19. August 2006 /
14. Januar 2007
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19. August 2006
Verein gegen Tierfabriken Schweiz VgT An die Kopie an Bundesrätin Doris Leuthard
Beschwerde gegen das Sehr geehrte Damen und Herren, 1. vor rund 30 Jahren hat das Schweizervolk mit überwältigender Mehrheit dem Tierschutzgesetz zugestimmt. Gemäss Artikel 33 erlässt der Bundesrat die Vollzugsvorschriften. Absatz 1 des Grundsatz-Artikels lautet: 1 Wer mit Tieren umgeht, hat:
b. soweit es der Verwendungszweck zulässt, für ihr Wohlergehen zu sorgen. Dieser Grundsatz steht seit dem Inkrafttreten im Jahr 1978 unverändert im Tierschutzgesetz (bisher Artikel 2, seit der letztjährigen Revision Artikel 4), ist aber bis heute weitgehend toter Buchstabe geblieben. Dies hat neben dem generell mangelhaften Vollzug insbesondere folgenden Grund: 2. Anstatt dem Auftrag, Vollzugsvorschriften zu erlassen, nach bestem Wissen und Gewissen nachzukommen und die Vorgaben des Tierschutzgesetzes nach sachlichen Kriterien, insbesondere aufgrund der heute weitgehend wissenschaftlich erforschten Bedürfnisse der Nutztiere zu konkretisieren, hat der Bundesrat die Tierschutzverordnung nach unsachlichen, sachfremden wirtschaftlichen Interessen der Agro- und Tierversuchsindustrie erlassen. Das hat dazu geführt, dass die Tierschutzverordnung des Bundesrates auf weiten Strecken keine Vollzugsvorschriften, sondern Tierschutzgesetz-Verhinderungsbestimmungen enthält. 3. Dieser Zustand ist rechtswidrig und demokratie-verachtend. Und dieser unseres demokratischen Rechtsstaates unwürdige Missstand wird durch die laufende Revision der Tierschutzverordnung einmal mehr nicht beseitigt. Der vom Bundesrat im Juli in die Vernehmlassung geschickte Revisionsentwurf ist weiterhin von der rechtswidrigen und undemokratischen Auffassung des Bundesrates geprägt, das Tierschutzgesetz sei unverbindlich und es liege in seinem freien Ermessen, wieweit das Tierschutzgesetz vollzogen werde. Die Bestimmungen in der Tierschutzverordnung erlässt der Bundesrat bis heute nicht nach sachlichen und wissenschaftlichen Kriterien, sondern primär aufgrund der wirtschaftlichen Interessen der Agro- und Tierversuchs-Lobby. Die gemeinsamen Forderungen der schweizerischen Tierschutzorganisationen bleiben dagegen weitgehend unbeachtet. 4. Die schweizerischen Tierschutzorganisationen haben Bundesrat Deiss im Hinblick auf die Ausarbeitung des Revisionsentwurfes eine Eingabe unterbreitet mit Kernforderungen, über die unter den schweizerischen Tierschutzorganisationen ein landesweiter Konsens besteht (www.vgt.ch/news2006/Eingabe_an_BR_Deiss.pdf). Darauf ist zurückzukommen. 5. Aufgrund der Erfahrung mit früheren Vernehmlassungen auf dem Gebiet des Tierschutzes kann gesagt werden, dass die laufende Vernehmlassung die Rechtswidrigkeiten im Revisionsentwurf nicht beseitigen wird und dass höchstens noch mit weiteren Verwässerungen zu rechnen ist. Nach dieser Revision wird es wieder Jahrzehnte dauern bis zur nächsten Revision. Wir halten es deshalb für wichtig und dringend, dass die Geschäftsprüfungskommission jetzt, vor der Inkraftsetzung der revidierten Verordnung, zum Rechten sieht. 6. Im Folgenden zeigen wir Ihnen konkrete Rechtswidrigkeiten im vorliegenden Revisionsentwurf auf (Verweisungen auf das Tierschutzgesetz (TSchG) beziehen sich auf die vom Parlament im Jahr 2005 beschlossene revidierte Fassung): 7. Unter Ziffer 5 der Eingabe an Bundesrat Deiss vom 13. April 2006 mit den Kernforderungen der schweizerischen Tierschutzorganisationen (nachstehend kurz Kernforderungen genannt), wurde ein Verbot verlangt, Säugetiere so einzusperren, dass sie gezwungen sind, in ihren Kot zu liegen. Diese Forderung leuchtet jedem seelisch gesunden Menschen unmittelbar ein und ergibt sich auch klar aus dem Tierschutzgesetz (Artikel 1, 3 und 4 TSchG) und müsste eigentlich selbstverständlich sein. Sachlich kann dagegen nichts eingewendet werden. Der Grund, dass der Revisionsentwurf diese Grundforderung missachtet (siehe nachfolgend Ziffer 8, 9, 11, 14), liegt einzig und allein in wirtschaftlichen und Bequemlichkeits-Interessen der Agro-Lobby. Unsere Haus-Säugetiere haben - ähnlich wie wir Menschen - ein angeborenes Verhalten, ihren Kot zu meiden. Stallsysteme, bei denen die Tiere so eingesperrt werden, dass sie planmässig in ihrem eigenen Kot liegen müssen, widersprechen deshalb elementarsten Tierschutzgrundsätzen und verletzen offensichtlich Artikel 4 des Tierschutzgesetzes. Es ist klar rechtswidrig, wenn solche Stallsysteme in der Tierschutzverordnung ausdrücklich erlaubt werden. Dies soll aber gemäss Revisionsentwurf auch künftig der Fall sein, indem weiterhin so genannte Vollspaltenböden (perforierte Böden) zugelassen werden. Zum Prinzip solcher Böden gehört es, dass die Tiere so wenig Platz haben, dass sie Kot- und Liegeplatz nicht trennen können, dh im eigenen Kot liegen müssen (praktisch bodendeckende Belegung mit Tieren). Diese Enge kommt einerseits wirtschaftlichen Interessen entgegen, gehört aber auch zum Funktionieren der Spaltenböden: Die Tiere werden so eng gehalten, dass sie ihren Kot durch die Spalten in die darunter liegenden Güllekanäle treten. Selbstverständlich bleibt immer soviel Kot liegen, dass die Tiere beim Abliegen verkotet werden. 8. Art 29 Abs 2 revTSchV enthält scheinbar das längst überfällige Verbot von Vollspaltenböden für Mastrinder. In Tat und Wahrheit werden diese tierquälerischen und tierschutzwidrigen Systeme jedoch unter dem Titel "Übergangsfristen" für weitere 10 Jahre ausdrücklich erlaubt, was mit Artikel 4 Abs 1 TSchG unvereinbar ist. Die Vollspaltenböden wurden schon 1998 für Neu- und Umbauten ausdrücklich verboten (Artikel 17 Absatz 2 TSchV). Umso umverständlicher ist es, dass diese jetzt für weitere 10 Jahre erlaubt werden sollen. 9. Das scheinbare Verbot von Vollspaltenböden für Mastrinder ist aber überhaupt kein wirkliches Verbot. In Tat und Wahrheit werden Vollspaltenböden auch über die zehnjährige Frist hinaus, zeitlich unbegrenzt erlaubt! Dies durch den harmlos scheinenden Zusatz zur vorgeschriebenen Einstreu: "... oder mit einem weichen, verformbaren Material versehen sein." Der Laie und der Politiker wird an dieser Bestimmung kaum Anstoss nehmen. Dass dies aber nichts weniger als die Aufhebung des scheinbaren Vollspaltenverbotes bedeutet, kann glasklar belegt werden: a) Gemäss den "Erläuterungen zur Totalrevision der Tierschutzverordnung" des Bundesrates (im folgenden "Erläuterungen" genannt) zu Artikel 29 sind ausdrücklich auch vollperforierte Böden (bisher als Vollspaltenböden bezeichnet) weiterhin zulässig, sobald der Tragrost mit Gummi überzogen wird (der Gummi deckt die Spalten bzw Löcher nicht zu). b) Das Bundesamt für Veterinärwesen (BVet) hat mit der Bewilligung der sogenannten LOSPA-Böden bereits vorexerziert, was unter "weichem, verformbarem Material" zu verstehen ist: Ein bisschen glitschiger Hartgummi und schon sind die Vollspaltenböden wieder erlaubt: Sowohl nach altem wie nach neuem Recht, sind Kälber bis zum Alter von 4 Monaten auf Einstreu zu halten (Art 17 TSchV, Art 29 revTSchV). Das BVet hat sich rechtswidrig über diese klare und sinnvolle Bestimmung hinweggesetzt und die von den Tierschutzorganisationen heftig bekämpften sogenannten LOSPA-Böden bewilligt. Diese Böden bestehen aus einem geschlitzten Betonboden, der mit Hartgummi überzogen ist, wie die folgende Aufnahme aus der Zulassungsprüfung der LOSPA-Böden zeigt (aufgenommen von einem Mitglied der eidgenössischen Stallbaukommission, das nachher aus Protest gegen diese tierquälerische und gesetzwidrige Zulassung zurückgetreten ist): Der mit Hartgummi überzogene Betonrostboden ist derart glitschig, dass die Kälber bei jedem Versuch einen kleinen Kälbersprung zu machen, ausrutschen und hinfallen. Mehr zu diesem Skandal: www.vgt.ch/vn/0402/mafia.htm#lospa So sieht die Zukunft der verpönten Vollspaltenböden aus! Das Verbot ist nur ein scheinbares, zur Täuschung der Öffentlichkeit und der Parlamentarier! Die Tiere werden weiterhin, zeitlich unbegrenzt, gezwungen, in ihren eigenen Kot zu liegen. In ihren Kernforderung zur Revision der Tierschutzverordnung haben die schweizerischen Tierschutzorganisationen ein Verbot gefordert, Säugetiere so einzusperren, dass sie gezwungen sind, in ihren Kot zu liegen. Diese für jeden seelisch gesunden Menschen unmittelbar einleuchtende Forderung hat der Bundesrat mit der weiteren Zulassung von Vollspaltenböden missachtet. Damit wird auch krass das Tierschutzgesetz verletzt (Artikel 1, 3 und 4 TSchG). Eine Bankrotterklärung des demokratischen Rechtsstaates. Auch der Schweizer Tierschutz STS protestiert gegen die Zulassung von LOSPA-Böden (Beilage 1).
10. Faktische Aufhebung der Einstreuvorschrift für Kühe. Gemäss dem Wortlaut der Tierschutzverordnung sowohl nach altem Recht wie auch gemäss Revisionsentwurf ist für Kühe und Kälber Einstreu vorgeschrieben (Art 17 TSchV, Art 29 revTSchV). Wie diese Vorschrift vom Bundesamt für Veterinärwesen für Kälber rechtswidrig unterlaufen wird, haben wir oben unter Ziffer 9 dargestellt (LOSPA-Böden). Die Vorschrift wird - unter aktiver Beteiligung des BVet - auch für Kühe unterlaufen. Landesweit wird die Einstreuvorschrift für Kühe in schätzungsweise 90 % der Kuhställe mit Anbindehaltung nicht befolgt. Das BVet findet das in Ordnung mit folgendem Trick: Die Einstreuvorschrift sei nicht für den Liegekomfort da, sondern solle nur dafür sorgen, dass der Boden gleitsicher sei. Wenn diese Gleitsicherheit mit einem Hartgummibelag erreicht werde, sei keine Einstreu notwendig. Eine mafiose Auslegung. Wenn es nur um die Gleitsicherheit ginge, müsste die Vorschrift offensichtlich Gleitsicherheit und nicht Einstreu fordern. Das ist nicht dasselbe. Einstreu hat durchaus auch noch eine andere Funktion, nämlich Druckstellen an den Gelenken zu vermeiden (siehe Abbildung unten). Kuhläger ohne Einstreu trotz Einstreuvorschrift: Die Folge dieser Rechtsbeugung ist häufiges Auftreten schmerzhafter Druck-Geschwüre an den Gelenken: Mehr dazu: Anmerkung:
11. Intensivhaltung von Schweinen auf Vollspaltenböden gemäss
schweizerischen Tierschutzvorschriften (Aufnahme aus einer
Schweinefabrik in Wigoltingen TG): Artikel 36 bringt scheinbar endlich das Verbot der Vollspaltenböden für Schweine. Die Übergangsfrist von 10 Jahren verschiebt dieses längst überfällige Verbot jedoch in die ferne Zukunft. Damit werden die von Natur aus sauberen Schweine für weitere zehn Jahre gezwungen, in ihren eigenen Kot zu liegen - rechtswidrig, weil im klaren Widerspruch zu Artikel 4 TSchG. Das ist umso unverständlicher, als vorhandene Spaltenböden auf einfachste Weise - zB mit einer Gummimatte - teilweise abgedeckt werden können, um einen Liegeplatz zu schaffen. Einziger Nachteil: Es können nicht mehr gleich viele Schweine in den Stall hineingezwängt werden wie auf Vollspaltenböden, wo eine praktisch bodenbedeckende Belegung erlaubt ist (lebenslängliches Dauergedränge und erzwungenes Liegen im Kot).
12. Verbot des elektrischen Kuhtrainers in Anbindeställen für Kühe Der elektrische Kuhtrainer ist ein Elektrobügel über dem Rücken der Kuh, der ihr einen elektrischen Schlag versetzt, wenn sie - zum Koten und Urinieren - den Rücken krümmt (arttypisches Verhalten). Dadurch soll sie "trainiert" werden, vor dem Koten und Urinieren einen Schritt zurückzutreten, so dass Kot und Urin nicht auf das Läger, sondern in den Mistgraben fallen. Es gibt aber schwerwiegende Nebenwirkungen: Auch das sogenannte Komfortverhalten (sich Lecken und Kratzen) wird durch den elektrischen Kuhtrainer dramatisch eingeschränkt. Schon seit vielen Jahren weisen die Tierärzte darauf hin, dass sich die Kühe unter der ständigen Bedrohung durch den elektrischen Kuhtrainer derart verkrampfen, dass schwerwiegende Fruchtbarkeitsstörungen auftreten. Inzwischen gibt es mechanische Alternativen zum elektrischen Kuhtrainer, mit denen der gleiche Zweck ohne diese grobe Tierquälerei erreicht werden kann. Im Bio-Landbau ist der elektrische Kuhtrainer verboten; es geht also ganz klar ohne diese Tierquälerei. Trotzdem sieht der Revisionsentwurf vor, dass der elektrische Kuhtrainer noch weitere 20 (!) Jahre erlaubt sein soll. Der Bundesrat setzt sich damit ohne jede Begründung über das Tierschutzgesetz und die Kernforderung Nr 6 der Tierschutzorganisationen hinweg. (Mehr zur Kuhtrainerproblematik: www.vgt.ch/doc/kuhtrainer). 13. Kastenstandhaltung von Mutterschweinen, In der so genannten Kastenstandhaltung werden Mutterschweine in nur
gerade körpergrosse Käfige gesperrt. Sie können sich darin nicht einmal
umdrehen. Neben der erzwungenen Bewegungslosigkeit wird das Muttertier
so auch gezwungen, am gleichen Ort zu koten und zu liegen - angesichts
des starken Triebes der Schweine, Kot- und Liegeplatz zu trennen, eine
Vergewaltigung der Tiere, die mit Artikel 2 (neu 4) des
Tierschutzgesetzes unvereinbar ist. Nebst der umfangreichen
Fachliteratur, welche unseren Standpunkt belegt und dem BVet hinlänglich
bekannt ist, verweisen wir auf ein entsprechendes rechtskräftiges
Gerichtsurteil, welche die Kastenstandhaltung als Tierquälerei
beurteilt: Der Revisionsentwurf setzt sich über diese Tatsache ebenso ohne jede Begründung in den Erläuterungen hinweg, wie darüber, dass die Tierschutzorganisationen in der Kernforderung Nr 4 ein generelles, ausnahmsloses Verbot der Kastenstandhaltung gefordert haben. 14. Artikel 37 erlaubt weiterhin Kastenstände für Mutterschweine. Mutterschweine werden so auch in Zukunft gezwungen, tage- und wochenlang in ihrem eigenen Kot zu liegen: 15. Auch in Art 39 wird die Kastenstandhaltung weiter erlaubt - wenn auch nur "ausnahmsweise". Das Fixieren von Mutterschweinen ist wider die Natur, eine Symptombekämpfung für haltungs- oder zuchtbedingt verhaltensgestörte Tiere. Den Erläuterungen kann nicht entnommen werden, was "ausnahmsweise" in der Praxis bedeutet. Erfahrungsgemäss sind solche Ausnahmen ein Freipass, der die Durchsetzung des eigentlichen Verbotes illusorisch macht - und das ist ganz offensichtlich auch die (politische) Absicht des BVet und des Bundesrates. Damit soll der Öffentlichkeit und den Konsumenten ein strenges Tierschutzgesetz vorgegaukelt werden, während es mit der Ausnahmebestimmung praktisch wieder aufgehoben wird. Auch in Zukunft "ausnahmsweise" erlaubte Kastenstandhaltung von gebärenden und säugenden Mutterschweinen:
16. Die Kaninchen sind laut Franz Blöchlinger, Tierschutzbeauftragter des Veterinäramtes des Kantons St Gallen, die am schlechtesten gehaltenen Nutztiere der Schweiz. Schuld seien nicht nur die Züchter, sondern auch die Tierschutzverordnung des Bundesrates, welche die Durchsetzung einer artgerechten Haltung verunmögliche. (Der Landbote, 13. April 2006). Der Revisionsentwurf erlaubt ausdrücklich tierquälerische Kaninchenhaltung in Käfig- und in Einzelhaltung, unter krasser Missachtung der Grundsätze des Tierschutzgesetzes:
Korrupte Beamte und Bundesräte verhindern, dass Kaninchen in Zukunft in der Schweiz artgerecht gehalten werden müssen, zum Beispiel so:
17. Die schweizerischen Tierschutzorganisationen haben in Nr 3 ihrer Kernforderungen ein Verbot der Käfig- und Kastenhaltung und insbesondere der Einzelhaltung von Kaninchen verlangt. In Übereinstimmung mit den Vorgaben des Tierschutzgesetzes, verlangen sie, dass Kaninchen in artgerechten Gruppen zu halten sind. Die Tierschutzorganisationen haben dies in ihren Kernforderungen (Eingabe an Bundesrat Deiss) ausführlich begründet (www.vgt.ch/news2006/Eingabe_an_BR_Deiss.pdf). Der Bundesrat geht in den Erläuterungen mit keinem Wort darauf ein, warum diese Forderung nicht berücksichtigt wurde - wohl deshalb, weil sich dies sachlich überhaupt nicht begründen lässt und die wahren (politischen) Motive nicht offengelegt werden.
18. Rückzugsbereich für Kaninchen Nach geltendem Recht (Art 24b TSchV) wie auch gemäss Revisionsentwurf (Art 56 iVm Art 5 revTSchV) müssen sich Kaninchen in einen abgedunkelten Bereich zurückziehen können. Soweit so gut. In den Richtlinien zur Kaninchenhaltung des BVet wird dieser Rückzugsbereich wie folgt erläutert: "Damit sich die Kaninchen bei Störungen (z.B. Lärm, Auftauchen einer Person) entsprechend ihrem Normalverhalten verstecken und allenfalls zur Ruhe zurückziehen können (Art. 24b Abs. 1 Bst. c TSchV), müssen Gehege mit einem abgedunkelten Bereich ausgestattet sein. Der Raum unter einer erhöhten Fläche kann beispielsweise als Rückzugsbereich dienen. Ein angedeutetes Einschlupfloch an der Schmalseite zu diesem Bereich scheint, selbst wenn die Längsseite des Bereiches offen bleibt, für die Tiere die Qualität des Rückzugsbereichs zu verbessern. Es ist aber auch möglich, die Käfigfront teilweise (seitlich z.B. zu einem Drittel) mit einem Tuch abzudecken und auf diese Weise einen dunkleren Bereich zu schaffen. Der Rückzugsbereich darf eng und soll dunkler sein als das restliche Gehege. Damit es keine die Tiere behindernden Sackgassen und Engpässe gibt, muss er für grössere Gruppen mehrere Zugänge aufweisen sowie unterteilt sein." Soweit so gut. Doch wie üblich, wenn es darum geht, Tierschutzvorschriften konkret
durchzusetzen, distanzierte sich das BVet von seinen eigenen Richtlinien
und biegt das Tierschutzgesetz so, dass jede tierquälerische Praktik
angeblich tierschutzkonform sei. So auch hier. Gegenüber dem
Veterinäramt des Kantons Thurgau erklärte das BVet, in der Kastenhaltung
brauche es keinen abgedunkelten Bereich. Die Kaninchen könnten sich ja
in eine Ecke zurückziehen. Diese eiskalte, technokratisch-tierschutzfeindliche Ansicht muss man sich einmal plastisch vorstellen: Da sitzt ein Kaninchen, von Natur aus ein dämmerungsaktiver Höhlenbewohner, in einem engen Kastenabteil, dem lärmenden Treiben und dem Licht - oftmals auch der heissen Sonne - durch die Gitterfront hindurch schutzlos ausgesetzt, und da soll der in den BVet-Richtlinien so schön beschriebene Rückzugsbereich bereits realisiert sein, wenn das Tier ein bisschen von der Gitterfront nach hinten rutschen kann - viel ist das in den engen Käfigen bzw Kastenabteilen gewöhnlich nicht.
Der gesetzliche Anspruch dieses Kaninchens (in erlaubter Isolationshaft) auf einen abgedunkelten Rückzugsbereich ist gemäss den Technokraten des Bundesamtes für Veterinärwesen erfüllt, weil das Kaninchen in eine Ecke zurückrutschen könne.
19. Anbindehaltung von Pferden Die Tierschutzverordnung enthielt bisher keine Vollzugsvorschriften zur Pferdehaltung. Ein Rechtsgutachten von Professor Marcel Niggli, Universität Freiburg, ist im Jahr 2003 zum Schluss gekommen , dass die Anbindehaltung von Pferden aufgrund der direkt anwendbaren Vorgaben des Tierschutzgesetzes verboten ist (www.vgt.ch/vn/0303/Gutachten-Niggli.pdf). Im Revisionsentwurf erlaubt nun der Bundesrat die gemäss Tierschutzgesetz bereits heute verbotene Anbindehaltung in den Übergangsbestimmungen für fünf Jahre nach Inkrafttreten der revidierten Tierschutzverordnung. Das ist klar rechtswidrig.
20. Anbindehaltung von Ziegen Trotzdem will der Bundesrat neu die Anbindehaltung von Ziegen für die nächsten 15 Jahre ausdrücklich erlauben, unter Missachtung der Vorgaben des Tierschutzgesetzes.
21. Einstreu in Legehennenställen Scharren und Sandbaden gehören zu den essentiellen Verhaltensweisen von Hühnern:
22. Bei den bewilligten Legehennenhaltungssystemen, die serienmässig hergestellt werden und deshalb nach Art 27 TSchV bewilligungspflichtig sind, ist Einstreu verlangt. Der Vollzug funktioniert aber absolut nicht, da die kantonalen Behörden mit Zustimmung des BVet (Dr Oester) auch völlig ungeeignete "Einstreu", die weder Scharren noch Sandbaden ermöglichen, als genügend erachten, insbesondere grobe Holzschnitzel. Einstreu mit Sägemehl oder Holzwolle wird nach üblicher Praxis erst ersetzt, wenn der Stall geräumt, die Hühner geschlachtet und neue eingestallt werden, was bei Legehennen rund ein Jahr dauert. Innert weniger Monate wird jedoch aus solcher Einstreu eine feuchte, pappige Masse, welche weder Scharren noch Sandbaden ermöglicht. Diese Praxis, solche den tierschützerischen Anforderungen nicht mehr genügende "Einstreu" nicht zu ersetzen, wird landesweit geduldet, siehe www.vgt.ch/vn/0301/schaffhausen.htm#Einstreu
"Scharraum" aus groben, mit Hühnerkot bedeckten Holzschnitzeln - bietet den Hennen absolut nichts. Scharren und Staubbaden sind völlig unmöglich. Der vorgeschriebene Scharrraum mit Einstreu existiert effektiv gar nicht. Trotzdem hat das BVet (Dr Oester) dies als gesetzeskonform beurteilt. Der international bekannte Hühner-Ethologe Prof Dr Detlef Fölsch hat diese Alibi-"Einstreu" anhand von Fotoaufnahmen und Materialproben in einer schriftlichen Stellungnahme als völlig ungeeignet beurteilt. Siehe www.vgt.ch/vn/0303/huehner-kz-eierhaas.htm
23. Die Folge der ungeeigneten, besser gesagt effektiv fehlenden Einstreu sind Kannibalismus unter den Hühnern und krankhafter Gefiederverlust (diese Aufnahmen zeigen keine Extremfälle, sondern sind typisch für einen Grossteil der schweizerischen Hühnerfabriken - vom BVet als gesetzeskonform beurteilt):
Sie finden in der Beilage eine Video-Cassette mit Aufnahmen zu diesem Thema, ferner die Ausgabe VN06-1 der Zeitschrift "VgT-Nachrichten", welche dieses Thema dokumentiert. Mehr dazu auch unter www.vgt.ch/doc/huehner
24. In Art 57 des Revisionsentwurfs wird für Hausgeflügel "geeignete Einstreu" vorgeschrieben. Unter Nichtbeachtung der Kernforderung Nr 7 der schweizerischen Tierschutzorganisation werden keine Kritierien angegeben, welche eine "geeignete Einstreu" zu erfüllen hat. Dies ist mit Blick auf die oben beschriebene bisherige Praxis absolut unverständlich und kann nur so verstanden werden, dass man sich beim BVet weiterhin mit völlig untauglicher Alibi-Einstreu zufrieden geben will. Der Revisionsentwurf enthält keine Anzeichen dafür, dass die bisherige gesetzwidrige Vollzugspraxis geändert werden sollen; die Rechtsgrundlage wäre schon bisher vorhanden gewesen.
25. Familienfischen (kommerzialisiertes Laien-Fischen) Unter "Familienfischen" (in Deutschland Angelzirkus genannt) versteht man ein kommerzialisiertes Laienfischen: Fangreife Forellen werden von einem Aufzuchtbassin in einen Angelteich verbracht, wo sie von Laien, oft Familien mit kleinen Kindern, zum Plausch wieder gefangen werden, mit einer vom Veranstalter ausgeliehenen Angelrute.
Keiner zu klein, Tierquäler zu sein. Tierquälerei als Familien-Sonntagsvergnügen - müsste allein schon aus erzieherischen Gründen verboten werden. Ausführliche Bilddokumentation: www.vgt.ch/vn/0503/fischergut/index.htm
26. Das Familienfischen ist allein schon deshalb gesetzwidrig (siehe Gutachten Niggli), weil zu diesem Zweck fangreife Forellen aus einem Zuchtbassin herausgefischt und im Angelteich wieder freigesetzt werden, einzig und allein zum Zweck, dass diese zum Plausch von bezahlenden Laien nochmals gefangen werden können. Dass dies nun erlaubt wird, obwohl das BVet bzw der Bundesrat in der Erläuterung zu Art 92 ganz richtig festhält, dass Fische "sehr stressempfindliche Lebewesen" sind und das Einfangen und Umsetzen zu Verletzungen an Schleimhaut oder zu Flossenschäden führen kann, woraus in der Erläuterung ausdrücklich geschlossen wird: "Diese Manipulationen [Einfangen, Umsetzen...] sollten deshalb nur durchgeführt werden, wenn eine Notwendigkeit besteht." Für Tierquälerei als Freizeitvergnügen besteht ganz sicher keine "Notwendigkeit". Die vorgesehene Revision der Tierschutzverordnung ist auch in diesem Punkt krass gesetzwidrig. 27. Gemäss dem Rechtsgutachten von Prof Niggli,
www.vgt.ch/dokumentationen/familienfischen/Gutachten_Niggli_Fische.pdf Mehr zur Problematik des Familienfischens: www.vgt.ch/doc/familienfischen
28. Im Revisionsentwurf hat sich das BVet bzw der Bundesrat ohne Begründung in den Erläuterungen über diese Rechtslage hinweggesetzt. Mit Artikel 93, Absatz 3 und 4, wird nun das Familienfischen neu ausdrücklich erlaubt.
29. Mit der Erlaubnis zum Familienfischen hat sich der Bundesrat auch kommentarlos über die Kernforderung Nr 2 der Tierschutzorganisationen hinweggesetzt, wo im Interesse der Rechtssicherheit das gemäss Tierschutzgesetz geltende Verbot des Familienfischens in der Tierschutzverordnung ausdrücklich erwähnt werden soll. Der Bundesrat hat Tier-, Rechtsstaat- und Demokratie-verachtend genau das Gegenteil getan.
30. In Artikel 93, Absatz 2, wird die tierquälerische Lebendhälterung gefangener Fische in kleinen Behältern zur Frischhaltung erlaubt - als ob es für diesen Zweck nicht schon längst Kühlboxen gäbe.
31. In Artikel 203 wird indirekt das sogenannte Catch&Release erlaubt. Darunter versteht man ein Sportfischen, bei dem die gefangenen Fische von der Angel gelöst und ins Wasser zurückgeworfen werden, weil der Fischer gar keine Fische will, sondern nur das Vergnügen an der Tierquälerei. Es ist sonnenklar und braucht kein Rechtsgutachten, dass ein solcher tierverachtender und tierquälerischer Sport krass dem Artikel 4 nTSchG widerspricht.
32. Das besonders grausame Sportfischen mit an Angelhaken aufgespiessten lebenden Köderfischen bleibt stillschweigend weiterhin erlaubt - und das, obwohl in der Erläuterung zu Art 92 ganz richtig festgehalten wird, dass Fische "sehr stressempfindliche Lebewesen" sind. Mehr über lebende Köderfische: www.vgt.ch/vn/9705/petition.htm
33. Das Bundesamt für Veterinärwesen vernachlässigt systematisch seine Oberaufsichtspflicht. Das BVet stellt zwar Informationen zum Tierschutzvollzug zur Verfügung, schreitet aber bei kantonalen Vollzugsmissständen nie ein. Dies hat bereits die GPK des Nationalrates in ihrem Bericht vom 26. August 1992 unter Ziffer 122 gerügt. Im Folgenden belegen wir die anhaltende Nachlässigkeit, welche offensichtlich politisch gewollt ist, anhand konkreter Fälle.
34. Im Januar 2002 reichte der VgT beim Bezirksamt Brugg eine Anzeige
gegen Landwirt Daniel Geissmann in Mandach ein wegen systematischer
Missachtung der Auslaufvorschrift für Kühe in Anbindehaltung. Im
Dorf war allgemein bekannt, dass die Kühe Geissmanns dauernd an der
Kette gehalten wurden, ohne Auslauf. Zeugen gab es genug in der
Nachbarschaft. Wie der Einstellungsverfügung des Bezirksamtes entnommen
werden kann, stellte der kantonale Tierschutzbeauftragte "Mängel" fest
und setzte Frist an zur Behebung, empfahl jedoch dem Bezirksamt,
"entsprechend der Praxis" keine strafrechtlichen Sanktionen zu
ergreifen. Das Bezirksamt stellte hierauf die Strafuntersuchung ein.
Diese Praxis verletzt ganz klar die Strafbestimmungen des
Tierschutzgesetzes. Dennoch wies das BVet eine Aufsichtsbeschwerde ab
mit der falschen Behauptung, der VgT hätte als Anzeigeerstatter beim
Obergericht Beschwerde gegen die Einstellungsverfügung erheben können.
Dies sei jedoch nicht erfolgt (Beilage 5). Anstatt den Fall sachlich zu überprüfen, hat das BVet einfach auf pauschale und widersprüchliche Behauptungen des Beschwerdegegners (Kanton Aargau) abgestellt. Das Departement des Innern des Kantons Aargau habe dargelegt, "dass die Überprüfung durch die Fachstelle Tierschutz zwar gewisse Mängel an den Tag gelegt hat, dass jedoch strafrechtliche Sachverhalte nicht festgestellt werden konnten." Damit legt das für den Tierschutzvollzug verantwortliche Departement des Kantons Aargau eine offensichtlich rechtswidrige Auffassung an den Tag, denn gemäss den Strafbestimmungen des Tierschutzgesetzes sind Zuwiderhandlungen gegen Tierschutzvorschriften strafrechtlich zu ahnden. Es gibt keine Tierschutzbestimmungen, gegen die straflos verstossen werden kann. Im Kanton Aargau ist es aber "Praxis", wie der Tierschutzbeauftragte offen schrieb, Tierschutzvergehen als Kavaliersdelikte anzusehen und zu tolerieren, denn es sind ja "nur Tiere", die darunter leiden. Das BVet hätte unbedingt gegen diese Verletzung der Vollzugspflicht durch den Kanton Aargau einschreiten müssen.
35. Katastrophale Kaninchenhaltung Zäch in Solothurn (www.vgt.ch/doc/SO). Im Januar 2002 reichte der VgT eine Anzeige gegen den Solothurner Kaninchenzüchter Peter Zäch ein. Der Fall war dem Veterinäramt aufgrund von Gestank-Beschwerden (Zäch mistete nur alle paar Monate) aus der Nachbarschaft schon seit Jahren bekannt. Eine Aufnahme aus dem Jahr 2002, so hielt Zäch rund 100 Kaninchen: Ein Jahr später war immer noch alles gleich. Aufnahme unten. Die Aufnahmen zeigen Kaninchen in grausamer Isolationshaft in winzigen, viel zu kleinen Kastenabteilen auf dicken Mistschichten, welche den Platz noch enger machen. Die kleinen Kastenabteile sind durch zusätzlich eingebaute Zwischenwände in winzige Abteile unterteilt, um noch mehr Tiere hineinpferchen zu können. Die ohnehin schon ungenügenden Mindestvorschriften der Tierschutzverordnung sind massiv unterschritten. Grobe Tierquälerei.
Ausführliche Fotodokumentation: www.vgt.ch/vn/0501/kaninchen-zaech.htm Am 23. August 2003 reichte der VgT der Solothurner Kantonstierärztin erneut eine Anzeige ein wegen starker Vernachlässigung der Tiere (die kleinen Kastenabteile waren zeitweise zur Hälfte mit Mist gefüllt; Trinkwasser fehlte) und wegen den krass unter den ohnehin schon zu kleinen Mindestanforderungen der Tierschutzverordnung liegenden Abmessung. Hierauf kontrollierte die Kantonstierärztin die Kaninchenhaltung Zächs persönlich und behauptete danach gegenüber dem VgT wie auch gegenüber der Solothurner Zeitung (www.vgt.ch/pressespiegel/030903A.htm), diese Tierhaltung sei tierschutzkonform, die Abmessungen wie sie auf den Aufnahmen zu sehen sind, genügten den Mindestvorschriften - eine schamlose Lüge. Hierauf erhob der VgT beim Solothurner Volkswirtschaftsdepartement Aufsichtsbeschwerde gegen die Kantonstierärztin, welche am 15. Januar 2004 von Regierungsrat Roberto Zanetti (zum Glück bald darauf vom Volk abgewählt) abgewiesen wurde. Am 11. Februar 2004 erhob der VgT beim Bundesamt für Veterinärwesen (BVet) Aufsichtsbeschwerde. Am 15. Juli 2004 wies das BVet die Beschwerde ab (Beilage 6) mit der Begründung, das Solothurner Volkswirtschaftsdepartement habe festgestellt, gemäss der im Januar 2002 durchgeführten Nachkontrolle würden die Käfigabmessungen den gesetzlichen Mindestvorschriften genügen, was durch mehrfache weitere Kontrollen bestätigt worden sei. Das BVet könne kantonale Entscheide nicht hinterfragen. Auf die aussagekräftige Fotodokumentation und die ausführliche Begründung, weshalb die Abmessungen nich den Mindestvorschriften genügten (www.vgt.ch/vn/0501/kaninchen-zaech.htm) ging das BVet nicht ein. Das stellt ein Verweigerung der Oberaufsichtspflicht durch das BVet dar, mithin eine Amtspflichtverletzung - mit der Folge, dass die KZ-artigen, katastrophalen Missstände bei Kaninchenzüchter Zäch weiter andauerten. Während die Behörden nicht reagierten, reagierten die Kaninchenzüchter, die um ihr Image fürchteten, und schlossen Zäch als Ehrenpräsident aus. Im Februar 2005 veröffentlichte der VgT den von den Behörden jahrelang ignorierten Bericht über das Zäch'sche Kaninchen-KZ (www.vgt.ch/vn/0501/kaninchen-zaech.htm) in der Zeitschrift "VgT-Nachrichten". Diese Ausgabe wurde im Kanton Solothurn in alle Briefkästen gestreut. Nun kam plötzlich Bewegung in die Sache. Während diese katastrophalen Zustände von den Solothurner Behörden, gedeckt durch das BVet, bis zu dieser Veröffentlichung stets als angeblich gesetzeskonform beurteilt wurden, liess die Kantonstierärztin Doris König nun sofort alle Kaninchen Zächs mit einer Polizeiaktion beschlagnahmen und Zächs Kaninchenhaltung damit stilllegen (www.vgt.ch/050406.htm). In einem Brief schrieb diese Heuchlerin, welche diese Missstände jahrelang geduldet hatte, mit Bezug auf die in den VgT-Nachrichten veröffentlichten Fotoaufnahmen von Zächs Kaninchen: "Ich bin mit Ihnen einig, dass hier verwerfliche Zustände abgebildet werden. Ich versichere Ihnen, dass wir in keiner Weise solche Zustände tolerieren." (www.vgt.ch/vn/0503/VN05-3, Seite 36) Es ist aus rechtsstaatlicher Sicht höchst bedenklich, dass das BVet gegen derart offensichtliche Vollzugsmissstände nicht einschreitet und dass Tierschutzorganisationen, denen in diesem Staat das Klage- und Beschwerderecht in Tierschutzsachen verweigert wird, mit grossen, aufwändigen Pressekampagnen dafür sorgen müssen, dass dem Rechtsstaat endlich zum Durchbruch verholfen wird - wenigstens in diesem einen Fall, während der amtliche Schlendrian und der Nichtvollzug des Tierschutzgesetzes überall sonst weitergeht.
36. Aus der Begründung: Für Pferde gelten in Ermangelung von spezifischen Vorschriften in der Tierschutzverordnung die folgenden Grundsatzartikel der Tierschutzgesetzgebung: - "Tiere sind so zu behandeln, dass ihren Bedürfnissen in bestmöglicher Weise Rechnung getragen wird" (Art 2 Abs 1 TSchG). - "Wer ein Tier hält, muss es angemessen nähren, pflegen und ihm soweit nötig Unterkunft gewähren" (Art 3 Abs 1 TSchG). - "Tiere sind so zu halten, dass ihre Körperfunktionen und ihr Verhalten nicht gestört werden und ihre Anpassungsfähigkeit nicht überfordert wird" (Art 1 Abs 1 TSchV). Die Richtlinien des Bundesamtes für Veterinärwesen (BVet) zur Haltung von Pferden, Ponys, Eseln, Maultieren und Mauleseln legen fest, was im Zusammenhang mit diesen Tierarten unter tiergerechter Haltung zu verstehen ist... In dieser Aufzählung wurden die folgenden für Pferde wichtigen Vorschriften "vergessen": - "Die für ein Tier notwendige Bewegungsfreiheit darf nicht dauernd oder unnötig eingeschränkt werden, wenn damit für das Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind" (Art 3 Abs 2 TSchG). Gemäss Rechtsgutachten von Prof Niggli von der Universität Freiburg (siehe www.vgt.ch/vn/0303/Gutachten-Niggli.pdf) ist als "unnötig" jede Einschränkung der Bewegungsfreiheit zu betrachten, die sich sachlich nicht rechtfertigen lässt. Sachlich gerechtfertigt wäre etwa Anbinden während medizinischen Behandlungen und der Fell- bzw Hufpflege, während der Futteraufnahme, bei Ausstellungen oder zur Übernachtung auf Wanderritten. - "Tiere dürfen nicht dauernd angebunden gehalten werden" (Art 1 Abs 3 TSchV). Die dauernde Anbindehaltung gemäss dieser Bestimmung ist nach Gutachten Niggli ganz allgemein unzulässig. Als "dauernd" hat dabei jede Anbindehaltung zu gelten, bei der für das Pferd kein anderes Haltungssystem vorhanden ist oder ein solches überhaupt nicht oder jeweils nur für kurze Zeit benutzt wird. In der Richtlinie des BVet wird die Anbindehaltung von Pferden als zwar unerwünscht, aber als in bestehenden Ställen erlaubt hingestellt: Einerseits wird unter Hinweis auf Art 3 TSchG festgehalten, die Anbindehaltung sei abzulehnen (Seite 5). Dann wird aber sofort eingeschränkt, (nur) "bei Neu- und Umbauten ist auf Stände zu verzichten" und es werden Mindestabmessungen für "Stände" (das bedeutet in der Fachsprache Anbindehaltung) angegeben. Diese widersprüchliche Darstellung wird von einigen Kantonsveterinären so ausgelegt, als sei die Anbindehaltung zwar unerwünscht, aber erlaubt, und der Verzicht sei freiwillig. Indessen kommt das Gutachten (veröffentlicht unter www.vgt.ch/vn/0303/Gutachten-Niggli.pdf) ganz klar zum Schluss, dass die Anbindehaltung nach geltendem Recht verboten ist. In Kenntnis des Gutachtens Niggli hat sich das BVet auf unsere Aufforderung hin geweigert, die Pferdehaltungs-Richtlinie dem geltenden Recht anzupassen. Das EVD hat das Gutachten Niggli völlig unbeachtet gelassen und ohne vernünftige Begründung behauptet, die Anbindehaltung von Pferden sei erlaubt, also genau das Gegenteil der klaren Schlussfolgerung im Gutachten Niggli. Die GPK ist aufgerufen, diese Beamten-Arroganz in die rechtsstaatlichen Schranken zu weisen.
Schlussbemerkungen Die dargelegten Fälle pflichtwidrigen Verhaltens des BVet sind keine Einzelfälle, sondern typische Beispiele für das Verhalten dieser Beamten. Seit der Gründung des VgT im Jahr 1989 hat der VgT dem BVet in grosser Zahl immer wieder Aufsichtsbeschwerden gegen Vollzugsmissstände eingereicht; keine einzige ist korrekt und pflichtgemäss behandelt worden. Diese Verluderung des Rechtsstaates beim Vollzug des Tierschutzgesetzes ist durch den Umstand ermöglicht worden, dass auf rechtlicher Ebene niemand die Anliegen des Tierschutzes wahr nimmt, die Tierschutzorganisationen kein Klage- und Beschwerderecht haben und das Unterlaufen des Tierschutzgesetzes durch die bundesrätliche Verordnung gerichtlich praktisch nicht überprüfbar ist. Zu gerichtlichen Überprüfungen von Tierschutzvorschriften kommt es nur, wenn Tierhalter deren Anwendung zu streng finden, also einseitig nur in Richtung Abschwächung. Da der Bundesrat nicht vom Volk gewählt werden darf, gibt es für Tierschutzorganisationen und Bürger keine rechtlichen und demokratischen Möglichkeiten, dieser Sabotierung des Tierschutzgesetzes durch den Bundesrat Einhalt zu gebieten. Die Tierschutzorganisationen werden sich zwar darum bemühen, dass das tierschutzpolitische Verhalten von National- und Ständeräten einen Einfluss auf die nächsten Wahlen haben wird. Eine direkte Wirkung auf die Tierschutzverordnung kann damit aber nicht erreicht werden. Die ganze Hoffnung und Verantwortung, im Bereich Tierschutz rechtsstaatliche Verhältnisse herzustellen, liegt deshalb bei der Geschäftsprüfungskommission. Wir legen Ihnen deshalb die wichtigsten Punkte dar, die unbedingt korrigiert werden müssten - und dies, bevor die revidierte Tierschutzverordnung nächstes Jahr in Kraft gesetzt wird, weil dann ein Status Quo geschaffen wird, an dem über Jahre und Jahrzehnte kaum mehr Wesentliches verbessert werden kann. Wir ersuchen deshalb die Mitglieder der Geschäftsprüfungskommission, den Bundesrat dazu anzuhalten, bei der Revision der Tierschutzverordnung die rechtsstaatlichen Prinzipien und die wissenschaftlichen Tatsachen zu beachten und sich nicht von sachfremden Motiven und politischem Druck lenken zu lassen, insbesondere in den dargelegten Bereichen, wo der Revisionsentwurf offensichtlich gesetzwidrig und sachlich falsch ist. Mit freundlichen Grüssen Beilagen: 1. Stellungnahme des Schweizer Tierschutzes STS zu den LOSPA-Böden
(zu Ziffer 9) Im Unrechtsstaat
Schweiz kommt Politik vor Recht: Verantwortlich für diese nichtssagende, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit heuchelnde Blabla-Antwort sind folgende Ständeräte: Anita
Fetz, SP, BS |