussage auf dem Weg der Interpretation entnehmen." (Ende Zitat Bundesgericht)

B8

Das Obergericht ist in der Manipulierung meines Textes extrem weit gegangen. So wurde mir vorgeworfen, mit der Formulierung "widerliche Verlogenheit der organisierten Juden" einen minderwertigen Charakter aller Juden insgesamt behauptet zu haben. Dieses Zitat wurde vom Obergericht nicht nur aus dem Gesamtzusammenhang des ganzen Heftes (Schächten) und aus dem Gesamtzusammenhang des Themas des inkriminierten Artikels (Jüdische Lügen zum Schächten) herausgerissen interpretiert, sondern dieser konkrete Satz wurde bösartig sinnentstellend verkürzt wiedergegeben. Im Original lautet er nämlich wesentlich anders, nämlich: "widerliche Verlogenheit der organisierten Juden zum Thema Schächten"!

Die Wörter "zum Thema Schächten" wurde kurzerhand unterschlagen und dann behauptet, der Vorwurf richte sich ganz allgemein gegen Juden. Auch das sind Justiz-Methoden, wie sie unter Hitler und Stalin angewandt wurden!

B9

Ich bin ein "Überzeugungstäter". Das Gericht weiss das. Es ist gerichtsnotorisch, dass ich nie versuche, meine Urheberschaft an einer inkriminierten Publikation abzustreiten oder mich aus prozessualen Gründen von meinen Äusserungen zu distanzieren. Ich bin dafür bekannt, dass ich zu meiner Überzeugung und zu meinen Äusserungen stehe. Wenn ich mich nun im vorliegenden Fall dagegen verwahre, mit dem Artikel "Jüdische Lügen zum Schächten" ganz allgemein allen Juden einen lügenhaften Charakter unterstellt haben zu wollen, kann das nicht ohne Willkür nur als prozessuale Schutzbehauptung beiseite geschoben werden.

Da mir nach dem neuen Recht keine Gefängnisstrafe mehr droht, fehlt es sowieso an einem vernünftigen Motiv für einen solchen Trick. Nicht einmal als mir 12 Monate Gefängnis drohten, habe ich mich selber mit solchen Tricks verleumdet.

B10

Es gibt viele liberale Juden, die nichts mit dem Schächten zu tun haben. Die Schächttradition wird nur von einer kleinen Minderheit der Juden befolgt. Unter den orthodoxen Juden gibt es ferner Vegetarier, die auch nichts mit dem Schächten zu tun haben. In der Schweiz essen nur gerade rund 3000 Juden Schächtfleisch. Der VgT hat zehn mal mehr Mitglieder als diese Minderheit. Ferner ist auch nur eine Minderheit der Juden im Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund organisiert, welcher derart verlogen politisier.

Eine grosse Mehrheit der Juden ist deshalb von meiner Kritik, die sich konsequent immer nur um das Schächten dreht und nie irgendwelche andere jüdische Eigenheiten oder Gepflogenheiten betrifft, gar nicht betroffen. Diese insgesamt grosse Mehrheit der Juden sind nicht mein Zielobjekt.

B11

Das Obergericht behauptet im aufgehobenen Urteil, auch der Begriff "klassische jüdische Lüge" stelle einen Angriff auf alle Juden dar. Auch das eine stalinistische Willkür, denn der Kontext macht zweifelsfrei klar, dass es dabei um die Verharmlosung des Schächtens und um nichts anderes geht. Liest man den Originaltext und nicht nur die Anklageschrift, so wird das sofort klar (VgT-Nachrichten VN 02-2, Seite 18): "Die von der jüdischen Bundesrätin Dreifuss eingesetzte “Kommission gegen Rassismus” ist in Wirklichkeit ein mit Steuergeldern finanziertes Instrument zur Verbreitung jüdischer Propaganda: Die Kommission befürwortet die Aufhebung des Schächtverbots mit der klassischen jüdischen Lüge, das Schächten sei für die Tiere nicht schlimmer als das sonst übliche Schlachten mit Betäubung."

 

C.

Rechtliches

C1

Berufspflicht

C1.1

Die inkriminierte Ausgabe der VgT-Nachrichten war dem Thema Schächten und der zu jener Zeit laufenden Unterschriftensammlung für eine eidgenössische Volksinitiative gegen das Schächten gewidmet. Das Thema Schächten ist von erheblichem öffentlichen Interesse (Tierschutz hat Verfassungsrang) und hat die schweizerische Öffentlichkeit zur Tatzeit heftig bewegt (www.vgt.ch/Pressestimmen_zum_Schaechten/index.htm).

C1.2

Ich bin Chefredaktor der Zeitschriften VgT-Nachrichten und ACUSA-News sowie der VgT-Website www.vgt.ch mit täglichen News und einem wöchentlichen Newsletter. Ich bin zudem Präsident des VgT. Im Zusammenhang mit der Volksinitiative gegen das Schächten war es meine Berufspflicht, die Öffentlichkeit über das Thema Schächten zu informieren, sowohl über die Grausamkeit des Schächtens, als auch über die verlogene Art und Weise, wie das Schächten von jüdischen Kreisen verharmlost und als religiöse Notwendigkeit hingestellt wird.

C1.3

Gemäss BGE 6S.768/1996 (Verein gegen Tierfabriken gegen Beat Gross, Stadtpolizei Bern), Erw. 2 c, deckt die Amts- und Berufspflicht auch unwahre Äusserungen. Man kann sich dazu stellen, wie man will; jedenfalls ist das nun mal vom Bundesgericht so entschieden worden und somit muss dies für alle gelten, auch für mich, und nicht nur wenn es zu meinen Ungunsten ist!

 Die Missachtung dieser Bundesgerichtspraxis stellt eine diskriminierende Verletzung der Meinungsäusserungsfreiheit dar (Artikel 14 in Verbindung mit Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention EMRK).

C1.4

Die inkriminierten Äusserungen sind indessen nicht einmal unwahr, was im bisherigen Verfahren zu recht auch nicht behauptet wurde. Sie sind aber auch nicht unnötig verletzend, sondern der Grauenhaftigkeit und Unmenschlichkeit des Schächtens und der Verlogenheit des jüdischen Postitionspapieres zum Schächten angemessen.

Aber es ist natürlich leichter mich zu verurteilen, wenn man solche Tatsachen gar nicht zur Kenntnis nimmt und Videodokumente gar nicht erst ansieht, bei denen es auch Ärzten und Jägern, denen ich diese gezeigt habe, schlecht wurde.

C2

Meinungsäusserungs- und Medienfreiheit

C2.1

Die inkriminierten Äusserungen basieren auf einer sachlichen Grundlage. Der Vorwurf der Verlogenheit wurde unter ausdrücklichem Hinweis auf eine verlogene Stellungnahme des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes zur Aufhebung des Schächtverbotes erhoben. Die inkriminierte Kritik ist sachbezogen und der Sache angemessen und deshalb durch die Meinungsäuserungsfreiheit geschützt.

C2.2

Da ich die mir vorgeworfenen Mediendelikte in Ausübung meiner Berufspflicht beging, ist indessen gar nicht zu prüfen, ob die Anschuldigungen tatbeständlich sind, weil Art 32 aStGB gemäss dem zitierten BGE ganz klar vorgeht.

Über diese Tatsache kann sich das Gericht nicht ohne Willkür hinwegsetzen. Man kann der Auffassung sein, es gehöre nicht zur Berufspflicht eines Pressesprechers oder Redaktors, ehrverletzende Äusserungen zu tätigen. Das Bundesgericht hat jedoch verbindlich eine andere Auffassung zum Recht erhoben: Wer eine berufliche Äusserungspflich hat, ist durch die Amts- und Berufspflicht auch mit unwahren, ehrverletzenden falschen Anschuldigungen geschützt; logischerweise muss dies auch für Äusserungen geltend, die als rassendiskriminierend ausgelegt werden, denn für eine Ungleichbehandlung von schwerwiegender übler Nachrede und rassendiskriminierenden Äusserungen fehlt eine gesetzliche Grundlage ebenso wie eine sachliche Rechtfertigung. Jede andere Argumentation im vorliegenden Verfahren verletzt die Meinungsäusserungsfreiheit in diskriminierender Weise (Artikel 14 iVm 10 EMRK).

 

D.

Entschuldigung

D1

Ich bin im Falle eines Freispruchs bereit, mich öffentlich - in den VgT-Medien sowie in einer allgemeinen Presseerklärung - wie folgt zu entschuldigen:

In einem Artikel über das Schächten in den VgT-Nachrichten vom Mai 2002 habe ich den Schächtjuden im Zusammenhang mit der Verharmlosung der Qualen beim betäubungslosen Schächten Verlogenheit vorgeworfen. Damit wollte ich nicht den Juden insgesamt Verlogenheit vorwerfen.

In einem anderen Artikel in der gleichen Ausgabe habe ich in der Legende zu einem Bild einen beim Durchschneiden der Kehle eines Schafes grinsenden Schächter als sadistischen religiösen Fanatiker kritisiert. Damit wollte ich keinesfalls die Juden insgesamt als Sadisten bezeichnen.

Sollte der Eindruck entstanden sein, es seien damit alle Juden insgesamt gemeint, entschuldige ich mich hiefür bei allen Juden, die mit dem Schächten nichts zu tun haben.

D2

Zur Bekräftigung dieser Entschuldigung bin ich bereit, den folgenden zwei jüdischen Organisationen je 3000 Franken zu spenden:

Anonymous for Animal Rights, P.O. Box 11915, Tel-Aviv 61119, Israel, www.anonymous.org.il/e-anonymous.htm

The Jewish Vegetarian and Ecological Society, 855 Finchley Road, London NW11 8LX, England, www.ivu.org/jvs/

 

E.

Schlussbemerkung:

Im aufgehobenen Obergerichtsurteil wird mein Vergleich des Leidens von Tieren mit menschlichem Leiden als "unpassend und stossend" bezeichnet. Damit zeigen diese sich so erhaben fühlenden Oberrichter die gleiche verherende ethische Rückständigkeit wie die breite Masse der Fleischfresser.

Solche Vergleiche stelle ich nicht einfach gedanken- und hemmungslos an, sondern auf wohlüberlegter, ethischer Grundlage (www.vgt.ch/doc/tier-mensch-vergleich). Solange diese Vergleichbarkeit von Tier und Mensch in den elementarsten existenziellen Bereichen von Angst, Schmerz und Leiden nicht begriffen wird, wird das Elend der Nutztiere weitergehen.

* * *

Anhang:

Aus dem Plädoyer des amtlichen Verteidigers von Erwin Kessler, Rechtsanwalt Thomas Fingerhuth:

1. Mit der Nachtrags-Anklageschrift der früheren Bezirksanwaltschaft Bülach vom 28. April 2003 wird Erwin Kessler vorgeworfen, als verantwortlicher Redaktor der VgT-Nachrichten vom Mai 2002 mit verschiedenen darin getätigten Äusserungen zumindest billigend in Kauf genommen zu haben, die Angehörigen einer bestimmbaren Religion systematisch herabgesetzt und diskriminiert zu haben.

2. Erwin Kessler hat bereits früher mehrfach angegeben, für die Publikation der Texte, welche Gegenstand der vorerwähnten Anklage sind, verantwortlich zu sein, und dass diese in sämtliche Haushalte der deutschsprachigen Schweiz verbreitet worden seien.

3.a. Wie die II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich im Urteil vom 29. November 2004 zu lit. a der vorerwähnten Anklage vorerst zutreffend auszuführen wusste, ist mit der Verwendung der Worte "Lüge" und "Juden" und dem Hinweis auf eine "jüdische Lüge" oder eine "jüdische Standardlüge" eine systematische, die Menschenwürde aller Juden als Angehörige einer Rasse, Ethnie oder Religionsgemeinschaft in Frage stellende Herabsetzung noch nicht gegeben, zumal vorliegend auch im Kontext deutlich wird, dass den Juden lediglich vorgeworfen wird, mit Bezug auf das Schächten nicht die Wahrheit zu sagen.

Die Behauptung, dass die Juden diesbezüglich, also bezüglich des Schächtens, lügen würden, bezieht sich auf ein einzelnes religiöses Ritual und beinhaltet keine Herabsetzung der Juden in dem Sinne, dass sie rassisch, ethnisch oder religiös bedingt ganz allgemein Lügner und demzufolge charakterlich minderwertig sind.

Anders soll es sich jedoch nach Auffassung des Obergerichts mit den Ausdrücken "klassische jüdische Lüge" und "widerliche Verlogenheit der organisierten Juden" verhalten, werde damit doch unterstellt, dass letztere aufgrund ihrer Religion und / oder Ethnie ganz allgemein und in einem verabscheuungswürdigen Masse lügnerisch veranlagt seien.

Diese Argumentation ist nicht recht nachvollziehbar, zumal auch die vorerwähnten Ausdrücke in einem engen und nicht trennbaren Konnex zur Frage des Schächtens verwendet wurden. So wird in der vorliegend zur Diskussion anstehenden Publikation, welche im Übrigen bereits im Titelbild als eigentliche "Sonder-Ausgabe" zum "Schächten" aufgemacht ist, einmal folgendes ausgeführt: "Die Kommission befürwortet die Aufhebung des Schächtverbots mit der klassischen jüdischen Lüge das Schächten sei für die Tiere nicht schlimmer als das sonst übliche Schlachten mit Betäubung."

So in den Kontext gesetzt, kann doch wohl nicht ernsthaft behauptet werden, es werde damit unterstellt, dass die Juden aufgrund ihrer Religion und/ oder Ethnie ganz allgemein und schon gar nicht, dass diese in einem verabscheuungswürdigen Masse lügnerisch veranlagt seien. Dies wäre nur dann der Fall, wenn das Gewicht auf das Wort klassisch gelegt und keinerlei Bezug zum Schächten ersichtlich wäre; vorliegend ist aber weder das Eine noch das Andere der Fall.

Mit der Verwendung des Ausdrucks "klassische jüdische Lüge" soll offensichtlich nicht behauptete und auch nicht der Eindruck erweckt werden, dass die Juden generell Lügen, sondern nur mit Bezug auf das Schächten, wobei dort der Hinweis auf die Klassik auch als Hinweis auf die Tradition und einer damit einhergehenden Zwangssituation der dahingehenden jüdischen Argumentation verstanden werden kann.

Wie auch immer: jedenfalls hat dieser Ausdruck meiner Meinung nach und im vorliegend zur Beurteilung anstehenden Kontext noch nichts mit Rassendiskriminierung zu tun. In den VgT-Nachrichten vom Mai 2002 erfolgte ein ebenfalls zur Anklage gebrachter Hinweis auf "die widerliche Verlogenheit der organisierten Juden".

Aber auch hier ist der erwähnte Ausdruck nicht isoliert zu beurteilen, sondern im Kontext, wird doch auch an dieser Stelle nicht einfach generell von der widerlichen Verlogenheit der organisierten Juden gesprochen, sondern nur und einzig als Reaktion auf ein Positionspapier des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG) vom Oktober 2001 "zum Thema Schächten".

Von einer ganz allgemeinen und pauschalen Herabsetzung der Juden kann deshalb meiner Meinung nach auch hier keine Rede sein.

Wenn das Obergericht im vorliegenden Zusammenhang noch darauf hinweist, es sei nicht klar, wer "mit organisierten Juden" gemeint sei, ist einerseits darauf hinzuweisen, dass dieser Ausdruck, wie erwähnt, im Zusammenhang mit einem Kommentar von Erwin Kessler zu einem Positionspapier des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG) vom Oktober 2001 steht; auf der anderen Seite ist diese Behauptung auch widersprüchlich, meint das Obergericht doch an einer anderen Stelle ihres Entscheides dann plötzlich doch zu wissen, was mit dem vorerwähnten Ausdruck gemeint sei, nämlich die gesamte Religionsgemeinschaft der Juden. Selbst davon könnte jedoch nur dann gesprochen werden, wenn sämtlich Juden organisiert und Mitglieder der SIG wären. Das ist aber nicht erstellt und davon kann im Übrigen auch nicht einmal ansatzweise die Rede sein.

3.b. Vom Vorwurf gemäss lit. b der Nachtrags-Anklageschrift vom 28. April 2003 ist Erwin Kessler bereits mit Urteil ihres Gerichts vom 3. September 2003 freigesprochen worden. Nachdem auch die Staatsanwaltschaft gegen diesen Freispruch bis heute kein Rechtsmittel erhoben hat, kann auf die dahingehenden Erwägungen im vorerwähnten Entscheid verweisen werden und der dahingehende Freispruch ist auch heute zu bestätigen.

3.c. Gemäss lit. c der Nachtrags-Anklageschrift vom 28. April 2003 werden Erwin Kessler schliesslich noch folgende in den VgT-Nachrichten vom Mai 2002 als Bildlegende zur Fotografie einer Schächtszene publizierten Äusserungen als rassendiskriminierend vorgeworfen: "Jüdisches Schächten eines Schafes. Der sadistische religiöse Fanatiker rechts grinst dazu. So mögen Nazi-Schergen beim Foltern von KZ-Häftlingen gegrinst haben."

Auch das Obergericht vertritt hier einmal zu Recht die Auffassung, dass der vorerwähnte Vergleich für sich allein noch nicht ohne weiteres als rassendiskriminierend zu beurteilen wäre; damit würden weder die Juden pauschal als minderwertig eingestuft noch die KZ-Häftlinge, von denen nicht nur sehr viele, sondern die meisten Juden waren, in einem abwertenden Sinn mit Tieren gleichgestellt und damit in ihrer Menschenwürde herabgesetzt. Das zentrale Anliegen engagierter Tierschützer wie zum Beispiel Erwin Kessler besteht ja im Gegenteil gerade darin, Tieren dieselbe Würde zuzugestehen wie Menschen, weshalb dadurch Menschen nicht diskriminiert werden können.

Falsch ist jedoch die weitere Feststellung des Obergerichts in seinem Urteil vom 29. November 2004, wonach Erwin Kessler mit dem vorstehend erwähnten inkriminierten Text ausdrücklich unterstelle, dass Juden generell Tiere aus sadistischen Motiven, d.h. mit der Absicht der Zufügung möglichst grosser Qualen, schächten würden. Seine Äusserung bezieht sich ausdrücklich auf die Fotografie eines Metzgers, der gerade ein Schaf schächtet und dabei nicht nur zu lachen scheint, sondern dabei auch noch eine rauchende Zigarette im Mund hält. Dieser und nur dieser Metzger wird, weil er dabei auch noch zu lachen scheint, als sadistischer religiöser Fanatiker bezeichnet. Diese Äusserung bezieht sich damit eindeutig auf diesen Metzger, allenfalls auf religiöse Fanatiker, aber doch sicher nicht auf die gesamte Religionsgemeinschaft der Juden.

Richtig ist, dass Erwin Kessler in derselben Ausgabe der VgT-Nachrichten den "organisierten Juden" mit Bezug auf deren Haltung zum Schächten, "widerliche Verlogenheit" vorwirft. Er behauptet aber nirgends, auch nicht implizit, dass die gesamte Religionsgemeinschaft der Juden zum religiösen Fanatismus und - damit verbunden - zu sadistischen Verhaltensweisen neige oder diese zumindest billige, und ein solcher Schluss kann auch nicht über einen unbefangenen Durchschnittsleser gezogen werden, soweit es diesen überhaupt gibt.

Ich darf Sie deshalb höflichst bitten, auch hier im Sinne des eingangs gestellten Antrages zu entscheiden, und Erwin Kessler auch von diesem Vorwurf freizusprechen.


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