VN2002-1/ 13.3.2001 / 4.7.2001

Schweinestall der Käsereigenossenschaft Wildberg:

Der Zürcher Tierschutzverhinderungs-Filz deckt Tierquäler und bestraft Tierschützer

 

Am 17. Januar 2001 hat der VgT Strafanzeige gegen den Käser und Schweinemäster der Milchgenossenschaft Wildberg ZH, Gottlieb Thönen, erhoben, weil dieser im tiefsten Winter ein krankes, gehunfähgies Schwein im nichtisolierten Kaltstall in den Stallgang ohne Strohbett auf den Zementboden legte und tagelang leiden liess, ohne es, wie es das Tierschutzgesetz vorschreibt, tierärztlich behandeln zu lassen oder zu euthanasieren.

Am 27. Februar stellte die Bezirksanwaltschaft Pfäffikon, vertreten durch Bezirksanwalt D Bigler, die Untersuchung gegen den Käser ein verurteilte statt dessen VgT-Präsident Erwin Kessler wegen angeblich leichtfertiger Anzeige zu einer Genugtuung von 300 Fr an den angezeigten Käser, weil dieser unter der Presseveröffentlichung über den Fall "schwer gelitten" habe. Erwin Kessler hat am 13. März 2001 beim Bezirksgericht Pfäffikon Rekurs gegen diese Willkürverfügung erhoben:

Hiermit verlange ich gerichtliche Beurteilung des Kosten- und Entschädigungsentscheides der Bezirksanwaltschaft Pfäffikon vom 27. Februar 2001 in der Strafsache gegen Gottlieb Thönen, Käsermeister, 8321 Wildberg.

Begründung:

Im angefochtenen Entscheid werde ich als Anzeigeerstatter zu einer Genugtuung von 300.- Fr zu Gunsten des Angezeigten verurteilt, weil ich in den Medien über den Fall berichtet habe. Für einen solchen Eingriff in die Meinungsäusserungs- und Pressefreiheit fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage.

Die Genugtuung ist aber auch materiell haltlos, da die Vorhalte in der Anzeige durch die Untersuchung keineswegs widerlegt worden sind und darum nicht leichtfertig, sondern begründet waren.

Gegenstand der Anzeige waren Feststellungen im Betrieb des Angezeigten in der Nacht auf den 16. Januar 2001, wonach der Angezeigte in zweierlei Hinsicht gegen das Tierschutzgesetz verstossen hat:

1. Ein in den Stallgang gelegtes, schwerkrankes Tier wurde weder angemessen untergebracht und tierärztlich behandelt noch unverzüglich getötet. Dieser Vorhalt wird durch das Ergebnis der Untersuchung vollumfänglich bestätigt: In der Einvernahme gab der Angezeigte zu, das gehunfähige, schwerkranke Tier mit gelähmtem hinterem Körperteil am 14. Januar frühmorgens entdeckt zu haben, es nicht tierärztlich behandelt und erst am 16. Januar abends getötet zu haben. Seine Behauptung, das Tier habe in diesem Zustand nicht gelitten, ist eine reine Schutzbehauptung oder zeugt von einer unglaublichen Dummheit und seelischen Blindheit. Ein hoffnungslos schwer krankes Tier erst nach zweieinhalb Tage zu töten verstösst krass gegen Artikel 3 Absatz 3 der Tierschutzverordnung. Die Einstellungsverfügung ist in willkürlich.

Das schwerkranke Tier im Stall des Angzeigten (Aufnahme VgT):

ZH71-wildberg-XXS15.JPG (59149 Byte)

2. Der Angezeigte hält seine Tiere in einem nicht wärmeisolierten Stall, einem sog "Kaltstall", der im Winter ein Strohbett erfordert, auf dem sich die Tiere das zum Schlafen nötige Mikroklima schaffen können. In der Nacht auf den 16. Januar hatte es nicht einmal bodenbedeckende Einstreu, nur spärliche Strohreste, welche keinen temperaturregulierenden Effekt haben konnten:

ZH71-wildberg-XXS22.JPG (116493 Byte)

Wie diese Aufnahme vom 16. Januar zeigt, lagen die Tiere praktisch auf dem nackten Boden.  Während der gesamten Untersuchung hatte ich keine Gelegenheit, mich zu den Schutzbehauptungen des Angezeigten und zu den erhobenen Beweisen zu äussern und Gegenbeweise zu beantragen (Fotos, Zeugen, Gutachten). Von der Einstellungsverfügung erfuhr ich erst nach eingetretener Rechtskraft.

Die Betriebskontrolle durch die Kapo wurde erst am 22. Januar durchgeführt, also mehrere Tage nachdem der Angezeigte nach eigenen Angaben über Medienleute von der Anzeige erfahren hatte. Er hatte damit reichlich Zeit, im Hinblick auf eine Kontrolle die Einstreu zu verbessern. Die von der Kapo erst am 22. Januar gemachten Aufnahmen der Einstreu sind deshalb nicht repräsentativ und nicht geeignet, die der Anzeige zugrundeliegenden Feststellungen in der Nacht auf den 16. Januar zu widerlegen. Obwohl ich im Hinblick auf das sterbende Tier am 17. Januar in meinem Fax an die Bezirksanwaltschaft einen unverzüglichen Polizeieinsatz beantragte, haben die Ermittlungsbehörden den Betrieb erst nach fünf Tagen inspiziert. Der verantwortliche Beamte, FW Heller, hat schon früher mit einem tendenziösen, tatsachen-verschleiernden Rapport einen klar fehlbaren Tierhalter gedeckt (www.vgt.ch/vn/9703/kz1.htm).

Gemäss Akten hat die Temperaturmessung der Kapo eine Stalltemperatur von 10 Grad ergeben bei einer Aussentemperatur von -1 Grad. Bei sehr kaltem Wetter ist in diesem nicht wärmeisolierten Stall mit entsprechend tieferen Temperaturen bis gegen den Gefrierpunkt zu rechnen. Ein Strohbett ist unter solchen Umständen unerlässlich. Die Bezirksanwaltschaft hat diesen Vorhalt nicht untersucht, stattdessen einseitig auf die Schutzbehauptungen des Angezeigten abgestellt und diese weder durch ein unabhängiges Gutachten überprüft noch mir Gelegenheit zur einer Stellungnahme gegeben.  Gemäss Auskunft der Eidg Forschungsanstalt in Tönikon (Herr Weber) liegt die kritische Temperatur bei etwa 9 Grad. Bei Gruppenhaltung, wo die Tiere zum Schlafen eng zusammenliegen können, ist unterhalb von 9 Grad zumindest eine gut bodenbedeckende Einstreu erforderlich.

Das fehlende Strohnest stellte insbesondere für das allein im Stallgang liegende, schwerkranke und darum besonders wärmebedürftige Tier, das sich weder durch Bewegung noch durch Gruppenkontakt mit Artgenossen vor der Kälte schützen konnte, eine Vernachlässigung der gesetzlichen Pflicht, für das Wohlbefinden der Tiere zu sorgen, dar (Tierschutzgesetz Artikel 2 Absatz 2; Tierschutzverordnung Artikel 3 Absatz 3).

Die Rapporte der Label-Kontrolleure des STS sagen ebenfalls nichts aus über die Einstreu in der Nacht auf den 16. Januar. Hingegen ist aus früheren Fällen bekannt, dass gerade hinsichtlich Einstreu nicht auf diese Kontrolleure abgestellt werden kann. Dies geht aus einer "Kassensturz"-Sendung des Schweizer Fernsehens vom 15.2.00 hervor. Sowohl vor wie auch nach dieser Sendung hat der VgT immer wieder Coop-Naturaplan-Schweineställe aufgedeckt, in denen die bodenbedeckende Einstreu gemäss Naturaplan-Vorschriften trotz Kontrollen durch den STS fehlte, was belegt, dass diese Kontrolleure schon wenige Strohhalme als genügend erachten (www.vgt.ch/vn/0004/bern.htm, www.vgt.ch/news/001117.htm, www.vgt.ch/pressespiegel/010301-2.pdf). Darum fehlt etwas in jedem zweiten Naturaplan-Schweinebetrieb die Einstreu. Die Rapporte der Kontrolleure sagen deshalb wenig über die tatsächlich vorhandene Einstreu. Zudem haben diese Kontrolleure ein  unmittelbares Eigeninteresse am Vertuschen von Missständen, für die sie mit ihren largen Kontrollen mitverantwortlich sind.

Die Einstellung der Untersuchung gegen den angezeigten Tierhalter und die Zusprechung einer Genugtuung erfolgte aufgrund einer schlechthin unhaltbaren, willkürlichen Beweiswürdigung. Dem Anzeigeerstatter wurden ohne Anhürung Kosten überbunden. Dies verletzt das Grundrecht auf rechtliches Gehör. Es ist auch Ausdruck dafür, dass es bei der Bezirksanwaltschaft am Wille zu einer objektiven Untersuchung der Anzeige fehlte.

Mit freundlichen Grüssen
Erwin Kessler, Präsident VgT

 

Anmerkung:

Der kantonale Anwalt für Tierschutz-Strafsachen, Dr Raess, hat diese tierschutzfeindliche Willkürverfügung der Bezirksanwaltschaft Pfäffikon wie üblich abgesegnet. Dieser Tierschutzanwalt erhielt seinen Posten durch intrigante Machenschaften des Zürcher Tierschutzfilzes und hat offensichtlich nur die Aufgabe, allein durch seine Existenz den Eindruck zu erwecken, es werde etwas getan und der Tierschutzvollzug im Kanton Zürich sei fortschrittlich. In Tat und Wahrheit ist das Gegenteil der Fall, wie der VgT immer wieder aufdeckt. Siehe zum Beispiel www.vgt.ch/vn/zuercher_tierschutzverhinderung.htm,   www.vgt.ch/vn/9902/vn99-2.htm und www.vgt.ch/vn/9903/tier-kz.htm

 

VgT-Erfolg: Gericht korrigiert den skandalösen Entscheid der Bezirksanwaltschaft

Um es vorwegzunehmen: der Gerichtspräsident des Bezirksgerichtes Pfäffikon, P Schneeberger, konnte nur noch die ungerechte Kostenauflage gegenüber dem VgT korrigieren. Der Entscheid bestätigt ausdrücklich, was VgT-Präsident Erwin Kessler in seinem Rekurs geltend machte, nämlich dass

- die Anzeige des VgT bezüglich des kranken Schweines durch protokollierte Aussagen des angezeigten Käsers bestätigt worden seien (trotzdem stellte Bezirksanwalt Bigler die Untersuchung ein!),

- die Verpflichtung zur Bezahlung einer Genugtuung rechtswidrig ohne gesetzliche Grundlage und ohne sachlich ausreichende Begründung erfolgte.

An der skandalösen Einstellung der Strafuntersuchung gegen den Wildberger Schweinemäster konnte er hingegen aus formellrechtlichen Gründen, weil der VgT diesbezüglich nicht beschwerdelegitimiert ist, nichts mehr ändern.

 

Frühere Berichte zum Fall der Schweinefabrik Wildberg:

 

Anmerkung:
Käsermeister Gottlieb Thönen ist in der Zwischenzeit von Wildberg weggezogen und betreibt nun die Käserei in Wängi TG. Schweine hat er keine mehr. Gott sei Dank!


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