Berufungsschrift von Erwin Kessler:
Tutwil, den 13. Januar 1998
An das F�rstliche Landgericht
FL-9490 Vaduz
Sehr geehrter Herr Pr�sident,
ich bin nicht mehr anwaltlich vertreten und erhebe hiermit in eigenem Namen
Berufung
gegen das
Urteil des F�rstlichen Landgerichtes U 344/94-81 vom 6.3.1995,
spediert am 30.12.1997, eingegangen beim vormaligen Vertreter Rechtsanwalt Dr iur F Achermann am 6.1.1998,
mit dem
Antrag
das Urteil sei in allen Punkten aufzuheben und die Beschuldigten seien freizusprechen und angemessen zu entsch�digen.
Begr�ndung:
Die Aufhebung der Verurteilung dr�ngt sich auf wegen
1. Verj�hrung;
2. menschenrechtswidrigem Verfahren: Verschleppung;
3. menschenrechtswidrigem Verfahren: Verletzung des �ffentlichkeitsgebotes;
4. Verletzung des Rechts auf ein unabh�ngiges Gericht;
5. Verurteilung aufgrund blosser Vermutungen;
6. Unschuld der Angeschuldigten.
Zu den einzelnen Punkten:
1. Verj�hrung
Das Urteil ist insoweit aufzuheben, als inzwischen die Verj�hrung eingetreten ist.
2. Verschleppung
(Verletzung von EMRK Artikel 6)
Die den Angeschuldigten vorgeworfenen angeblich deliktischen Handlungen datieren im Wesentlichen aus dem Zeitraum Januar 1993 bis Juli 1993. Am 2.7.1993 wurden die Angeschuldigten w�hrend der Hochzeit von Prinz Alois in Vaduz f�r vier Tage in Untersuchungshaft genommen wegen angeblicher Beteiligung am unerlaubten Eindringen in die Pfarrkirche zwecks Anbringung einer funkferngesteuerten Flugblattabwurfvorrichtung. Dann ruhte das Verfahren ein Jahr lang. Am 13.7.1994 erliess das F�rstliche Landgericht eine Strafverf�gung, gegen welche die Angeschuldigten Einspruch erhoben. Dann geschah wieder ein halbes Jahr nichts bis endlich zur Hauptverhandlung vor dem Landgericht vorgeladen wurde. F�r die Zustellung des schriftlichen Urteils liess sich das Gericht sage und schreibe fast drei Jahre Zeit. Eine diesbez�gliche Beschwerde des Erstbeschuldigten vom 16.11.1996 (per eingeschriebener Post) wurde vom Landgericht nicht beantwortet und das Urteil weiter zur�ckbehalten. Erst nachdem der Erstbeschuldigte nochmals ein Jahr sp�ter, am 8.12.1997 sich mit einer Verschleppungsbeschwerde an das Obergericht gewandt hatte, hat das Landgericht das bereits am 6.3.1995 (!) verfasste Urteil auf Aufforderung durch das Obergericht hin endlich zugestellt. Der einzige erkennbare Grund f�r diese Verschleppung ist offenbar die Peinlichkeit des ganzen Verfahrens f�r die Liechtensteinische Justiz, da der Erstbeschuldigte bereits vor erster Instanz die Befangenheit des Gerichtes r�gte und einen Weiterzug vor den Europ�ischen Gerichtshof f�r Menschenrechte ank�ndigte.
Gem�ss Praxis des EGMR wiegen Verz�gerungen in der Urteilsausfertigung besonders schwer (Villiger, Handbuch der EMRK, Schulthess Verlag 1993, N460). Im vorliegenden Verfahren wurde das bereits am 6.3.1995 ausgefertigte Urteil erst am 30.12.1997, dh zwei Jahre und 10 Monate nach der Ausfertigung, zugestellt. Damit liegt eine krass menschenrechtswidrige, vors�tzliche Verfahrensverschleppung vor (Verletzung von Artikel 6 EMRK).
3. Verletzung des �ffentlichkeitsgebotes
(Verletzung von StPO � 181 sowie EMRK Artikel 6)
Trotz grossem, voraussehbarem Publikums- und Medienandrang wurde die Hauptverhandlung vom 9.1.1995 nicht in einem Gerichtssaal, sondern im kleinen B�ro des Einzelrichters durchgef�hrt, wo es nur ein paar wenige Pl�tze f�r Medienleute und Zuschauer hatte. Auch Angesichts des tats�chlich grossen Publikums- und Medienandrangs - Warteschlangen bis vor das Gerichtsgeb�ude hinaus - weigerte sich der Richter, die Verhandlung in einen angemessenen Gerichtssaal zu verlegen, was einen menschenrechtswidrigen faktischen Ausschluss der �ffentlichkeit darstellt.
4. Verletzung des Rechts auf ein unabh�ngiges Gericht
(EMRK Artikel 6)
Das Verfahren ist auch deshalb menschenrechtswidrig, weil es nicht von einem unabh�ngigen Gericht gef�hrt wird. In vorliegender Strafsache geht es um tiersch�tzerische Kritik der Beschuldigten am F�rst von Liechtenstein pers�nlich. Auch wenn er rechtlich keine Parteistellung im vorliegenden Verfahren hat, so ist sein Interesse an einer Verurteilung seiner Widersacher un�bersehbar. Bei den angeblichen Delikten geht es um Aktivit�ten des VgT im Rahmen der Auseinandersetzung mit F�rst Hans Adam II. betreffend dessen Schweine-KZ in Nieder�sterreich. Der F�rst hat aber nicht nur ein pers�nliches Interesse am Ausgang des Verfahrens, er hat auch die staatsrechtliche Kompetenz, Richter, welche ein ihm nicht genehmes Urteil f�llen, abzusetzen. Von dieser Kompetenz hat er laut Zeitungsmeldungen zB im Fr�hjahr 1995 Gebrauch gemacht, indem er den obersten Landesrichter kurzerhand absetzte, als dieser die Verfassung anders interpretierte als der F�rst. Verschiedene Rechtsgutachten beurteilten deshalb die Unabh�ngigkeit der liechtensteinischen Gerichte als stark gef�hrdet. Unter solchen Umst�nden kann die Liechtensteinische Justiz im vorliegenden Verfahren nicht als unabh�ngig im Sinne von Art 6 EMRK betrachtet werden, da die Richter mit einer Absetzung rechnen m�ssen, wenn sie die angeschuldigten Widersacher des F�rsten nicht verurteilen.
Diese Abh�ngigkeit der Richter vom F�rsten dr�ckt sich ganz offen schon in der Bezeichnung F�rstliches Landgericht bzw F�rstliches Obergericht aus. Die Liechtensteinischen Gerichte sind rechtlich und auch dem Namen nach Gerichte von des F�rsten Gnade: Der F�rst kann Richter nach Gutd�nken absetzen. Gem�ss Rechtsprechung des EGMR m�ssen Richter w�hrend ihrer Amtszeit unabsetzbar sein (Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar, 2. Auflage, Seite 252) oder nur ausnahmsweise unter erschwerten Bedingungen ihres Amtes enthoben werden k�nnen (Villiger, Handbuch der EMRK, Schulthess Verlag 1993, N413).
Die grunds�tzlich bestehende politische Befangenheit in dieser den F�rsten pers�nlich betreffenden Angelegenheit wird durch verschiedene konkrete Einzelheiten des Verfahrens best�tigt. So passierte dem vorinstanzlichen Richter, als der Erstbeschuldigte vor Beginn der Hauptverhandlung wegen Verletzung des �ffentlichkeitsgebotes das Gerichtsgeb�ude verliess, der Freudsche Versprecher, der Erstbeschuldigte werde unter diesen Umst�nden im Abwesenheitsverfahren verurteilt, was zeigt, dass die Verurteilung - aus politischen Gr�nden - im vornherein feststand. Dass das Obergericht eine deswegen eingereichte Befangenheitsbeschwerde mit Entscheid vom 3.2.1995 abwies, ohne ernsthaft darauf einzugehen, zeigt die sich durch die ganze Liechtensteinische Justiz hindurchziehende Abh�ngigkeit vom F�rsten, die - wie vorliegender Fall zeigt - auch vor Rechtsbeugungen und Beweiswillk�r im Interesse des F�rsten nicht zur�ckschreckt.
5. �berspitzter Formalismus, willk�rliche Rechtsauslegung und willk�rliche Beweisw�rdigung
Wie im folgenden im Einzelnen ausgef�hrt wird, f�hrte bei den �bertretungsdelikten �berspitzter Formalismus und �berdehnte Rechtsauslegung zu einer Verurteilung. Die Verurteilung wegen angeblicher Sachbesch�digung und Hausfriedensbruch basiert auf blossen Vermutungen sowie auf falschen Aussagen befangener Zeugen, die im Zusammenhang mit vorliegendem Verfahren nachweisbar Verleumdungen gegen die Beschuldigten verbreitet haben. Widerspr�che in der Beweislage wurden willk�rlich �bergangen. All dies ist typisch f�r ein politisches Verfahren, wo die Verurteilung im vornherein feststeht und das Gericht einseitig nur noch nach Gr�nden sucht, um dem Urteil m�glichst den Anschein von Rechtsstaatlichkeit zu verleihen.
5.1 Plakat-Aktion vom Januar 1993
In der Urteilsbegr�ndung wird behauptet, der Erstbeschuldigte habe zu dieser Aktion angestiftet, insbesondere dazu, die Plakate mit einem schwer entfernbaren Leim, unter Verursachung von Sachschaden an fremdes Eigentum zu kleben. Begr�ndet wird diese Anschuldigung damit, dass
1. auf den Plakaten die gleichen Bilder waren wie auf den Flugbl�ttern;
2. der Erstbeschuldigte zu dieser Zeit Pr�sident des VgT gewesen sei.
Die erste Feststellung ist nichtssagend, da es sich bei den fraglichen Bildern um Fotos des VgT �sterreichs handelte, welche in unz�hligen Ver�ffentlichungen in der Schweiz und in �sterreich verwendet wurden. Die fraglichen Flugbl�tter waren - wie sogar aus der Urteilsbegr�ndung, Seite 9, unzweideutig hervorgeht, - gemeinsam vom VgT Schweiz und vom VgT �sterreich herausgegeben worden. Beide Vereinen sind rechtlich und personell unabh�ngig. Es besteht lediglich eine fallweise Zusammenarbeit.
Die zweite Behauptung ist schlicht falsch und vom erstinstanzlichen Einzelrichter wider besseres Wissen aufgestellt worden: Zusammen mit der Einsprache vom 1.8.1994 hat der Erstbeschuldigte Beweisdokumente eingereicht, welche die Tatsache belegen, dass er zur fraglichen Zeit nicht Pr�sident des VgT Schweiz war. Vom September 1992 bis Oktober 1993 wurde der VgT Schweiz wie aus diesen Dokumenten hervorgeht und auch sonst bewiesen werden kann, falls das nicht gen�gen sollte, von Frau Regula Weber, wohnhaft in Bassersdorf, pr�sidiert. Der vorinstanzliche Richter hat diesen Umstand und die entsprechenden Beweismittel in seinem Urteil kurzerhand totgeschwiegen. Das verletzt das Recht auf den Beweis und das rechtliche Geh�r gem�ss EMRK Artikel 6.
Und sogar wenn der Erstbeschuldigte zur fraglichen Zeit VgT-Pr�sident gewesen w�re: Im neuzeitlichen, freiheitlich-demokratischen Europa des Jahres 2000 gen�gt es - offenbar anders als im mittelalterlichen F�rstentum - nicht, Pr�sident eines Vereins zu sein, um strafrechtlich f�r alles verantwortlich gemacht zu werden, was irgendwelche Mitglieder im Namen des Vereins machen.
Schon gar nicht gibt es irgendwelche Hinweise, die auch nur einen Verdacht begr�nden w�rden, dass der Erstbeschuldigte Anweisung gegeben haben soll, Sachbesch�digung zu begehen, indem die Plakate mit schwer entfernbarem Leim zu befestigen seien. Indem die Vorinstanz den Erstbeschuldigten nicht nur ohne jeden Beweis, sondern sogar ohne vern�nftigen Verdachtsgrund auch hief�r verurteilt hat, ist sie in Willk�r verfallen und hat damit erneut ihre politische Abh�ngigkeit und Befangenheit kundgetan.
5.2 Verteilen von Druckschriften ohne Angabe des Druckers
Im M�rz 1994 beauftragte der Erstbeschluldigte, zu dieser Zeit Pr�sident des VgT, die Post mit der Verteilung eines vom VgT Schweiz und vom VgT �sterreich gemeinsam herausgegebenen Flugblattes in alle Haushaltungen des F�rstentums. Das Flugblatt war mit vollem Namen und Adresse des VgT als Herausgeber unterzeichnet. Dass dar�berhinaus der Drucker und der Druckort nicht angegeben war, verst�sst gem�ss Anklage gegen das "Staatsschutzgesetz", ist jedoch ohne praktische Bedeutung, wenn der Herausgeber als prim�r Verantwortlicher mit vollst�ndiger Anschrift angegeben ist, was vorliegend der Fall ist. Die Angabe des Druckers ist nur dann von Bedeutung, wenn der Herausgeber nicht ermittelt werden kann, was vorliegend nicht zutrifft. Ein Strafurteil wegen der unwissentlichen Verletzung dieser im konkreten Fall bedeutungslosen Vorschrift stellt �berspitzten Formalismus dar, was in jedem modernen Staat verfassungswidrig ist.
Dass es hier eindeutig um �berspitzten Formalismus im Dienste einer politischen Verurteilung geht, zeigt sich auch daran, dass die F�rstliche Regierung sich geweigert hat, die vor der Verteilung, auf dem Postamt Vaduz beschlagnahmten Flugbl�tter zur Behebung des Mangels zur�ckzuerstatten. In jedem vern�nftigen Rechtsstaat m�sste bei einer unwissentlich verletzten, belanglosen Formvorschrift eine solche M�glichkeit zur Behebung des Mangels gegeben werden, insbesondere dann, wenn dies ausdr�cklich verlangt wird. Mit Schreiben vom 22.6.1994 hat die Regierung den Antrag, die Flugbl�tter zur Berichtigung zur�ckzuerstatten, ohne Begr�ndung abgelehnt (Beilage 1) und die Flugbl�tter vernichtet. Der Grund f�r diese Massnahme, den zu nennen die Regierung zu peinlich fand, ist der Inhalt des Flugblattes: die Enth�llung einer �blen Tierausbeutung in einem Tier-KZ des noblen F�rsten. Der gleiche politische Grund f�hrte offensichtlich auch zur vorliegenden Verurteilung, welcher mit juristischer Haarspalterei und �berspitztem Formalismus den Anschein von Rechtm�ssigkeit verliehen werden sollte.
5.3 Werbung mit lebenden Tieren
Weder die Angeschuldigten noch der VgT haben jemals mit lebenden Tieren Werbung betrieben. An der fraglichen Standaktion in Vaduz waren zwei Schweinchen mit dabei, um den Stadtmenschen Gelegenheit zu geben, diese netten, intelligenten Tiere kennenzulernen und zu streicheln. Was das mit Werbung zu tun haben soll, ist im Urteil mit keinem Wort erkl�rt. Der VgT hat in Vaduz keine "Werbeveranstaltung" durchgef�hrt, wie die Vorinstanz mit gewohnter, sich durch das ganze Urteil hindurchziehender Willk�r behauptet, sondern einen Informationsstand betrieben. Der VgT wirbt n�mlich f�r gar nichts, er ist keine kommerzielle Organisation, sondern eine gemeinn�tzige, nicht profitorientierte Vereinigung zum Schutz der Tiere und der Konsumenten. Wenn das Gericht nun einfach behaupten sollte, der VgT werbe f�r eine Idee, zB f�r die Idee, mit den Tieren gut umzugehen, dann ist dem zu entgegnen, dass der Tierschutz keine "Idee" ist, sondern Ausdruck eines anst�ndigen menschlichen Charakters. Und ein anst�ndiger Charakter kann durch Aufkl�rung und Information, niemals aber mit Werbung erreicht werden. Das F�rstliche Gericht kann nat�rlich W�rter und Begriffe so lange verbiegen, bis der gew�nschte Tatbestand erf�llt scheint. Dem sagt man dann eben Rechtsbeugung, und das ist das Merkmal dieses ganzen Verfahrens, von A bis Z.
Und wenn das Recht aus politischen Gr�nden gebeugt werden muss, dann n�tzen keine sachlichen Argumente, heute nicht wie damals bei den Hexenprozessen. Wenn nicht f�r das abh�ngige, befangene Gericht, dann wenigstens f�r die Geschichtsschreibung und die Medien an der Hauptverhandlung halte ich hier fest, was zB im "Meyers Enzyklop�dischen Lexikon in 25 B�nden", herausgegeben vom renommierten Bibliografischen Institut Mannheim, das auch den Duden herausgibt, �ber "Werbung" steht:
"Werbung, wichtiges absatzpolitisches Instrument; es umfasst alle Massnahmen der Herstellung, Anwendung und Verbreitung von Werbemitteln, die dazu dienen sollen, einzelne Personen oder ganze Konsumentengruppen zu beeinflussen und zum Kauf von G�tern bzw Dienstleistungen anzuregen."
Bez�glich "Werbung f�r politische Zwecke" verweist das Lexikon auf das Stichwort "Propaganda".
Wenn es nach der F�rstlichen Gerichtsbarkeit ginge, m�ssten Rechtsb�cher und Lexika neu geschrieben werden, nur damit eine dem F�rsten genehme Verurteilung stattfinden kann.
Der F�rstliche Landrichter hat �brigens auf Seite 9 seines Urteiles selbst festgehalten, dass dieser Tierschutz-Stand eine Demonstration bzw eine Informationsveranstaltung darstellte. Der Widerspruch, dass die Verurteilung dann trotzdem auf unbewilligte Werbung mit lebenden Tieren lautet, st�rt ihn offenbar genauso wenig, wie damals die Richter, welche nach einem Prozess voller Widerspr�che unschuldige Frauen zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilten.
5.4 Endringen in die Klosterkirche
Das Delikt, um das es hier geht, ist ein winziges L�chlein in der Kirchent�r, das nach Feststellung des F�rstlichen Landgerichtes (Urteil Seite 13) weder die Funktion des T�rschlosses behindert noch �berhaupt sichtbar ist, da durch die Schloss-Rosette verdeckt. Dazu kommt, dass zwei Personen f�r wenige Sekunden die Vaduzer Kirche betreten haben ohne hief�r eine Erlaubnis gehabt zu haben. Das Betreten einer Kirche ist in diesem anachronistischen staatlichen Relikt aus dem Mittelalter offenbar ein Vergehen. Solche Willk�r nach der Laune des Monarchen kennen wir aus den Geschichtsb�chern des Mittelalters. Das vorliegende Verfahren stellt auch in diesem Punkt eine b�hnenreife historische Inszenierung dar.
Das hinter dem Schlossschild verborgene kleine L�chlein in der T�re stellt einen dermassen unbedeutend "Sachschaden" dar, dass deswegen nicht einmal Schadenersatz geltend gemacht wurde. Das Verfahren h�tte diesbez�glich allein schon wegen Unerheblichkeit eingestellt werden m�ssen. Aber in einem politischen Verfahren mit im voraus feststehender Verurteilung gibt es halt keine Unerheblichkeit. Im Gegenteil: das Allergeringf�gigste muss aufgebauscht, ausgeschm�ckt und weitergesponnen werden bis eine schwer entwirrbare Mischung aus Dichtung und Wahrheit entsteht, um das Unrecht des Urteils zu verschleiern.
Nun kommt aber dazu, dass die Beschuldigten weder an diesem geringf�gigen L�chlein neben dem T�rschloss noch an den paar Schritten in die Kirche �berhaupt beteiligt waren. Diese Anschuldigung beruht allein auf der falschen Zeugenaussage von Wachtmann Franz J Meier, der nachweislich feindselig gegen den Erstbeschuldigten eingestellt war und gegen ihn die Verleumdung in der Presse verbreitet hat, die Beschuldigten h�tten in der Pfarrkirche Vaduz die Prinzenhochzeit mit einer Stinkbombe st�ren wollen (Beilage 2). F�r diesen �ffentlichen Deliktvorwurf, welcher Wachtmann Franz J Meier als feststehende Tatsache vorbehaltlos verbreitete, gab es nie irgendwelche Anhaltspunkte; er wird zudem durch das vorliegende Urteil klar widerlegt. Wie das F�rstliche Landgericht selbst eindeutig und richtig festgestellt hat, war lediglich der Abwurf von Flubl�ttern auf den Platz vor der Kirche geplant - nichts Verbotenes! In der Kirche war nichts geplant, schon gar nicht ein Stinkbombenanschlag. Wachtmann Meier hat den Beschuldigten und ihrem Verein wider besseres Wissen �ffentlich in der Presse ein Vergehen vorgeworfen, um ihr Ansehen in der �ffentlichkeit zu sch�digen. Wer so skrupellos vorgeht kann in der gleichen Sache kein glaubw�rdiger Zeuge sein. Das gilt auch f�r seinen Kollegen Wachtmann Deutsch. Die Verurteilung beruht in unhaltbarer Weise auf der Falschaussage dieser unglaubw�rdigen Zeugen sowie auf einem in unzul�ssiger Beugehaft abgegebenen und sp�ter widerrufenen Teil-"Gest�ndnisses" einer der Beschuldigten, in welchem der Erstbeschuldigte mit einem Vorbereitungsgespr�ch belastet wurde. Dieses bezog sich jedoch allgemein auf die verschiedenen f�r die Prinzenhochzeit geplanten Kundgebungen und Protesaktionen, nicht auf das Eindringen in die Pfarrkirche, f�r das eine andere Gruppe zust�ndig war. Dass der Erstbeschuldigte auch von diesem Plan wusste und andere dar�ber informierte, beweist keine Beteiligung. Mitwisserschaft ist bekanntlich nicht strafbar.
Der Untersuchungsrichter machte es den befangenen, gegen die Beschuldigten bzw gegen den VgT feindselig eingestellten Zeugen in auff�lliger Weise einfach, falsche Aussagen zu machen: bei der Gegen�berstellung wurde den Zeugen keine Auswahl an Personen pr�sentiert, wie das sorgf�ltige polizeiliche Ereknnungsarbeit erfordern w�rde. Den Zeugen wurden nur die Beschuldigten pr�sentiert; sie brauchte deren Schuld nur noch mit Kopfnicken zu best�tigen. Und dass zumindest der Zeuge Meier unbedingt ein Opfer haben wollte, zeigt seine skrupellose Verleumdung in der Presse. Offenbar hatte er - fanatisch-blind - nur ein Ziel vor Augen: Rache f�r den F�rsten, der nicht kritisiert werden darf, egal was er tut. Immerhin ergeben sogar die Aussagen dieser unbrauchbaren Zeugen nicht mehr, als dass der Erstbeschuldigte in der Umgebung der Kirche gesehen wurde. Eine Beteiligung am Eindringen in die Kirche wird ihm nichteinmal von diesen "Zeugen" zur Last gelegt. Offenbar glaubten sie, es gen�ge f�r eine Verurteilung, wenn er in der Umgebung der Kirche gesehen worden sei - eine Vermutung, die sich vor erster Instanz dieser befangenen Gerichtsbarkeit sogar bewahrheitete.
Diese Zeugen wurden zudem unter Verletzung von StPO � 115 Absatz 2 einvernommen, ohne dass den Beschuldigten Gelegenheit geboten wurde, sich an der Vernehmung zu beteiligen und Fragen an die Zeugen zu stellen. Ausschliessungsgr�nde gem�ss StPO � 115 Absatz 3 lagen nicht vor und die Beschuldigten wurden �ber das Ergebnis der Einvernahme nicht in Kenntnis gesetzt.
Belegt ist nur, dass die Beschuldigten sich zur Tatzeit in der N�he der Kirche aufgehalten haben, was nicht bestritten wird: In der fraglichen Nacht waren von verschiedenen Gruppen verschiedene Vorbereitungsarbeiten und Abkl�rungen bez�glich Kundgegbungsm�glichkeiten w�hrend der Prinzenhochzeit im Gange. Als Treffpunkt war der Parkplatz in der N�he der Kirche verabredet. Nach dem Misserfolg der "Kirchen-Gruppe" �bernahmen die Beschuldigten sp�ter die Flugblattabwurfvorrichtung und suchten nach anderen Befestigungsm�glichkeiten. Als sie ein paar Stunden sp�ter zu diesem Zweck ein Bauger�st inspizieren wollten, gerieten sie in eine Polizeikontrolle und wurden verhaftet, da das Autokennzeichen auf dem Parkplatz bei der Kirche registriert worden war. Eine Beteiligung am Eindringen in die Pfarrkirche ergibt sich daraus nicht. Die Justiz des F�rstentums sollte auch hier zur Kenntnis nehmen, dass im Europa des Jahres 2000 blosse Verd�chtigungen f�r strafrechtliche Verurteilungen nicht gen�gen.
Bezeichnend f�r die Voreingenommenheit des Gerichtes ist, dass Widerspr�che in der Beweislage einfach ausser Acht gelassen wurden: So wollen die Zeugen bei den Eindringlingen in die Kirche eindeutig einen karierten Rucksack gesehen haben, w�hrend bei den Beschuldigten nur ein uni-schwarzer Rucksack gefunden wurde. Die Zeugen hatten f�r diesen Widerspruch keine Erkl�rung, und der "f�rstliche" Landrichter interessierte sich nicht f�r diesen Widerspruch, weil dies nicht in sein feststehendes Verurteilungskonzept passte.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Anschuldigung im vorinstanzlichen Urteil, der Erstbeschuldigte sei Organisator des Eindringens in die Kirche gewesen, eine blosse Verd�chtigung darstellt, die nicht zu beweisen war. Der Erstbeschuldigte war zu dieser Zeit nicht einmal Pr�sident des VgT. Aus politischer Voreingenommenheit hat der Einzelrichter trotzdem an dieser Anschuldigung festgehalten.
Dr Erwin Kessler
Beilagen:
1 Schreiben der Regierung des F�rstentums Liechtenstein vom 22.6.1994 betreffend
Flugbl�tter
2 Leserbrief von Wachtmann Franz J Meier im BLICK vom 24.7.1993
Schweine-KZ
von
F�rst Hans Adam II. von Liechtenstein
Pl�doyer vor dem F�rstlichen Obergericht Vaduz am 5. August 1998
Herr Pr�sident, meine Damen und Herren,
ich anerkenne ein Gericht eines Landes, dessen Souver�n offen und ungestraft schwere gewerbsm�ssige Tierqu�lerei begehen kann, nicht an. Ein Strafurteil einer solchen Justiz ist moralisch bedeutungslos. Das Urteil ist aber auch rechtlich ung�ltig, wie ich darlegen werde.
Aber was ist denn �berhaupt Unrechtes geschehen, dass ich heute vor diesem Strafgericht stehe?
Nichts weiter, als dass Tiersch�tzer des Vereins gegen Tierfabriken friedlich gegen gr�ssliche Tierqu�lerei protestiert haben, mit Flugbl�ttern und Plakaten.
Das ist doch kein Verbrechen, denkt jeder seelisch gesunde Mensch, sondern m�sste im Gegenteil unterst�tzt und belohnt werden.
Es gibt gl�cklicherweise in dieser egoistisch-materialistischen Welt schon noch solche Menschen. Darum hat der VgT einen anhaltenden Mitgliederzuwachs und z�hlt mit seinen heute 9000 Mitgliedern zu den gr�ssten Tier- und Konsumentenschutzorganisationen der Schweiz. Diese Menschen mit einem Empfinden f�r das ungeheure Leid, das die heutige Zivilisation den Tieren zuf�gt, geh�ren nicht zu den Typen, die sich ehrgeizig, geldgierig und machthungrig in die Schaltstellen dieser Gesellschaft hinein gek�mpft haben. Darum ist es ein europaweites Ph�nomen, dass nicht - wie unverdorbene Menschen erwarten w�rden - die Tierqu�ler gerichtlich verfolgt werden, sondern meistens die Tiersch�tzer.
Und im vorliegenden Fall hat das noch einen ganz besonderen Grund: der Massentierqu�ler, den wir �ffentlich kritisiert haben, ist niemand anders als der Multimilliard�re F�rst Hans Adam II., Herrscher �ber 10 000 Schweine und �ber die f�rstlichen Richter. Die Schweine vegetieren unter gr��lichen Bedingungen auf seinem in Nieder�sterreich gelegenen "Hof Liechtenstein". Die Filmaufnahmen aus diesem Betrieb haben die �ffentlichkeit in der Schweiz, Deutschland und �sterreich sehr bewegt. Ein Kommentator eines deutschen Fernsehsenders bemerkte zu Aufnahmen des strahlenden F�rsten und seines Schlosses lakonisch: "Der F�rst lebt etwas grossz�giger als seine Schweine."
Diese f�rstliche Schweinehaltung missachtet praktisch s�mtliche Tierschutzvorschriften des Europ�ischen �bereinkommens zum Schutz der Nutztiere. Dieses �bereinkommen ist aber nur dazu da, der �ffentlichkeit Sand in die Augen zu streuen; Missachtungen k�nnen nicht eingeklagt werden.
Aber nicht nur diese 10 000 Schweine sind gnadenlos der f�rstlichen Allmacht ausgeliefert, auch die f�rstlichen Richter, die mich zu verurteilen haben, wollen sie nicht in die Ungnade des F�rsten fallen. Denn das w�re das Ende der lukrativen und prestigetr�chtigen Richterkarriere. Hans Adam, F�rst und Schweinem�ster, kann Richter, die er nicht mag, einfach absetzen, und er tut das auch, wie in den Zeitungen gelesen werden konnte. Dieses F�rstentum, dieses �berbleibsel aus dem Mittelalter, dient heute offensichtlich nur noch als Steuerinsel, vor allem f�r den F�rsten selbst. Die monarchische Machtstruktur wird zunehmend zum europweiten Gesp�tt:
Am 2. November 1995 titelte die WELTWOCHE: "F�rst Hans Adam II. sorgt in Liechtenstein f�r �rger: Der Staat, das bin ich ganz allein."
Das MAGAZIN von Tages-Anzeiger und Berner-Zeitung Nr 29/1996: " Geheiligt und unverletzlich - Er ist der letzte der europ�ischen Monarchen, der wirklich Macht aus�bt. Seine Durchlaucht Hans Adam II. von und zu Liechtenstein. Er verk�rpert die ideale Verbindung von absolutistischem Gottesgnadentum und einem Spitzenmanager."
Landbote vom 20. M�rz 1996: "Mit seinem absolutistischen Weltbild und eigenwilligen Aussagen sorgt der F�rst von Liechtenstein immer wieder f�r Aufregung... Im Fr�hjahr 1995 setzte er einen kritischen Richter, der die Verfassung anders interpretierte als der F�rst, kurzerhand ab."
WELTWOCHE vom 29. Juni 1995: "Wille und Wut des F�rsten: Ein unbequemer Richter wird in die W�ste geschickt. Absolutismus in Liechtenstein?"
Wie ebenfalls in den Zeitungen stand, bezweifeln Rechtsgutachten deshalb generell die Unabh�ngigkeit der f�rstlichen Richter (Landbote vom 6. Okt 1995). Und unabh�ngig sind seine Richter, die ihre Urteile schon mit den Worten einleiten IM NAMEN SEINER DURCHLAUCHT DES LANDESF�RSTEN, ganz sicher dann nicht mehr, wenn sie wie vorliegend �ber einen Fall zu urteilen haben, an welchem der F�rst ein h�chstpers�nliches Interesse hat.
Ich liege seit Jahren mit dem F�rsten im Streit. In den Zeitungen hat er mir wegen meinen tiersch�tzerischen Kampagnen gegen ihn "Nazi-Methoden" vorgeworfen, worauf ich ihn wegen Ehrverletzung eingeklagt habe. Das Gerichtsverfahren wurde von den Schweizer Beh�rden aus gutnachbarlicher Solidarit�t heraus blockiert und ist zur Zeit vor dem Europ�ischen Gerichtshof f�r Menschenrechte h�ngig.
Nun hat also ein Gericht �ber mich zu befinden, das v�llig von der Gnade meines Gegners abh�ngig ist, und die angeblichen Delikte, die mir zu Last gelegt werden, betreffen ganz direkt ihn pers�nlich. Im Zentrum aller dieser kleinen Delikte, welche die f�rstliche Justiz gegen mich konstruiert hat, stehen Plakate, welche Bilder aus dem f�rstlichen Tier-KZ zeigen, sowie ein Flugblatt, das anl�sslich der Hochzeit von Prinz Alois in der Vaduzer Pfarrkirche h�tte in der Strassen von Vaduz verteilt werden sollen. Unter anderem h�tte es mittels einer funk-ferngesteurten Flugblatt-Abwurf-Vorrichtung vom Glockenturm der Pfarrkirche auf den Festplatz vor der Kirche verstreut werden sollen, als geistreiche Erg�nzung der Festlichkeiten. Das Flugblatt hatte folgenden Inhalt:
Wir w�nschen dem jungen Brautpaar ein gl�ckliches und friedliches Leben, auch der ganzen f�rstlichen Familie sowie allen Menschen und allen anderen f�hlenden Lebewesen auf dieser Welt. Was uns verbindet, ist die F�higkeit, Freud und Leid zu empfinden. Das hat der Mensch mit dem Intelligenten, sensiblen Schwein und allen empfindsamen Wesen gemeinsam.
Bei aller Freude �ber die heutige Hochzeit sollten wir nicht die st�ndige Tief-Zeit der Schweine in den fensterlosen f�rstlichen Folterkammern vergessen. Wir klagen seine Durchlaucht, F�rst Hans Adam II, der groben, fortgesetzten Tierqu�lerei an, nicht juristisch sondern ethisch/moralisch. Die Stiftung F�rst Liechtenstein besitzt und betreibt eine riesige Tierfabrik, in welcher tausende empfindsamer, intelligenter, sozialer Wesen gezwungen werden, unter brutalen, KZ-�hnlichen Bedingungen dahin zu vegetieren: Eingesperrt in gerade k�rpergrosse K�fige (sog Kastenst�nde oder eiserne Jungfrauen) in Geb�uden ohne Fenster, in ihrem eigenen Kot liegend, auf nackten, geschlitzten Beton- und Blechb�den, k�nnen sie ihre angeborenen Bed�rfnisse in keiner Weise befriedigen, dh sie leiden extrem. Der einzige Grund f�r dieses Drama ist das liebe Geld. Das ist ethisch unakzeptabel und eines verm�genden, zivilisierten F�rsten unw�rdig. Echter Adel zeigt sich vor allem in einer noblen Gesinnung, als Vorbild des Mitgef�hls und der Verantwortung. Respekt gegen�ber der gesamten Sch�pfung ist ein dringliches Gebot der Stunde. Wir machen den F�rsten nicht verantwortlich f�r die globalen Fehlentwicklungen im Umgang mit unserer Mitwelt, aber wir fordern ihn als Mensch und als F�rst auf, zu dieser groben Vergewaltigung f�hlender Wesen Stellung zu beziehen.
Das also stand auf diesem Flugblatt. Nichts Unzul�ssiges, nichts Illegales, welches es erlaubt h�tte, dieses Flugblatt zu verbieten. Da ist die f�rstliche Justiz von des F�rsten Gnaden auf einen anderen Trick gekommen und hat mich angeklagt, den Import nach Liechtenstein und die Verteilung dieses Flugblattes angeordnet zu haben - und darauf fehle der Name des Druckers.
Ein altes Staatsschutz-Gesetz, das im Zweiten Weltkrieg gegen die Nazi-Propaganda geschaffen, aber nie angewendet worden ist, verlangt, dass auf Flugbl�ttern nicht nur der Verfasser und Herausgeber, sondern auch noch der Drucker angegeben werden muss. Dieses verstaubte Gesetz hat die f�rstliche Justiz extra f�r mich ausgegraben: Wie praktisch, wer h�tte das gedacht, da gibt es also doch eine strafrechtliche Handhabe gegen diesen unbequemen Tiersch�tzer, der es wagt, Durchlaucht �ffentlich zu kritisieren.
Nun darf man aber nicht denken, das Flugblatt sei anonym verteilt worden: gross und deutlich stand darauf, dass es vom VgT herausgegeben worden ist. Wer f�r dessen Inhalt und die Verteilung verantwortlich war, war darauf deutlich zu lesen. Nur eben der Name des Druckers war nicht angegeben - eine belanglose Bedeutungslosigkeit, welche die f�rstliche Justiz absolut nicht interessiert h�tte, w�re es nicht darum gegangen, dem F�rsten zu beweisen, dass alles Erdenkliche unternommen werde, diesen unbequemen Tiersch�tzer zum Schweigen zu bringen.
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Am Anfang der Auseinandersetzung um die f�rstliche Schweinerei stand ein h�flicher Brief des VgT, worin der F�rst gebeten wurde, in seiner Schweinefabrik tiergerechte Verh�ltnisse zu schaffen. Erst nach der arrogant-abweisenden Antwort ging es dann los mit Protestaktionen, welche ein Medienecho bis hinauf nach Holland ausl�sten. Unter dem Druck der �ffentlichen Meinung verkaufte der F�rst schliesslich die Schweinefabrik- allerdings nur auf dem Papier, denn der mitten in seinem riesigen Landbesitz "Hof Liechtenstein" liegende Schweinezuchtbetrieb ist weiterhin total von der f�rstlichen Infrastruktur abh�ngig (insbesondere zur G�lle-Entsorgung). Aber auch finanziell geh�rt der Betrieb faktisch weiterhin dem F�rsten: das Kapital der GmbH, welche diesen riesigen Betrieb mit 10 000 Schweinen gekauft hat, betr�gt nur gerade 72 000 Fr! Es ist damit offensichtlich, dass sich der F�rst mit diesem Scheinverkauf auf billigste Weise der �ffentlichen Kritik entziehen wollte.
Um neue Publizit�t zu diesem peinlichen Thema zu vermeiden, ist das vorliegende Gerichtsverfahren in menschenrechtswidriger Weise massiv verschleppt worden. Die angeblichen Delikte liegen bereits f�nf Jahre zur�ck. Der vorinstanzliche Richter stellte mir sein Urteil jahrelang nicht zu. Erst nach zweimaliger Beschwerde erhielt ich schliesslich das schriftliche Urteil und konnte dagegen Berufung einlegen. Gem�ss Praxis des Europ�ischen Gerichtshofes f�r Menschenrechte wiegen Verz�gerungen in der Urteilsausfertigung besonders schwer.
Sollte das Obergericht dieses Trauerspiel nicht mit einem Freispruch beenden, werde ich meine Verurteilung vor den Europ�ischen Gerichtshof in Strassburg weiterziehen wegen menschenrechtswidriger Verschleppung, unfairem Verfahren in mehreren Punkten und wegen Verletzung des Grundrechtes auf ein unabh�ngiges Gericht.
In der Berufungsschrift habe ich ausgef�hrt, warum alle Anschuldigungen haltlos sind. Die f�rstliche Justiz f�hlt sich offensichtlich dem F�rsten verpflichtet, mich mit Willk�rjustiz zu verfolgen, wenn das auf korrektem Weg nicht m�glich ist.
Es ist nicht n�tig hier zu wiederholen, was ich schon in der Berufungsschrift gegen die einzelnen Anschuldigungen angef�hrt habe: Das Gericht hat diese Berufungsschrift bei den Akten und vielleicht sogar gelesen, die �ffentlichkeit kann die Schrift weltweit im Internet ansehen zusammen mit der ganzen Vorgeschichte, und zudem werde ich bald auch noch alle Briefk�sten im F�rstentum mit einem Bericht �ber diesen menschenrechtswidrig-mittelalterlichen Prozess vor der F�rstlichen Gerichtsbarkeit informieren. Die Vorgeschichte ist n�mlich recht interessant, zeigt sich doch wie ein roter Faden im Verhalten von Regierung und Justiz die Willk�r zugunsten des durchlauchten F�rsten:
Die Anklage st�tzt sich auf einen Zeugen, welcher erwiesenermassen Unwahrheiten verbreitet. Einer Kronzeugen der Anklage, Wachtmann Franz Meier, der vor der Prinzenhochzeit die Pfarrkirche zu bewachen hatte, hat im Sensationsblatt BLICK behauptet, es sei ein Stinkbomben-Anschlag in der Kirche geplant gewesen. Aus den Akten geht indessen eindeutig und unbestritten hervor, dass lediglich der Abwurf von Flugbl�ttern auf die Strasse geplant gewesen war - keine St�rung des Gottesdienstes, kein Stinkbombenterror. Vom Glockenturm herab kann gar nichts in die Kirche geworfen werden und die Abwurfvorrichtung war offensichtlich f�r Flugbl�tter konstruiert. Dies ist in einem Bericht des kriminaltechnischen Dienstes der Landespolizei einwandfrei festgestellt. Eine Verleumdungsklage gegen Wachtmann Frei hat die f�rstliche Justiz - nicht mehr �berraschend - abgew�rgt. So werden in diesem F�rstentum verlogene Kronzeugen eines politischen Willk�rprozesses von der Justiz gedeckt.
Auf dieses L�gen-Duo - der zweite Wachtmann hat die �ffentlichen Verleumdungen durch seinen Kollegen zumindest mit Schweigen gedeckt - st�tzt sich die Anklage, die behauptet, ich sei gesehen worden, wie ich mich an einer Kirchent�r zu schaffen gemacht habe. Die Gegen�berstellung, an welcher ich von den zwei Wachtm�nnern angeblich identifiziert worden bin, fand in suggestiver Weise gegen grundlegende Ermittlungsregeln statt: Die Zeugen mussten mich nicht aus einer Gruppe von M�nnern heraus identifizieren, statt dessen wurde ich allein als Verd�chtigter vorgestellt, so dass die Zeugen nur noch brav und willf�hrig zu nicken hatten. Meine Damen und Herren, solche Untersuchungsmethoden passen zu dieser mittelalterlich-f�rstlichen Justiz, aber nicht mehr in das 20. Jahrhundert, wo europ�ische Menschenrechte vor Hexenprozessen sch�tzen. Ich finde es ganz gut, dass sich in diesem Fall einmal der Europ�ische Gerichtshof f�r Menschenrechte mit diesem anachronistischen Kleinstaat zu befassen haben wird.
Die in die Kirche eindringenden Tiersch�tzer wurden von einer Alarmanlage entdeckt und mussten vor zwei anr�ckenden Wachtm�nnern - den beiden Zeugen der Anklage - fliehen. Gefasst wurde eine andere Gruppe, welcher ich angeh�rte und die sich zur Vorbereitung anderer Flugblattaktionen in der N�he aufhielt. Ein Spezialist der eindringenden Gruppe hatte das Sicherheitsschloss mit einer kleinen Bohrung ge�ffnet. Diese Bohrung ist hinter dem Schliessblech nicht sichtbar, beeintr�chtigt die Funktionsf�higkeit des Schlosses nicht und kann mit 10 Rappen Kitt verschlossen werden. Deshalb haben die Eigent�mer der Kirche keinen Schadenersatz geltend gemacht. Das hindert die f�rstliche Anklage indessen nicht, die Tat als "schwere Sachbesch�digung" zu qualifizieren (F�rstliches Landgericht, 2.7.1993).
In dieser Nacht wurde ich zwei Stunden sp�ter in Vaduz zusammen mit zwei weiteren VgT-Mitgliedern verhaftet, als ich ein Bauger�st erkundete, von dem vielleicht Flugbl�tter h�tten abgeworfen werden k�nnen. Im Vaduzer Gef�ngnis musste ich mich nackt ausziehen und kam dann in Isolationshaft. Telefonieren verboten. F�r meine ge�ngstigte Familie war ich tagelang spurlos verschollen.
Die Rechtfertigung zu solchen, die Legalit�t leicht �berschreitenden Aktionen, leitet der VgT von der Tatsache ab, dass die liechtensteinischen Beh�rden das legale Verbreiten von Flugbl�ttern in Briefk�sten rechtswidrig verhindern. Diese T�ter in Regierung und Polizei werden nicht verfolgt, hingegen wir Tiersch�tzer mit grossem Aufwand.
Die f�rstliche Landesregierung hat speziell gegen den VgT eine Verf�gung erlassen, welche es der Post verbietet, f�rstenkritische Drucksachen auszutragen. Diese Verf�gung wurde erlassen, nachdem der VgT zweimal Flugbl�tter im ganzen F�rstentum in die Briefk�sten verteilen liess. Die dritte Aktion wurde dann unter Missachtung der Meinungs�usserungs- und Pressefreiheit gestoppt. Als Vorwand wurde vorgeschoben, es fehle die Angabe des Druckers. Auch deswegen stehe ich heute vor Gericht. Dass dies lediglich ein Vorwand f�r die in Wirklichkeit politischen Repressionen ist, zeigt sich eindeutig daran, dass sich die f�rstliche Regierung geweigert hat, uns die beschlagnahmten Flugbl�tter zur Behebung des formellen Mangels zur�ckzugeben.
Nachdem die Regierung der Post das Verteilen von VgT-Flugbl�ttern verboten hatte, verteilten am 12. Juni 1993 Aktivisten des VgT in Liechtenstein Flugbl�tter in die Briefk�sten. Damit wurde zu einem Dia-Vortrag �ber die Zust�nde in der Schweinefabrik der "Stiftung F�rst Liechtenstein" eingeladen. Die Einsatzzentrale der Landespolizei setzte einen Streifenwagen ein, um die VgT-Aktivisten zu zwingen, das Land unverz�glich zu verlassen. Der Streifenwagen eskotierte die Aktivisten bis an die Grenze. Abkl�rungen durch ein Anwaltsb�ro best�tigten, dass f�r diesen Polizeieinsatz die rechtliche Grundlage fehlte. Der VgT reichte deshalb gegen die Landespolizei Strafklage wegen Amtsmissbrauch ein. Am 3.12.93 lehnte die F�rstliche Staatsanwaltschaft diese Klage ohne Begr�ndung ab, worauf der VgT den Fall an das F�rstlich Liechtensteinische Obergericht weiterzog. Dieses beschloss am 20. Januar 94, der Klage aus formellen Gr�nden keine Folge zu geben: der VgT sei von dieser Amtshandlung gegen seine Mitglieder nicht selbst betroffen und deshalb nicht klageberechtigt. Es sei "daher nicht zu pr�fen, ob die in der Anzeige behauptete Verf�gung der Landespolizei rechtlich zul�ssig war oder nicht".
Das ist einmal mehr gehorsame f�rstliche Justizwillk�r zugunsten des F�rsten, denn selbstverst�ndlich ist der VgT direkt betroffen, wenn seine Organe daran gehindert werden, Flugbl�tter zu verteilen. Liechtenstein ist in diesem Fall nur deshalb einer Verurteilung durch den Europ�ischen Gerichtshof f�r Menschenrechte entgangen, weil ich damals noch nicht wusste, dass solche Menschenrechtsverletzungen in Strassburg eingeklagt werden k�nnen.
Weil der VgT von den liechtensteinischen Beh�rden immer wieder in menschenrechtswidriger Weise am legalen Verbreiten von Informationen gehindert wurde, f�hrten mehrere Aktivisten-Gruppen in der Nacht vom 15. auf den 16. Januar 1993 eine Plakat-Aktion durch: in Schaan und Vaduz wurden grosse Farbbilder aus dem f�rstlichen Schweine-KZ und ein Plakat mit folgendem Text angeschlagen:
"F�rstliches Tier-KZ. Es gen�gt nicht, dass F�rst Adam II. erkl�rt, er sei kein Schweinem�ster." (Mit dieser Kurzantwort hatte er einen Journalisten abgeputzt!) "In seinem Namen m�ssen tausende von intelligenten, empfindsamen Lebewesen in grausamen Gef�ngnissen dahinvegetieren - ohne vern�nftige Notwendigkeit, nur damit sich gewisse Menschen noch billiger an zuviel Fleisch krank-fressen k�nnen."
Zwei dieser Aktivisten-Gruppen wurden von der Polizei gefasst, in Handschellen abgef�hrt und f�r den Rest der Nacht inhaftiert. Das Aufsuchen der Toilette wurde nicht erlaubt; stattdessen wurde ein Plastiksack in die Zelle gereicht. Gegen�ber der Presse bestritt dann der f�rstliche Polizeikommandant diese Verhaftung und behauptete, es sei lediglich eine Feststellung der Personalien durchgef�hrt worden.
Die Anklage wirft mir vor, diese Aktion geplant und vorbereitet zu haben. Der einzige Grund f�r diese Anschuldigung: Ich sei Pr�sident des VgT. Dass dies f�r eine rechtsstaatliche Anklage nicht ausreicht, ist offensichtlich. Dazu kommt, wie ich in der Berufungsschrift ausgef�hrt habe, dass ich zu dieser Zeit nachweislich gar nicht Pr�sident des VgT war.
Zu dieser staatlichen Willk�r zugunsten des F�rsten kommt noch die wirtschaftliche Macht des F�rsten, denn auch diese ist in Liechtenstein allgegenw�rtig. Liechtensteinische Anw�lte wagten es nicht, das Mandat f�r dieses Verfahren anzunehmen. Die beiden liechtensteinischen Tageszeitungen lehnten ein Inserat ab, in dem zu einem Dia-Vortrag �ber die f�rstliche Schweinehaltung eingeladen werden sollte. Das Hotel "Deutscher Rhein" in Bendern k�ndigte uns den reservierten Saal mit der Begr�ndung: "Nachdem wir erfahren haben, um welches Thema sich Ihr Vortrag handelt, sind wir leider gezwungen, Ihre Reservation zu stornieren."
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Schliesslich bin ich auch noch angeklagt, ohne Bewilligung Werbung mit lebenden Tieren gemacht zu haben, weil wir an einem Tierschutzstand in Vaduz zwei lebende Schweinchen hatten. Diese Konstruktion eines angeblichen Deliktes ist charakteristisch f�r das ganze politische Verfahren gegen mich:
Wir haben keine Werbung mit lebenden Tieren betrieben. An der fraglichen Standaktion in Vaduz waren zwei Schweinchen mit dabei, um den Stadtmenschen Gelegenheit zu geben, diese netten, intelligenten Tiere kennenzulernen und zu streicheln. Was das mit Werbung zu tun haben soll, ist im Urteil mit keinem Wort erkl�rt. Der VgT hat in Vaduz keine "Werbeveranstaltung" durchgef�hrt, wie die Vorinstanz mit gewohnter, sich durch das ganze Urteil hindurchziehender Willk�r behauptet, sondern einen Informationsstand betrieben. Der VgT wirbt n�mlich f�r gar nichts, er ist keine kommerzielle Organisation, sondern eine gemeinn�tzige, nicht profitorientierte Vereinigung zum Schutz der Tiere und der Konsumenten. Wenn das Gericht nun einfach behaupten sollte, der VgT werbe f�r eine Idee, zB f�r die Idee, mit den Tieren gut umzugehen, dann ist dem zu entgegnen, dass der Tierschutz keine "Idee" ist, sondern Ausdruck eines anst�ndigen menschlichen Charakters. Und ein anst�ndiger Charakter kann durch Aufkl�rung und Information, niemals aber mit Werbung erreicht werden. Das F�rstliche Gericht kann nat�rlich W�rter und Begriffe so lange verbiegen, bis der gew�nschte Tatbestand erf�llt scheint. Dem sagt man dann eben Rechtsbeugung, und das ist das Merkmal dieses ganzen Verfahrens, von A bis Z.
Und wenn das Recht aus politischen Gr�nden gebeugt werden muss, dann n�tzen keine sachlichen Argumente, heute nicht wie damals bei den Hexenprozessen nicht. Wenn nicht f�r das abh�ngige, befangene Gericht, dann wenigstens f�r die Geschichtsschreibung und die Medien halte ich hier fest, was zB im "Meyers Enzyklop�dischen Lexikon in 25 B�nden", herausgegeben vom renommierten Bibliografischen Institut Mannheim, das auch den Duden herausgibt, �ber "Werbung" steht:
"Werbung, wichtiges absatzpolitisches Instrument; es umfasst alle Massnahmen der Herstellung, Anwendung und Verbreitung von Werbemitteln, die dazu dienen sollen, einzelne Personen oder ganze Konsumentengruppen zu beeinflussen und zum Kauf von G�tern bzw Dienstleistungen anzuregen."
Bez�glich "Werbung f�r politische Zwecke" verweist das Lexikon auf das Stichwort "Propaganda".
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Wenn es nach der F�rstlichen Gerichtsbarkeit ginge, m�ssten Rechtsb�cher und Lexika neu geschrieben werden, nur damit eine dem F�rsten genehme Verurteilung stattfinden kann.
Heute gibt es keine Scheiterhaufen mehr. Das ist ein Kulturfortschritt, das gebe ich zu. Noch keinen Kulturfortschritt gibt es gegen�ber den Tieren. Heute sind sie die Opfer bestialischer Unmenschlichkeit, gedeckt von einer korrupten, obrigkeitsh�rigen Justiz. Ich empfinde es eine Ehre, als Widerstandsk�mpfer in einem solchen Unrechtsstaat verurteilt zu werden.-
Am 5. August 1998 f�llte das Liechtensteinische Obergericht sein Urteil im Berufungsverfahren: Freispruch auf der ganzen Linie!
Erwin Kessler hat sich anschliessend f�r die offenbar allzu pauschalen Angriffe gegen die liechtensteinische Justiz entschuldigt. Er zeigte sich gegen�ber den zahlreich zur Gerichtsverhandlung erschienenen Journalisten �berzeugt, dass der �berraschende Freispruch dem angek�ndigten Weiterzug vor den Europ�ischen Gerichtshof f�r Menschenrechte zu verdanken ist, was das Obergericht mit dem Freispruch offenbar abwenden wollte.
Beitr�ge in den VN zur Auseinandersetzung um das f�rstliche Tier-KZ:
VN96-3:
Darf ein F�rst gerichtlich nicht belangt werden? (aus der Neuen Voralberger Zeitung vom
8.11.95
Bilder aus dem f�rstlichen Tier-KZ
VN95-3:
Von der Liechtensteiner Woche nicht ver�ffentlichte Richtigstellung:
Plastic-Beutel statt WC
F�rst hat Schweine-KZ verkauft
Aus dem Liechtensteiner Volksblatt vom 12.1.95: Militantes aus Liechtenstein
Neue Ehrverletzungsklage gegen F�rst Hans Adam
VN95-1:
VgT-Protest gegen f�rstliches Schweine-KZ
Weitere Beitr�ge zum Thema in den VN:
VN93-1, VN93-2, VN93-3, VN93-4,
VN94-4, VN94-7, VN94-9, VN94-10, VN94-11, VN94-12
*** [Newsverzeichnis] ***
(c) Verein
gegen Tierfabriken Schweiz, Ver�ffentlichung nur mit Quellenangabe und Zusendung
eines entsprechenden Exemplares
Diese Seite wurde erstellt am 14. Juli 1998, Mail an den Webmaster
URL: http.//www.vgt.ch/news/980714.htm