Grosser Erfolg des VgT vor dem Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte (EGMR):
Zensur eines Werbespots
für vegetarische Ernährung
16 Jahre lang, von 1994 bis
2010, zensuriert das Schweizer Staats-Fernsehen - mit dem Segen von Bundesrat
Moritz Leuenberger, Alt-Bundesrat Blocher und dem Bundesgericht - einen Fernsehspot des VgT mit
einem Aufruf zum weniger Fleisch essen, während dauernd Werbespots für
"Schweizer Fleisch" gesendet werden. Die Schweiz wurde deshalb vom
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zweimal verurteilt, dann auch
noch von der Grossen Kammer des EGMR. Diese EGMR-Urteile werden heute in der
Schweizer Rechtsliteratur häufig zitiert und an den Universitäten den
Rechtsstudenten doziert - von den Schweizer Medien weitgehend totgeschwiegen.
www.vgt.ch - was andere Medien totschweigen.
Den zensurierten Werbespot
ansehen
Übersicht
Erstes Verfahren
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
hiess am 28. Juni 2001 die Beschwerde des VgT gegen die Zensur seines Werbespots
für vegetarische Ernährung gut. Die Zensur hat die Meinungsäusserungsfreiheit
verletzt. Dem VgT wurde eine Entschädigung von Fr 20'000 zugesprochen. Das Urteil
wurde einstimmig gefasst, einschliesslich des Vertreters der Schweiz, Professor Luzius Wildhaber,
der damals als Präsident des Gerichtshofes amtete.
Zensurierter Werbespot
Urteil
des EGMR vom 8. Juni 2001
Bericht dazu in
"Schweiz-Aktuell"
Erläuterungen zum ersten
Verfahren
Zweites Verfahren
Trotz diesem EGMR-Urteil weigerte sich das Schweizer Fernsehen weiterhin, den Spot auszustrahlen,
sowohl in der alten Form wie auch ergänzt durch einen Vorspann, in welchem auf
die Zensur und das Urteil des EGMR hingewiesen wurde. Diese erneute,
menschenrechtsverletzende Zensur wurde vom Bundesgericht erneut gedeckt (BGE
2A.526/2001)! Am 25. Juli 2002
erhob der VgT deshalb beim EGMR nochmals Beschwerde gegen die Schweiz und bekam erneut
Recht.
Der zweite zensurierte Spot
Die zweite Beschwerde
Das zweite Urteil des EGMR vom 4.
Oktober 2007
Erläuterungen zum zweiten Verfahren
Bundesräte Moritz Leuenberger und
Christoph Blocher: politisch gegensätzlich, aber beim menschenrechtswidrigen
Zensurieren gleich
Die Schweiz zog den Entscheid des EGMR vom 4. Oktober 2007
an die Grosse Kammer des EGMR weiter:
Schriftliche Stellungnahme
des VgT vor der Grossen Kammer des EGMR
Plädoyer von Dr Erwin Kessler
am öffentlichen Hearing vor der Grossen Kammer des EGMR am 9. Juli 2008
Sachverhalt nicht richtig
dargestellt, plädoyer (juristische Fachzeitschrift), 8.10.08
Mit Urteil der Grossen Kammer
des EGMR vom 30. Juni 2009 erhielt der VgT erneut recht
Pressemitteilung des EGMR zum
Urteil
Gutheissung des zweiten Revisionsgesuches des VgT durch das Bundesgericht:
Das Bundesgericht hebt seine beiden Urteile auf. Anweisung an das Schweizer
Fernsehen, den Werbespot nun endlich zu senden.
https://www.humanrights.ch/de/menschenrechte-schweiz/egmr/ch-faelle/verein-tierfabriken-schweiz
Die anderen Beschwerden
des VgT gegen die Schweiz vor dem EGMR
*
Ausführlicher Bericht
Erstes Verfahren
Im Januar 1994 wollte der VgT im Schweizer Fernsehen einen Werbespot ausstrahlen
lassen mit folgendem Sprechtext:
Haben Sie gewusst, dass ein Hausschwein im Freien
instinktiv ein Nest baut? Unser Hausschwein ist intelligent, bewegungsfreudig, und hat
einen ausgeprägten Familiensinn. In der Schweiz leben die meisten Schweine unter
KZ-ähnlichen Bedingungen in Intensivhaltung. Eingesperrt auf engstem Raum und zur
Bewegungslosigkeit gezwungen, verbringen die Tiere ihr ganzes Leben vollgestopft mit
Medikamenten und chemischen Futterzusätzen. Essen Sie weniger Fleisch - Ihrer Gesundheit,
den Tieren und der Umwelt zuliebe.
Dazu wurden Aufnahmen von Schweinen im Freiland und in der Intensivhaltung
gezeigt.
Der Spot wurde vom Schweizer Fernsehen abgelehnt mit der
Begründung, er sei "politisch". Dagegen liess das Schweizer Fernsehen Werbespots der Atomlobby zu
und regelmässig auch Fleisch-Werbung. Der Spot des VgT für vegetarische
Ernährung wurde hingegen als "verbotene politische Werbung" abgelehnt. Bundesrat
Moritz Leuenberger hat diese Zensur in einem von ihm persönlich unterzeichneten
Entscheid seines Departementes gedeckt.
Die folgenden Bundesrichter haben diese
Zensur einstimmig gedeckt (2A.330/1996
[BGE
123 II 402] vom 20. August 1997):
Alain Wurzburger Betschart Adrian Hungerbühler (FDP)
Robert Müller (CVP) Hartmann
Bundesrat Moritz Leuenberger deckte später auch die Post-Zensur der VgT-Nachrichten und
behauptete, diese sei rechtmässig. Gleichzeitig heuchelte er in einem Antwortschreiben an
ein VgT-Mitglied "Zensur ist mir ein Gräuel." Der VgT musste sich bis vor
Bundesgericht
gegen diese Postzensur wehren und erhielt Recht, weil sonst ein erneuter Sieg
vor dem EGMR zu erwarten gewesen wäre (siehe Postzensur-Prozess).
Beschwerde vom 13. Juli 1994 an den Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg
Hiermit erheben wir
Beschwerde gegen die Schweiz
wegen
Verletzung der Artikel 10, 13 und 14 der Europäischen
Menschenrechtskonvention (EMRK)
mit den Anträgen:
1. Es sei festzustellen, dass die Schweiz gegenüber dem Beschwerdeführer die
Artikel 10, 13 und 14 verletzt hat.
2. Die Schweiz sei zu einer noch zu bestimmenden Entschädigung des
Beschwerdeführers für Kosten und Auslagen zu verurteilen.
Auszug aus der Begründung :
Fernsehwerbung für den Konsum von Fleisch: Die Fleischwirtschaft hat in den
vergangenen Jahren regelmässig Werbespots für "Schweizer Fleisch" ausstrahlen
lassen.
Tierschutz-Werbespot zum weniger Fleisch-Essen: Der einseitigen Werbung für
Fleisch wollte der VgT einen Spot entgegensetzen, in welchem auf die tierquälerische
Nutztierhaltung aufmerksam gemacht und zum weniger Fleischessen aufgerufen wird.
EMRK Art 10 - Freiheit der Äusserung (MeinungsÄusserungs- und
Informationsfreiheit): Artikel 10 Absatz 1, allgemeiner Teil, will den Kampf der Ideen in
den demokratischen Gesellschaften garantieren. Diese Garantie gilt aufgrund des
EGMR-Urteils in Sachen MANDYSIDE gegen Grossbritannien vom 7. Dezember 1976 (EuGRZ 1977,
38)
"nicht nur für die günstig aufgenommenen oder als unschädlich oder
unwichtig angesehenen Informationen oder Gedanken, sondern auch für die, welche den Staat
oder irgendeinen Bevölkerungsteil verletzen, schockieren oder beunruhigen. So wollen es
Pluralismus, Toleranz und Aufgeschlossenheit, ohne die es eine demokratische Gesellschaft
nicht gibt. Daraus folgt insbesondere, dass jede Formvorschrift, Bedingungen,
Einschränkung oder Strafdrohung in angemessenem Verhältnis zum verfolgten berechtigten
Ziel stehen muss."
Dazu gehört ohne Zweifel auch der Kampf um bessere Verhältnisse in der Beziehung
zwischen Mensch und Tier - eine Beziehung, die auch eine menschenrechtliche Komponente
aufweist, sieht doch das Europäische Übereinkommen über Tiertransporte für den Fall,
dass sich die Vertragsstaaten für die Beurteilung von Differenzen nicht auf
Schiedsrichter einigen können, vor, dass diese vom Präsidenten des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte bezeichnet werden. Ferner widmet sich der Europarat
selbst dem Schutz der Tiere und hat dazu das "Europäische Übereinkommen zum Schutz
von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen" erlassen.
Artikel 10 Absatz 1 ermächtigt die Vertragsstaaten, unter anderem
Rundfunkbetriebe einer besonderen Regelung zu unterstellen. Diese Regelung ist allerdings
lediglich unter dem Gesichtspunkt der Knappheit der Frequenzen getroffen worden, und es
erwächst den Staaten daraus kein Recht, die Äusserungsfreiheit im Rundfunk aus anderen
Gründen zu beschneiden, als dies Absatz 2 von Artikel 10 zulässt. Im wesentlichen sind
dies folgende Voraussetzungen:
- die Einschränkung muss auf Gesetz beruhen;
- die Einschränkung muss im Interesse eines bestimmten "Polizeigutes"
erfolgen, nämlich der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der
öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung,
des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte
anderer;
- der Eingriff muss in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein; der Begriff
der Notwendigkeit meint, dass es dafür ein zwingendes gesellschaftliches Bedürfnis
("a pressing social need", wie sich der Gerichtshof ausgedrückt hatte) braucht.
Damit will Art. 10 Abs 1 EMRK insbesondere jegliche staatliche Zensur vermeiden, also
Eingriffe des Staates in die Freiheit der Einzelnen, sich insbesondere auch öffentlich
und im Rahmen von Kontroversen zu äussern.
EMRK Art 14 - Verbot der Diskriminierung: Dieser Artikel will
jegliche Diskriminierung im Zusammenhang mit den in der EMRK festgelegten Rechte
verhindern.
Beeinträchtigung der Äusserungsfreiheit des Beschwerdeführers :
Die Schweiz hat den Verkauf von Werbe-Sendezeit im Rahmen der Werbeblöcke für
sämtliche gesamtschweizerischen Fernsehprogramme aufgrund des gesetzlichen Monopols des
Staates konzessionsweise einer privaten Gesellschaft, der AG für das Werbefernsehen
(AGW), übertragen. Die entsprechenden Konzessionsbestimmungen schliessen neben der
kommerziellen ideelle Werbung, beispielsweise zugunsten von Tierschutzpostulaten, nicht
generell aus; unzulässig ist im ideellen Bereich lediglich religiöse und politische
Werbung.
Nach Irene Laeuchli Bosshard, "Die Meinungsäusserungsfreiheit gemäss Art 10
EMRK unter Berücksichtigung der neueren Entscheide und der neuen Medien", Verlag
Peter Lang, 1990, ist ein Staat, der das Fernsehen durch ein Genehmigungssystem
einschränkt, zu einer besonders sorgfältigen Aufsicht über Verletzungen der
Meinungsäusserungsfreiheit verpflichtet.
Seite 59 heisst es:
In einem schwedischen Fall (No 9297/81, D.R. 28, 204, Entscheid vom 1.3.1982)
stellt die EKMR fest, dass Art 10 Abs 1 Satz 3 bedeutet, dass die in Art 10 geschützte
Meinungsäusserungs- und Informationsfreiheit aus praktischen Gründen mehr eingeschränkt
ist in einem Staat, der die Genehmigung für Radio und Fernsehen verlange. Es müsse
jedoch festgehalten werden, dass ein Staat, der ein Genehmigungsverfahren einrichte,
spezielle Pflichten habe, um sicherzustellen, dass die Rechte unter Art 10 geschützt
bleiben.
Nach Leo Schürmann/Peter Nobel, "Medienrecht" (Verlag Stämpfli Bern,
1993), sollen in einem demokratischen Staat
alle Gruppen gleiche Chancen haben, ihre Bedürfnisse und Interessen zu
artikulieren und darzustellen. Minderheiten müssen dabei in gewissem Masse bevorzugt
werden, damit sie überhaupt zu Worte kommen können (Seite 82).
Radio und Fernsehen haben sodann die Vielfalt der Ansichten angemessen zum
Ausdruck zu bringen. Dieses Erfordernis ist erfüllt, wenn nicht einseitig, parteiisch
ausgewählt wird (Seite 88).
Auch ausserstaatliche Gruppen können Radio und Fernsehen einseitig beeinflussen.
Unabhängigkeit von Radio und Fernsehen bedeutet zugleich auch Unabhängigkeit gegenüber
Dritten, also gegenüber irgendwelchen Macht- oder Interessengruppen. Diese
Unabhängigkeit zu gewährleisten ist wiederum Sache des Staates (Seite 89).
Diese Zitate mögen sich auf die von den Fernsehveranstaltern produzierten
Programme beziehen. Die gleichen Prinzipien müssen jedoch erst recht gelten, wo Sendezeit
im Rahmen von "Werbung" bezahlt wird, damit Gruppierungen, welche im
Programmteil zu wenig zu Worte kommen, wenigstens im Werbeblock eine faire Chance haben. Eine
echte Chancengleichheit gegenüber den wirtschaftlich Mächtigen, zB der Fleischlobby,
besteht ja schon aus finanziellen Gründen nicht. Um so weniger ist eine einseitige inhaltliche
Zensur der Werbesendungen von Minderheitsgruppierungen mit der Meinungsäusserungsfreiheit
vereinbar.
Fehlen einer Notwendigkeit in einer demokratischen Gesellschaft: Für den Eingriff
bestand auch keinerlei Notwendigkeit in einer demokratischen Gesellschaft; ganz im
Gegenteil. In einer demokratischen Gesellschaft, welche eine Haltung von Tieren duldet,
die der Würde der Kreatur widerspricht, besteht eine ausgesprochene Notwendigkeit der
Auseinandersetzung über diese Art der Ausbeutung von Mitgeschöpfen, auch und gerade in
Werbeblöcken zwischen Fernsehsendungen, in welchen für Fleischkonsum geworben wird.
Diskriminierung des Beschwerdeführers: Der Beschwerdeführer fühlt sich durch
die Behandlung, welche er von der in staatlichem Auftrag bzw unter staatlicher Aufsicht
handelnden AGW und von der dafür eingesetzten Bundesbehörde, dem Bundesamt für
Kommunikation (BAKOM), erfahren hat, diskriminiert gegenüber der Fleischwirtschaft,
welcher es regelmässig gestattet worden ist, für die Steigerung des Fleischabsatzes in
Fernseh-Werbeblöcken beim Publikum zu werben. Damit wird eine Werbung für Produkte
zugelassen, die in allzu häufigen Fällen nur unter Verletzung von Tierschutzvorschriften
nationaler und internationaler Gesetzgeber erzeugt werden. Wenn es dem Beschwerdeführer
unmöglich gemacht wird, dadurch in der beabsichtigten Art seinerseits eine Gegenwerbung
an gleicher Stelle zu plazieren, erblickt er darin eine Diskriminierung aufgrund seiner
von der Fleischwirtschaft abweichenden Anschauung. Dafür ist die Schweiz völkerrechtlich
verantwortlich.
Rechtsanwalt Ludwig A Minelli, Vertreter des VgT
Urteil des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte vom 28. Juni 2001:
Das
Urteil im vollen Wortlaut (englisch)
Deutsche Zusammenfassung der wichtigsten Feststellungen im Urteil:
Der Gerichtshof heisst die Beschwerde des VgT gegen die Schweiz im
Hauptpunkt einstimmig gut und stellt fest, dass die Zensur des fraglichen
TV-Spots die Meinungsäusserungsfreiheit verletzt hat. Dem VgT wurde eine Entschädigung
von Fr 20'000 zugesprochen, welche von der Schweiz zu bezahlen ist. Verlangt wurde vom VgT
eine Entschädigung von Fr 22'694.80. Die leichte Kürzung der Forderung begründet der
Gerichtshof damit, dass die Beschwerde in Nebenpunkten nicht gutgeheissen wurde
Wörtliche Übersetzung der Schlüsselstellen im Urteil:
66. Der Gerichtshof ruft in Erinnerung, dass die
Meinungsäusserungsfreiheit eine der wesentlichen Grundlagen einer demokratischen
Gesellschaft und eine Grundvoraussetzung für deren Fortschritt und die individuelle
Selbstverwirklichung darstellt. Gemäss Artikel 2 Absatz 10 der Europäischen
Menschenrechtskonvention gilt die Meinungsäusserungsfreiheit nicht nur für Informationen
oder Ideen, die gerne gehört oder als nichtoffensiv oder indifferent angesehen werden,
sondern auch für solche, welche angreifen, schockieren und stören. Das verlangen
Pluralismus, Toleranz und offener Geist, ohne die es keine demokratische Gesellschaft
geben kann. Artikel 10 sieht Ausnahmen von der Meinungsäusserungsfreiheit vor. Solche
Ausnahmen müssen jedoch streng ausgelegt werden und die Notwendigkeit für jede
Einschränkung muss überzeugend dargelegt werden, vor allem wenn es der Natur nach um
politische, nicht um kommerzielle Äusserungen geht.
75. Es wurde [von den nationalen Instanzen] nicht behauptet, der VgT sei
eine mächtige Finanz-Gruppierung, welche mit der TV-Werbung versucht habe, die
Unabhängigkeit des Fernsehens zu gefährden, die öffentliche Meinung unzulässig zu
beeinflussen oder das Chancen-Gleichgewicht der verschiedenen Kräfte der Gesellschaft zu
gefährden. In der Tat versuchte der VgT mit dem Spot nicht einen Wettbewerbsvorteil zu
missbrauchen, sondern an einer laufenden allgemeinen Auseinandersetzung
über Tierschutz
und Tierhaltung teilzunehmen. Der Gerichtshof schliesst nicht aus, dass ein Verbot
politischer Werbung in gewissen Situationen vereinbar sein kann mit der
Meinungsäusserungsfreiheit, jedoch müssen die Gründe wichtig und ausreichend sein im
Hinblick auf Artikel 10 der Konvention. Im vorliegenden Fall diskutierte das Bundesgericht
in seinem Urteil vom 20. August 1997 ausführlich die allgemeinen Rechtfertigungsgründe
für ein Verbot politischer Werbung. Nach Auffassung des Gerichtshofes haben die
nationalen Instanzen jedoch nicht in hinreichender Weise dargelegt, inwiefern diese
allgemeinen Gründe das Verbot im vorliegenden konkreten Fall rechtfertigen.
76. Die nationalen Behörden gaben nicht konkrete, einzelne Sequenzen oder
Worte aus dem Spot als Grund für die Zurückweisung an. Es ist deshalb unerheblich, dass
einige Bilder und Worte als provokativ oder unangenehm aufgefasst werden könnten.
Zweites Verfahren
So funktionieren der Unrechtsstaat und seine regimehörigen Medien:
Desinformation der Thurgauer Zeitung zur
Fernsehspot-Zensur
Am 1. Dezember 2001 hat der VgT den Medien folgendes mitgeteilt:
Kürzlich hat der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte die Schweiz wegen Zensur eines Tierschutz-Fernsehspots des VgT verurteilt
(www.vgt.ch/justizwillkuer/tvspot-zensur).
Die Verurteilung erfolgte einstimmig, einschliesslich der Stimme des Schweizer Vertreters,
Prof Wildhaber, der auch Präsident des Gerichtshofes ist. Die Schweiz musste dem VgT Fr
20 000.- Entschädigung bezahlen.
Nun wollte der VgT diesen Spot ausstrahlen lassen, mit
folgendem Text-Vorspann:
Dieser Werbespot wurde vom Schweizer Fernsehen zensuriert.
Bundesrat Leuenberger und das Bundesgericht haben diese Zensur abgesegnet. Der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Schweiz wegen Verletzung der
Meinungsäusserungsfreiheit verurteilt und zu einer Entschädigung an den VgT von 20 000
Fr verpflichtet.
Die vom Schweizer Fernsehen
lizenzierte Werbespot-Vermarktungsfirma "publisuisse" hat es mit Schreiben vom
30.11.2001 abgelehnt, diesen Spot zu senden. Sauer aufgestossen ist die
Bekanntgabe, dass das Schweizer Fernsehen und Bundesrat Leuenberger für diese
Zensur verantwortlich sind. Wörtlich heisst es in der Ablehnung: "Wie bereits
telefonisch erklärt, können wir und möchten wir nicht zulassen, dass die SRG SSR
idée suisse in einem Werbespot, welcher von einer ihrer Unternehmenseinheit
auszustrahlen ist, beschuldigt wird". Im Bewusstsein, dass dieses Argument vor
dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht Bestand haben wird,
schiebt die publisuisse als weiteren Grund vor, der Werbespot verstosse gegen
das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb, weil die darin angeprangerten
Zustände in der Schweinehaltung heute angeblich nicht mehr zutreffend seien.
Damit macht publisuisse genau das, was verboten ist: Vorzensur durch Organe der
staatlichen Verwaltung.
Am 6. Dezember
2001 erschien in der Thurgauer
Zeitung eine verstümmelte SDA-Meldung. Darin wird der Hauptgrund der Zensur - die
Erwähnung der Zensur durch das Schweizer Fernsehen und Bundesrat Leuenberger im Vorspann
- vollständig unterdrückt. Die verkürzte Meldung besteht aus einer hundertprozentigen
Wiedergabe ausschliesslich der Darstellung der publisuisse, das Bundesamt für
Veterinärwesen habe den Spot als veraltet beurteilt. Der nachweisliche Hauptgrund - Unterdrückung der
Bekanntgabe der vom Europäischen Menschenrechtsgerichtshof festgestellten
menschenrechtswidrigen Zensur durch das Schweizerfernsehen und Bundesrat Leuenberger
- wurde veschwiegen. Das ist
typisches Verhalten der Thurgauer Zeitung.
Willkürjustiz durch das
Bundesgericht als Instrument der Politik
Das Bundesgericht hat sich auf Gesuch
des VgT hin geweigert, sein Fehlurteil vom 20. August 1997 zu revidieren und dem EGMR-Urteil
anzupassen. Verantwortlich für diesen politischen Willkür-Entscheid
(Urteil 2A.526/2001 vom 29.
April 2002) sind die folgenden
Bundesrichter:
Alain Wurzburger
Betschart Adrian Hungerbühler (FDP)
Robert Müller (CVP) Thomas Merkli (GPS)
Die ersten vier dieser fünf
Bundesrichter waren schon am ersten menschenrechtswidrigen Fehlurteil vom 20. August 1997 beteiligt!
Mehr zur ständigen politischen Willkürjustiz des
Bundesgerichts: www.vgt.ch/justizwillkuer
Zweite Beschwerde an den
Menschenrechts-Gerichtshof vom 25. Juli 2002:
Zusammenfassung:
Mit Urteil vom 28. Juni 2001 (Application no 24699/94) verurteilte der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Schweiz wegen der
Zensur des Tierschutz-Werbespots des Beschwerdeführers (BF) und stellte
einstimmig fest, dass die Zensur die Meinungsäusserungsfreiheit gemäss
Artikel 10 EMRK verletzt habe. Weil das Schweizer Staatsfernsehen den Spot
nach diesem Urteil weiterhin ablehnt, hat der VgT beim Bundesgericht ein
Gesuch um Revision des entsprechenden Bundesgerichtsurteiles vom 20. August
1997 gestellt. Das Bundesgericht hat das Revisionsgesuch abgewiesen und
festgestellt, der VgT müsse sich gegen die vom Schweizer Fernsehen neu
vorgebrachte Rechtfertigung der Zensur in einem neuen Verfahren wehren. Der
VgT sieht darin eine erneute Verletzung der Informationsfreiheit gemäss
Artikel 10 EMRK.
Sachverhalt:
Der VgT ist eine gemeinnützige Vereinigung. Gemeinnützige Vereinigungen
erhalten beim Schweizer Fernsehen einen Werbespot-Rabatt von 50%. Nach der
Gutheissung der Beschwerde durch den EGMR gelangte der BF am 31. Oktober
2001 an die Publisuisse SA (eine vom Schweizer Fernsehen beherrschte
Gesellschaft, der die Vermarktung der Fernsehwerbung übertragen ist) und
ersuchte um Visionierung des - durch einen Text-Vorspann ergänzten - Spots
und um Gewährung des Gemeinnützigkeitsrabattes. Der Vorspann bestand aus
folgendem Text vor dem Beginn des ursprünglichen Spots:
"Dieser Werbespot wurde vom Schweizer Fernsehen zensuriert. Bundesrat
Leuenberger und das Bundesgericht haben diese Zensur abgesegnet. Der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Schweiz wegen
Verletzung der Meinungsäusserungsfreiheit verurteilt und zu einer
Entschädigung an den VgT von 20'000 Franken verpflichtet."
Am 15. November 2001 teilte die Publisuisse SA, vertreten durch Othmar
Stadelmann, dem BF telefonisch mit, dass der Gemeinnützigkeitsrabatt gewährt
würde, wenn im Vorspann Bundesrat Leuenberger nicht erwähnt werde.
(Das Schweizer Fernsehen untersteht dem Departement von Bundesrat
Leuenberger.) Mit Schreiben vom 16. November 2001 an die Publisuisse bestand
der BF auf der unzensierten Ausstrahlung des Spots. Dies lehnte die
Publisuisse mit Schreiben vom 30. November 2001 definitiv ab, mit den
folgenden zwei Begründungen:
1. "Wie bereits telefonisch erklärt, können wir und möchten wir nicht
zulassen, dass die 'SRG SSR idée suisse' in einem Werbespot, welcher von
einer ihrer Unternehmenseinheiten auszustrahlen ist, beschuldigt wird."
2. "Verschiedene Abklärungen haben ergeben, dass die Aussagen im
vorliegenden Werbespot gegen das Gesetz des unlauteren Wettbewerbs
verstösst."
Die erste Begründung bezieht sich auf den neuen Vorspann, die zweite
Begründung auf den ursprünglichen Spot. Diese hat die Publisuisse in der
Vernehmlassung zum Revisionsgesuch vor Bundesgericht wie folgt präzisiert:
Der Spot verstosse gegen das Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb, "weil
er die Tierhalter ganz allgemein als Tierquäler verletzend herabsetze".
Da sich somit das Schweizer Staatsfernsehen, vertreten durch die
Publisuisse, weiterhin weigert, den Spot auszustrahlen, dauert die im
EGMR-Urteil vom 28. Juni 2001 (Application no 24699/94) festgestellte Menschenrechtsverletzung weiter
an. Der BF stellte deshalb am 1. Dezember 2002 beim Schweizerischen
Bundesgericht das Gesuch, der Bundesgerichtsentscheid vom 20. August 1997
sei unter Berücksichtigung des EGMR-Urteils zu revidieren. Das Bundesgericht
(BGer) wies das Revisionsgesuch am 29. April 2002 mit teils haltloser, teils
widersprüchlicher Begründung ab.
Verletzung der EMRK:
Der BF erachtet die Informationsfreiheit gemäss EMRK 10 als erneut
verletzt dadurch, dass das BGer dem Urteil des EGMR nicht zum Durchbruch
verhilft, indem das Revisionsgesuch abgewiesen wurde mit der haltlosen
Begründung (Beilage c, Seite 5, Ziffer 3.3), die Menschenrechtsverletzung
sei beseitigt, da der BF kein Interesse mehr daran habe, den ursprünglichen
Spot auszustrahlen. Wie das BGer zu dieser Behauptung kommt, ist
unerfindlich. Selbstverständlich hat der BF ein Interesse an der
Ausstrahlung des unveränderten Spots, nachdem das Schweizer Fernsehen den
neuen Vorspann ablehnt und deswegen ein neues Verfahren, das voraussichtlich
wieder sieben Jahre dauern wird, bevorsteht. Daraus ergibt sich klar, dass
der BF ein Interesse daran hat, mindestens den ursprünglichen Spot (ohne
diesen Vorspann) ausstrahlen zu lassen. Indem das BGer seinen Entscheid auf
eine solche wahrheitswidrige Begründung abgestützt hat, ohne dem BF
Gelegenheit gegeben zu haben, sich dazu zu äussern, wurde das rechtliche
Gehör verletzt (EMRK 6).
Die Ablehnung des Revisionsgesuches stützt sich auf weitere teils
haltlos-willkürliche, teils widersprüchliche und teils Treu und Glaube
verletzender Begründungen:
Einerseits beanstandete das BGer, das Revisionsgesuch sei nicht genügend
substanziert. Andererseits tritt es aber trotzdem auf das Gesuch ein und
beurteilt es materiell. Das BGer hält fest, der BF habe nicht genügend
dargelegt, inwiefern das Urteil des EGMR Anlass zu einer Revision des
entsprechenden Bundesgerichtsurteils gebe. (Sich dumm zu stellen, ist ein
regelmässiger Trick des BGer, um auf Beschwerden nicht einzutreten.) Dazu
ist zu sagen, dass in einem Rechtsstaat die Rechtsanwendung grundsätzlich
Aufgabe der Gerichte ist, insbesondere dann, wenn es um die Verletzung von
Grundrechten geht. Der BF hat klar und unmissverständlich das Urteil des
EGMR als Revisionsgrund angegeben. Nach Auffassung des BF wäre es Pflicht
und Anstand des BGer gewesen, sein menschenrechtswidriges Urteil spätestens
auf dieses förmliche Gesuch hin entsprechend anzupassen, aus folgenden
Gründen:
Wie der vorliegende Fall einmal mehr zeigt, werden Entscheide des EGMR
innerstaatlich immer noch nicht ganz Ernst genommen, sondern als abstrakte
Rechtstheorie ohne unmittelbare Wirkung betrachtet. Das Fehlurteil des BGer
vom 20. August 1997, in welchem die Zensur des TV-Spots geschützt wurde,
bleibt wegen der Ablehnung des Revisionsgesuches unverändert in der
Entscheidsammlung des BGer - als falsche Wegleitung für die Rechtsanwendung.
Die Behauptung des BGer, das Revisionsgesuch sei nicht genügend substanziert
läuft auf die Behauptung hinaus, der Entscheid des EGMR sei zu wenig klar,
um gestützt darauf das BGer-Urteil revidieren zu kännen. Die Strassburger
Richter können sich also nach Auffassung des BGer nicht klar und für
Juristen verständlich ausdrücken! Es erübrigt sich, diesen fadenscheinigen
Vorwand zur Abweisung des Revisionsgesuches weiter zu kommentieren.
Der BF ist der Auffassung, dass er mit dem Hinweis auf das EGMR-Urteil
den Revisionsgrund absolut klar genannt hat und dass es Pflicht des BGer
gewesen wäre, die sich daraus ergebenden Anpassungen vorzunehmen. Zudem hat
das BGer aus der Stellungnahme der Publisuisse ersehen, dass der Spot - auch
in der ursprünglichen Form ohne den neuen Vorspann - weiterhin abgelehnt
wird, die Menschenrechtsverletzung mit dem EGMR-Urteil also noch nicht
beseitigt ist, was klar eine Revision des BGer gebietet. Darauf ist das BGer
in seinen Erwägungen sogar ausführlich eingegangen (Beilage 3, Ziffer 3.3),
hat aber daraus nicht die richtige Konsequenz, nämlich die Gutheissung des
Revisionsgesuches, gezogen, sondern willkürlich und aktenwidrig behauptet,
die Wiedergutmachung im Sinne von OG 193 a sei mit dem EGMR-Urteil genügend
und abschliessend erfolgt.
Indem der BF sich zu den Vernehmlassungen des Schweizer Fernsehens
und des betroffenen Departementes nicht äussern konnte, obwohl darin
reichlich neue Argumente vorgebracht wurden, wurde das rechtliche Gehör
verletzt (EMRK 6). In wiedersprüchlicher Weise hält das BGer dem BF
entgegen, sein Gesuch sei zuwenig begründet, andererseits aber verhinderte
es eine Verdeutlichung durch Verweigerung des rechtlichen Gehörs! Der BF
kann deshalb das, was er auf die Stellungnahmen der Gegenparteien erwidert
hätte und das die Revisionsgründe verdeutlich hätte, erst in der
vorliegenden Beschwerde vorbringen.
Unter Ziffer 3.3 geht das BGer auf die erneute Ablehnung des Spots durch
die Publisuisse ein: "Der Gesuchsteller ist inzwischen mit einem neuen
Antrag auf Ausstrahlung seines Spots an die SRG bzw die 'publisuisse SA'
gelangt... Die publisuisse hat es offenbar erneut abgelehnt, mit ihm einen
entsprechenden Werbevertrag abzuschliessen..." Tatsächlich hat die
Publisuisse die erneute Zensur (auch des ursprünglichen Spots ohne den neuen
Vorspann) in der Vernehmlassung vor BGer zugegeben und damit begründet, der
Spot verstosse gegen das Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb, "weil er
die Tierhalter ganz allgemein als Tierquäler verletzend herabsetze"). Unter
Ziffer 4.3 hält das BGer fest, der BF habe sich gegen diese neu begründete
Ablehnung des (ursprünglichen) Spots in einem neuen Verfahren zu wehren.
Dies begründet das BGer damit, der Vorhalt "unlauterer Wettbewer" sei in
einem neuen, privatrechtlichen Verfahren unter dem Aspekt des Kartellrechts
zu prüfen, im abgeschlossenen verwaltungsgerichtlichen Verfahren sei dies
nicht zu prüfen gewesen. Diese Haltung des BGer verletzt nach Auffassung des
BF den Grundsatz von Treu und Glaube und vereitelt faktisch die Beseitigung
der vom EGMR festgestellten Menschenrechtsverletzung, aus folgenden Gründen:
Im Urteil vom 20. August 1997, das Gegenstand des EGMR-Urteils war,
brachte das BGer keinerlei verfahrenstechnisch-formelle Einwände gegen eine
umfassende Prüfung Beschwerde vor. Die Publisuisse hatte die Zensur neben
dem Einwand verbotener politischer Werbung auch damit begründet, "sie sei
nicht verpflichtet, Spots auszustrahlen, die geschäftsschädigend wirkten und
ihre Verlegerinteressen tangierten" (Bundesgerichtsurteil vom 20. August
1997, Seite 2). Das BGer beschränkte sich nicht auf die Frage der verbotenen
politischen Werbung, sondern prüfte dh das "Recht auf Antenne" im konkreten
Fall umfassend und hielt die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausdrücklich als
zulässig für jede Weigerung des Staatsfernsehens, einen Werbespot
auszustrahlen. Auf Seite 7, Zifer 2.a, des BGE heisst es:
Das Verwaltungsverfahrensgesetz findet auf Instanzen und Organisationen
ausserhalb der Bundesverwaltung Anwendung, soweit sie in Erfüllung
öffentlichrechtlicher Aufgaben verfügen. Das Bundesgericht erachtete
bereits vor Inkrafttreten von Art 55bis BV und des Radio- und
Fernsehgesetzes das Veranstalten von Radio- und Fernsehsendungen auf
nationaler Ebene als öffentliche Aufgabe, die der SRG vom Bund als
Organisation ausserhalb der Bundesverwaltung übertragen worden sei. Zwar
bilde die Ausstrahlung einer Sendung selber keine Verfügung im Sinne von
Art 5 VwVG, doch komme dem Entscheid der SRG über das Begehren einer
Person um Zulassung zu einer Sendung ("Recht auf Antenne")
Verfügungscharakter zu. Die entsprechende Verweigerung könne deshalb immer
mit Verwaltungsbeschwerde und hernach mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde
angefochten werden.
Zur Ablehnung des Revisionsgesuches behauptet das BGer nun im
angefochtenen Entscheid plötzlich, die von der Publisuisse neu
angeführte Begründung, der Spot verstosse gegen das Gesetz gegen den
unlauteren Wettbewerb, sei in einem neuen Verfahren unter
kartellrechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen.
Nachdem der BF in einem über sieben Jahre dauernden Verfahren erreichte,
dass der EGMR die Rechtswidrigkeit der Zensur dieses Spots feststellte, kann
das Staatsfernsehen nach Auffassung des BGer weiter an der Zensur
festhalten, wenn es dafür nur eine neue, noch so haltlos-fadenscheinige
Begründung vorzuschieben weiss. Während das BGer in seinem
Revisionsentscheid willkürlich festshält, der Spot sei jetzt sowieso
veraltet und nicht mehr von Interesse, mutet es dem BF in geradezu hämischer
Weise zu, sich nochmals jahrelang gegen neue Zensurbegründungen zu wehren,
und dann wohl nochmals und nochmals. Alle sieben Jahre irgend einen neuen
Zensurgrund zu erfinden, ist keine Kunst.
Das BGer hat die Verweigerung eines Werbespots schon in seinem Urteil vom
20. August 1997 (Seite 14, lit cc, sowie Seite 16) als privatrechtliches
Handeln beurteilt, trotzdem aber die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
vorbehaltlos und uneingeschränkt zugelassen. Die nun im Entscheid über das
Revisionsgesuch ohne weitere Begründung vorgenommene Praxisänderung ist
willkürlich und unfair. Verfahrensrechtliche Fragen sollen grundsätzlich der
Rechtsdurchsetzung dienen und nicht dazu, diese zu verhindern. Eine
derartige Vereitelung der Umsetzung eines EGMR-Urteils durch
zwischenzeitliche Vornahme einer verfahrenstechnisch-formellen
Praxisänderung stellt nach Auffassung des BF eine eines höchsten nationalen
Gerichtes unwürdige Sabotage der Menschenrechtskonvention dar.
Indem das BGer festhält, der BF habe sich gegen die weiter anhaltende
Zensur in einem neuen Gerichtsverfahren zu wehren, wird die Durchsetzung der
Garantie auf freie Meinungsäusserung illusorisch, denn im Ergebnis läuft das
darauf hinaus, dass die Publisuisse nach jedem verlorenen Gerichtsverfahren
einfach einen neuen Ablehnungsgrund erfinden kann, worauf der BF wieder von
vorne mit Prozessieren beginnen müsste. Diese Haltung des BGer verstösst
gegen Treu und Glauben und verhindert in stossender Weise die Durchsetzung
der EMRK.
Das nationale Hauptverfahren gegen die Spot-Zensur wurde als
verwaltungsrechtliches Verfahren geführt. In der Ablehnung des
Revisionsgesuches vertritt das BGer plötzlich die Auffassung, gegen die
aufrechterhaltene Zensur müsse nun in einem neuen Verfahren kartellrechtlich
vorgegangen werden. Die vom BGer vorgenommene Unterscheidung zwischen
konzessionsrechtlich und kartellrechtlich ist realitätsfremd. Die
Publisuisse hat schon im Hauptverfahren nicht nur das Verbot politischer
Werbung, sondern auch ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen und die
angebliche "Geschfätsschädigung" des Spots vorgebracht. Das BGer hat im
Urteil vom 20. August 1997 keine dieser Vorbringungen als im
Verwaltungsverfahren unzulässig beurteilt und die Zensur durch die
Publisuisse schon damals als zivilrechtliches, nicht hoheitliches Handeln
beurteilt; dies gibt das BGer im angefochtenen neuen Revisons-Entscheid
selber zu.
Mit dieser Ablehnung des Revisionsgesuches nötigt das BGer den BF, nach
Abschluss eines bis vor den EGMR geführten und dort gewonnen Verfahrens, in
der gleichen Sache (wenn der Vorspann weggelassen wird) wieder von vorne mit
Prozessieren zu beginnen. Damit bleibt die Feststellung des EGMR, die Zensur
dieses Spots verletze die Meinungsäusserungsfreiheit, toter Buchstabe. Als
Entschädigung hat er nur gerade knapp seine Gerichts- und Anwaltsauslagen
gedeckt bekommen. Mit dem Hauptanliegen, seinen Tierschutzspot im
Staatsfernsehen ausstrahlen zu lassen, wo unbehindert dauernd Fleischwerbung
ausgestrahlt wird, steht er wieder am Anfang, ja eigentlich noch weiter
zurück als am Anfang, wirft ihm doch das BGer bereits vor, der Spot sei nach
der achtjährigen Verfahrensdauer wohl nicht mehr von Interesse (Ziffer 4.3).
Die Menschenrechtskonvention wird illusorisch, wenn eine praktische
Auswirkung von den Mitgliederstaaten so leicht mit fadenscheinig-formellen
Tricks verhindert werden kann und der EGMR dem tatenlos zusehen würde.
Dr Erwin Kessler, Präsident VgT
Am 4. Oktober 2007 hat der EGMR auch
diese zweite Beschwerde gegen die Zensur des TV-Spots gutgeheissen und
erneut eine Verletzung der Meinungsäusserungsfreiheit festgestellt:
Zweites Urteil des EGMR
Pressespiegel:
-
Strassburg aktuell:
Verweigerter Werbespot - erneute Verletzung, plädoyer 6/07
(juristische Fachzeitschrift)
-
14-jähriger
Streit um VgT-Werbespot immer noch nicht zu Ende, Werbewoche 5.
April 2008
-
L'exécution des arrêts de la
Cour européenne des droits de l'homme à la lumière de l'arrêt Verein
gegen Tierfabriken Schweiz (VgT) c. Suisse, Allgemeine
Juristische Praxis AJP (schweizerische juristische Fachzeitschrift),
Juni 2006
Interessanter Nebenaspekt dieses Urteils: Der EGMR hat sich
nicht daran gestossen, dass in diesem Spot die Intensivtierhaltung mit
Konzentrationslagern verglichen wurde. Wegen diesem Vergleich ist
jedoch VgT-Präsident Erwin Kessler von der Schweizer Justiz mit staatlichen Zwangsmassnahmen
terrorisiert worden (Hausdurchsuchung und Beschlagnahmung von
Zeitschriften). Siehe
Tier-KZ-Prozess.
Macht macht korrupt
Moritz
Leuenberger (SP) und Christoph Blocher (SVP) - die scheinbaren politischen
Gegenstze - funktionieren gleich hemmungslos bei der menschenrechtswidrigen
Zensur des VgT-Fernsehspots
SP-Bundesrat
Moritz Leuenberger hat die
erste Zensur und die erste Verurteilung der Schweiz durch den EGMR zu
verantworten. Er hat die Zensur persönlich unterschrieben. Die Gutheissung
der zweiten Zensur hat er dann an seine Beamten delegiert. Praktisch. Sehr praktisch. Umso unverfrorener kann er heucheln: "Zensur
ist mir ein Gräuel."
Im zweiten
Verfahren vor dem EGMR war
die Schweiz vom Bundesamt für Justiz unter Verantwortung von Bundesrat
Christoph Blocher vertreten - und wie!
In seiner Stellungnahme beantragte das
Bundesamt für Justiz (unterzeichnet von Vizedirektor Philippe Boillat) die
Abweisung der Beschwerde des VgT. Mit einer Kaskade von formalistischen
Einwänden, Eventual- und Sub-Eventual-Argumentationen wurde mit allen
Mitteln versucht, die Beschwerde zu Fall zu bringen.
Das geht bei jeder
Beschwerde gegen die Schweiz vor
dem EGMR so. Dieses Verhalten des Bundesamtes für
Justiz wirft die grundsätzliche Frage auf, warum dieses Amt es für seinen
Auftrag hält, Recht suchende Bürger, welche vom Bundesgericht
willkürlich und menschenrechtswidrig behandelt wurden, grundsätzlich als
Feinde dieses Landes zu behandeln, die mit allen Mitteln bekämpft werden müssen, auch wenn sie
offensichtlich im Recht sind - und warum der Bundesrat dieses bürger- und
rechtsfeindliche Verhalten seiner Beamten so will bzw
duldet.
In der kürzlich vom EGMR ebenfalls gutgeheissenen Beschwerde des VgT wegen
Verweigerung des rechtlichen Gehörs im Verfahren Erwin Kessler gegen
Rechtsanwalt Kugler, war der VgT ganz offensichtlich im Recht. Dennoch
versuchte das Bundesamt für Justiz mit mehrfachen Winkelzügen ein
gutheissendes Urteil des EGMR zu verhindern. Der VgT reichte deshalb gegen
den verantwortlichen Beamten beim Eidgenössischen Justizdepartement (EJPD)
eine Disziplinarbeschwerde ein.
Diese Beschwerde wurde vom EJPD
unter der Verantwortung von Bundesrat Christoph Blocher abgewiesen mit der Begründung, das EJPD dürfe
wegen dem Gewaltenteilungsprinzip keine Aufsicht ausüben über seine
Beamten, welche in Verfahren vor dem EGMR die Stellungnahmen der
Schweizer Regierung verfassen - eine abwegige Begründung, die
offensichtlich erfunden wurde, weil wegen dem Konflikt zwischen EJPD-Chef
Christoph Blocher und Ex-Bundesanwalt Roschacher die Gewaltenteilung
gerade ein
öffentliches Thema ist. Wie sich die Rechtsdienste der Verwaltung als
Parteivertreter in gerichtlichen Verfahren verhalten und wie sie dabei
von der Departementsleitung beaufsichtigt werden, berührt die
Gewaltenteilung nicht im geringsten. Das EJPD hat ja nicht zu
urteilen, sondern ist lediglich Parteivertreter der Schweiz.
Sind Politiker mal oben, fühlen
sie sich nicht mehr dem Recht und der Demokratie verpflichtet, sondern nur
noch politischen Interessen. Ihr feierlicher Treueschwur bei der Wahl zum
Bundesrat ist eine der widerlichsten Farcen in der schweizerischen Politik.
Weiterzug an die Grosse Kammer des EGMR
Ende 2007 - noch unter Leitung von
Ex-Bundesrat Christoph Blocher - hat das EJPD gegen den Entscheid des EGMR
Einsprache
erhoben und eine Neubeurteilung durch die Grosse Kammer des EGMR verlangt.
Kommentar:
Festhalten an dieser offensichtlich menschenrechtswidrigen
Fernsehspot-Zensur um jeden Preis.
Seit 14 Jahren wird dieser Spot, der zu
vegetarischer Ernährung aufruft, zensuriert, und ein Ende ist noch nicht in
Sicht, während das Schweizer Staatsfernsehen dauernd Werbespots der
Fleischbranche, welche für Fleischkonsum werben, ausgestrahlt. Schon
im zweiten Verfahren hat das Bundesgericht hämisch argumentiert, der VgT
habe nicht nachgewiesen, dass an der Ausstrahlung dieses Spots noch ein
aktuelles Bedürfnis bestehe - als ob das Grundrecht der
Meinungsäusserungsfreiheit den Nachweis eines aktuellen Bedürfnisses an
einer Meinungsäusserung voraussetze! Willkürlicher geht es nicht mehr, aber
die Strategie ist klar: Die Zensur so lange aufrechterhalten und
hinauszögern, bis der Spot veraltet und nicht mehr zu gebrauchen ist. Die
Skrupellosigkeit, mit welcher Bundesräte und Bundesrichter auf diese Weise
Grundrechte und sogar Urteile des EGMR unterlaufen, ist gewaltig. Doch dafür
interessieren sich die grossen, regimehörigen Schweizer Medien nicht. Das
bleibt alles unter dem Deckel, wenn da nicht noch die Medien des VgT wären.
Und das ist der wahre Grund, warum der VgT derart bekämpft wird: Er bildet
ein Leck in der Informations-Abschottung der Öffentlichkeit - zumindest auf
dem Gebiet des Tier- und Konsumentenschutzes. Es ist zu vermuten, dass es
auf anderen Gebieten nicht besser ist. Wer da noch nicht merkt, wie
mafios unser Staat, der Bundesrat und das Bundesgericht, funktionieren, dem
ist nicht mehr zu helfen, der wird aus seiner staatsbürgerlichen
Denkfaulheit fallen, wenn er vielleicht selbst einmal in die Mühlen der
Justiz- und Verwaltungswillkür gerät.
Stellungnahme
des VgT vor der Grossen Kammer des EGMR:
Grand Chambre
European Court of Human Rights
F- 67075 Strasbourg Cedex
21 April 2008
Application number 32772/02
Verein gegen Tierfabriken Schweiz (VgT) c. Switzerland
Remarks concerning Switzerland's request of 18 December 2007
1.
The government of Switzerland argues that the member states of the European
Convention of Human Rights are not obliged to rectify a domestic decision
that is judged by the ECHR to be incompatible with the Convention. Due to
the governments opinion it follows from this that the ECHR may not judge the
result of an (optional) re-opening proceeding.
2.
This formalistic point of view does not meet the essence of the present
case. The Swiss Supreme Court (Bundesgericht) did not just simply handle the
re-opening request, but did that in a way that approved the ongoing
censorship of the television commercial in question:
On page 5, note 3.3,of the decision of 29 April 2002 the Supreme Court
pretended the original version of the television commercial to be outdated, thus not being
of actual interest for the general public and therefore should not be
broadcasted on television.
This declaration of the Supreme Court has actually approved the ongoing
censorship and left no real chance to the applicant other than requesting a
new decision from the ECHR.
This is no new reasoning of the applicant; he has mentioned this aspect in
his application on page 4, note 15.
3.
The Swiss Supreme Court has probably derived its opinion of a lacking actual
interest to broadcast the television commercial from the notifications (counter pleas) of
the Department (Eidgenssisches Departement fr Umwelt, Verkehr, Energie und
Kommunikation) and the Swiss Television Association (SRG). The applicant has
never seen these notifications and could therefore not express his point of
view in this matter in front of the supreme court. The applicant has
therefore blamed the violation of the right to be heard (application page
4.2). The Fifth Section of the ECHR has overlooked this in its decision of 4
October 2007!
4.
The applicant is of the opinion that the right to be heard is also violated,
if the pretended lack of interest of broadcasting the television commercial was not taken
out of the notifications of the Department or the Swiss Television
Association, but is a original invention of the Supreme Court. The applicant
has outlined this opinion on page 4 of its application.
5.
Furthermore the applicant contests the right of the Supreme Court to
restrict the freedom of expression based on the courts opinion that the
expression in question would be outdated. Due to the applicants
understanding of article 10 of the Convention, free speech is guaranteed
also in the case of when an opinion in fact should be outdated.
6.
The claim of the Swiss government that the ECHR does not have the competence
of judging the result of a (optional) re-opening proceeding does not only
ignore the special circumstances of the present case as outlined above, but
lacks of intrinsic logic when compared to the following totally analog
situation:
The Convention does not prescribe that the national law foresees more than
one instance to re-examine decisions of first national courts. But due to
the practice of the ECHR article 6 of the Convention also applies to the
proceedings before optional higher instances.
7.
The dissenting opinion of Mrs. Jaeger of the Fifth Section in the judgement
of 4 October 2007 has emanated from the wrong and incomplete pretence of the
Swiss Supreme Court, that the television commercial in question is outdated and therefore
obsolet. The reasoning of the Swiss Supreme Court and of Mrs. Jaeger that
the spot has been modified because it was outdated, is not true. In fact the
spot was not at all modified. Only the note was added, that the spot was
censored and that the European Court for Human Rights has declared this
censorship to be illegal.
8.
The Fifth Section of the ECHR has taken more than five years for their
judgment. Due to Mrs. Jaeger there exists therefore no longer any interest
in the television commercial in question. This is cynic and not true and a strange
understanding of the freedom of expression. It is not up to the ECHR or the
Swiss Supreme Court or any other court to judge whether an opinion expressed
is out of date or not.
9.
The remark of Mrs. Jaeger, that the Committee of Ministers has been
satisfied by the measurements taken by the Swiss Government, is only half
the truth. The applicant has not had the opportunity to express himself to
the measurements taken by the Swiss Government. The applicant could only
make a comment on the final resolution of the Committee of Ministers. On 12
december 2003 the applicant addressed the following remarks to the
Department for the Execution of Judgments of the European Court of Human
Rights:
According to the appendix to
Resolution DH(2003)125 the Swiss authorities say, that we have had the
opportunity to present an application of revision (Revisionsgesuch,
demande de rvision) to the national court (Bundesgericht). This
information is misleading as this opportunity was ineffectiv, purely
formal. The national court refused the application of revision on 29
april 2002 (appendix 2). Thus the decision of the national court of 20
august 1997, which contradicts to the human rights according to the
Court of the Human Rights decision No 24699/94, was not revised. Instead
it is still published as a leading decision (Leitentscheid) in the
official collection of leading decisions (appendix 3) - misleading the
Swiss lawyers and - as a consequence - potentially leading to
unnecessary cases for the Court of Human Rights, which is permanently
overloaded.
On 12 january
2005 the Department for the the Execution of Judgements replied:
Dear Sir,
In a letter dated 12 December 2003, you submitted a number of complaints
relating to matters linked with the manner in which the Swiss
authorities have reacted to the judgement of the European Court of Human
Rights in this case. We have examined these complaints and in this
context we have noted that in 2002 you lodged an application with the
European Court of Human Rights concerning the Federal Court judgment of
29 April 2002 refusing to reopen the proceedings impugned by the
European Court and the new
refusal to broadcast the television commercial.
Pursuant to these investigations, I wish to inform you that in view of
the complaint presently pending before the European Court, which may
subsequently be followed by a judgement on the merits, a parallel
examination of the matters by the Committee of
Ministers would not appear necessary and could indeed be seen as
prejudging the Courts
examination. In these circumstances, your complaints will not, at least
at this stage, be brought before the Committee of Ministers .
Yours faithfully,
S . Gnter NAGEL
Thus it cannot
be said that the Department for the Execution of Judgements is definitely
satisfied by the measurements taken by the Swiss Government, as Mrs. Jaeger
pretends. Instead it has left the examination to the ECHR! On 25 january
2005 the applicant has informed the ECHR about this.
10.
Mrs. Jaeger pretends that the revision of the judgement of the Swiss Supreme
Court was not necessary. This is not true because the television commercial in question
was censored furtheron by the Swiss Televisions Association after the
judgement of the ECHR, referring to the original judgement of the Swiss
Supreme Court which is still officially published as a valid leading
judgment (BGE 123 II 40) until today
(www.bger.ch/index/juridiction/jurisdiction-inherit-template/jurisdiction-recht/jurisdiction-recht-leitentscheide1954.htm)!
The reasoning of the Swiss Supreme Court in the judgement with which the
claimed re-opening proceeding was declined, has expressively approved this
ongoing censorship. Due to the opinion of the applicant these special
circumstances must be considered and the judgement of the Fifth Section of
the ECHR is therefore well funded.
11.
Claim for satisfaction for the proceeding before the Grand Chamber:
4000 EURO
Yours
Dr Erwin Kessler, president VgT
In der
Stellungnahme des Bundesamtes für Justiz, unterzeichnet durch den Beamten Frank
Schürmann als Vertreter der Schweizer Regierung, wird die Beschwerde des VgT
erneut rein formalistisch bekmäpft. Offensichtliches Ziel: Vermeiden, dass der
EGMR die erneute Zensur in einer erneuten Verurteilung der Schweiz offiziell
festhält. Nicht die Durchsetzung des Rechts zum Schutz der Bürger, sondern das
Eigeninteresse der staatlichen Institutionen, die politische Willkürjustiz der
Schweiz zu vertuschen, leitet die Tätigkeit der mit dem Geld der Bürger
besoldeten Beamten im Dienst nicht der Bürger und der Öffentlichkeit, sondern
der Politmafia und ihrer Vertreter in Verwaltung, Regierung und Justiz.
Hearing vor der Grossen Kammer des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in
Strassburg
am 9. Juli 2008
Die Schweiz liess sich durch vier
Beamte des Bundesamtes für Justiz (Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf)
vertreten, wovon einer das Plädoyer hielt und die anderen zuhörten. Um die
Grundrechte von Bürgern zu bekämpfen, ist kein Aufwand zu gross.
Plädoyer von Erwin
Kessler, Präsident VgT:
Mr President, ladies and gentlemen!
This case has a long history and has over the
years lost its original essence, thus turning more and more into a nebulous
and formalistic matter.
Let me shortly explain this:
In response to various advertisements
produced by the meat industry, our organisation made a television commercial
ending with the words: Eat less meat, for the sake of your health, the
animals and the environment.
This absolutely harmless television commercial
was censored by the Swiss authorities in 1994.
On 28th June, 2001, your Court made a decision
(number 24699/94) and judged this censorship to be illegal.
In spite of this clear
decision, the Swiss Federal Court renewed the censorship with its decision
of 29th April, 2002, and this new decision is the object of the present
application.
I should like to emphasize
that this decision was not just a simple refusal to revise the original
decision. In fact, this decision also clearly renewed the censorship of the
television commercial in question.
The Swiss government focuses on the fact that
there is no obligation to revise a national judgement based on a decision of
your Court. But, Mr. President, ladies and gentlemen, this is not the point!
The core of my application is
not just the refusal of a revision, but the fact that the Swiss Federal
Court made a new decision in which the ongoing censorship of the television
commercial has been renewed and declared to be justified with a new
argument. The Federal Court judged the television commercial to be outdated
due to the long duration of the case. Therefore, the Federal Court concluded
- without even consulting us beforehand -, that we would no longer have any
interest in having this television commercial broadcasted by the Swiss
Television Company.
Considering this fact, the further reasoning of
the Federal Court was downright cynical:
The Federal Court came to the
conclusion, that a revision of the original decision was not necessary,
because we had the opportunity to demand the broadcasting by way of a
civilian lawsuit against the television company.
It is out of question, that
the Federal Court came to its conclusion, well knowing that we would not
have any chance with such a lawsuit in front of national courts, because in
its decision it was clearly stated that this so-called outdated television
commercial lacks of any interest to be broadcasted.
A lawsuit in front of
national courts would have been based on this statement of the Federal Court
and the outcome would definitely not have been in our favour.
Mr President, ladies and
gentlemen, you have to decide on the following question, which is of utmost
and far reaching importance for the freedom of speech:
Is it reason enough to
restrict the freedom of speech based on the grounds
of a national authority
finding that - in its opinion - a television commercial is outdated and of
no more interest?
Is that a sufficient reason for censorship?
In my application I have also claimed a
violation of the right to be heard. In the decision
of the Fifth Section of your court, made on 4th
October, 2007, this point was not even mentioned. I ask you to also decide
on this claim.
Mr President, ladies and
gentleman, I ask you to please consider all these stated facts.
Replik von Erwin Kessler auf die Ausführungen
des Vertreters der Schweiz (Frank Schürmann, Bundesamt für Justiz):
The government
agent claims that the Swiss Television Company, represented by PubliSuisse,
accepted to broadcast the original version of the television commercial,
without the added note on the censorship. This is not true! In the letter of
30 th November 2001, by which the television commercial was again declined,
PubliSuisse wrote, that the content would be illegal with respect to the law
against unfair competition. This statement clearly concerns the original
version:
Video des Hearings
Mit
Urteil der Grossen Kammer des
EGMR vom 30. Juni 2009 erhielt der VgT erneut recht
Originaltext des EGMR zur
heutigen Urteilsveröffentlichung:
In the case of Verein gegen
Tierfabriken Schweiz (VgT) v. Switzerland (No. 2) the Court
held that there had been a violation of Article 10 (freedom of
expression) on account of the continued prohibition on broadcasting a
television commercial in which the applicant association expressed
criticism of battery pig-farming.
Übersetzung:
Im Verfahren des Vereins gegen
Tierfabriken Schweiz (VgT) gegen die Schweiz (Nr 2) hält der Gerichtshof
fest, dass Artikel 10 (Meinungsäusserungsfreiheit) verletzt wurde durch
das fortgesetzte Verbot eines Fernseh-Werbespots, in welchem der
Beschwerdeführer [VgT] die Käfighaltung in Schweinefabriken kritisiert
hat.
Pressemitteilung zum Urteil EGMR
Urteil der Grossen Kammer
des Gerichtshofes vom 30. Juni 2009 (englischer Originaltext)
Deutsche Übersetzung
Deutsche Zusammenfassung im
Newsletter
Menschenrechte des Österreichischen Institutes für Menschenrechte (2009/3,
Juli 2009)
Medienspiegel:
Von den Tageszeitungen brachten nur
der Tages-Anzeiger und die NZZ über diese bedeutende Verurteilung
der Schweiz durch die Grosse Kammer des Gerichtshofes einen Bericht, der diese
Bezeichnung verdient. Die anderen der folgenden Tages-Zeitungen beschränkten sich auf
eine nichtssagende Kurzmeldung, und alle anderen unterdrückten dieses bedeutende
Ereignis (Urteil der Grossen Kammer des Gerichtshofes) vollständig, auch das
direktbetroffene Schweizer Fernsehen!
Tages-Anzeiger 1.7.09
NZZ 1.7.09
Thurgauer Zeitung 1.7.09
St Galler Tagblatt
1.7.09
Der Landbote 1.7.09
Sarganserländer
1.7.09
Nouvelliste
1.7.09
Radio DRS1
Regionaljournal Ostschweiz 4.7.09
Läuft jetzt der
Schweine-Spot endlich am Schweizer Fernsehen? Mensch und
Recht, Sept 2009
TV-Spot-Zensur: Ohrfeige aus
Strassburg, Weltwoche 15.10.09
VgT:
confirmation de la seconde condamnation de la Suisse, medialex 4/09
Das direkt betroffene Schweizer Fernsehen erwähnte
dieses Urteil mit keinem Wort, so wie es systematisch alles unterdrückt, was
irgendetwas mit dem VgT zu tun hat:
Diskriminierung durch das
Schweizer Fernsehen vor dem Bundesgericht: Aktueller, neuer Diskriminierungsfall
Verein gegen
Tierfabriken Schweiz (VgT) gegen die Schweiz (Nr . 2), EGMR-Urteil,
Newsletter Menschenrechte, Juli 2009
Revisionsverfahren
vor dem Bundesgericht
Gestützt auf das Urteil der Grossen
Kammer des Menschenrechts-Gerichtshofes verlangte der VgT die Revision des
betreffenden, menschenrechtswidrigen Bundesgerichtsurteil:
Revisionsgesuch an das
Bundesgericht
Interessant sind die Stellungnahmen
dazu einerseits der SRG, andererseits des UVEK (Departement für Umwelt, Verkehr,
Energie und Kommunikation). Während das UVEK die Revision unterstützte (Stellungnahme
UVEK), wehrte sich die SRG mit allen nur erdenklichen, bürokratischen und
fadenscheinigen Argumenten dagegen, den nun schon seit 15 Jahren zensurierten
TV-Spot nun doch noch senden zum müssen:
Stellungnahme der SRG.
Replik des VgT zur Stellungnahme der SRG
Der VgT erhält Recht - die SRG
unterliegt mit ihrem Versuch, an der Zensur festzuhalten:
Gutheissung des
Revisionsgesuchs durch das Bundesgericht (BGE 2F_6/2009 vom 4. November
2009)
Pressespiegel:
- NZZ 3.12.09
- Jusletter 7.12.09
Spot wurde nun endlich auf SF gesendet
Der Spot wurde vom 27. bis 29. Januar 2010 in einer etwas aktualisierten Version gesendet,
jeweils um 20 Uhr nach Meteo. Die Aktualisierung betrifft die gezeigte
Kastenstandhaltung von Mutterschweinen. Die Agrolobby und ihr Bundesamt für
Veterinärwesen behaupteten seit Jahren, diese sei verboten. Tatsache ist, dass
die Tierschutzorganisationen seit langem ein Verbot fordern, die Agrolobby dies
jedoch verhindern konnte. Ein Verbot ist auch nich für die Zukunft vorgesehen.
Die revidierte Tierschutzverordnung hat lediglich die Zeitdauer, während der
Mutterschweine so eingesperrt werden dürfen auf 10 Tage reduziert. 10 Tage
permanent zur Bewegungslosigkeit gezwungen, im eigenen Kot liegend - eine üble
Tierquälerei!
Aktuelles Beispiel einer solchen Kastenstandhaltung
von Mutterschweinen, wie im Spot gezeigt:
Die neue Schweinefabrik von
Ex-SVP-Nationalrat Hermann Weyeneth
Sogar kranke Tiere dürfen nach aktueller Praxis so
eingesperrt werden; und diese Tierquälerei wird - mangels ausdrücklichem Verbot
- im Vollzug geduldet. Das ist auch der Grund, warum das Datum der Aufnahme
nicht mehr eingeblendet wird, denn das alte Datum würde die Zuschauer dazu
verleiten, der ständigen verlogenden Propaganda der Agrolobby, diese Haltungsart
sei heute verboten, Glauben zu schenken.
Diese tierquälerische Haltung ist sogar in Bio- und
anderen Label-Betrieben (Migros, CoopNaturaplan, CoopNaturafarm, IP-Suisse) und im Bundesprogramm "Besonders tierfreundliche
Stallhaltung" (BTS) erlaubt und effektiv auch üblich!
Im aktualisierten Sport wird diese weiterhin
erlaubte Kastenstandhaltung so gezeigt, wie im Originalspot, jedoch ist die
heute nicht mehr gültige Aussage, die Tiere wrden praktisch lebenslänglich so
gehalten, gelöscht worden. Ebenfalls wurde das eingeblendete Aufnahmedatum (Jahr
1989) gelöscht, weil der Zuschauer daraus den falschen Schluss ziehen könnte,
die gezeigte Kastenstandhaltung sei veraltet und heute nicht mehr erlaubt.
Den aktuellen TV-Spot online ansehen:
zensurierter Werbespot
*
Zensur auch in den
Schweizer Werbefenstern von Pro7, RTL, Vox und SAT1 sowie durch die meisten
Schweizer Regionalsender:
www.vgt.ch/justizwillkuer/tvspot-zensur/regionalsender.htm
Inhaltsverzeichnis
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